Todesstoß / Thriller
Männer an. Er ist beängstigend überzeugend, und hat, wie ich glaube, einen Heidenspaß dabei.«
Jacks Lippen zuckten. »Schade. Das hätte ich gern gesehen.«
Die Anspannung zwischen ihnen ließ ein wenig nach. »Wenn Girard unser Bursche ist, dann wird die Überwachung heute Nacht vielleicht etwas bringen. Morgen fragen wir ihn nach seinen Alibis für die Zeit, in der die Avatare verändert worden sind.«
»Aber selbst wenn er zu Hause oder auf der Arbeit oder anderswo gewesen ist, wo andere sein Alibi bestätigen können, heißt das nicht, dass er in dieser Zeit nicht online war. Er hätte vorgeben können, seine E-Mails abzurufen oder etwas recherchieren zu müssen. Oder er nimmt seinen Laptop mit, wenn er zur Toilette geht. Wenn er W-Lan hat, dann muss er doch nicht einmal am Schreibtisch sitzen.«
»Aber wenn er uns kein Alibi vorweisen kann, kriegen wir einen Durchsuchungsbeschluss für seinen Computer und können seine Online-Aktivitäten nachverfolgen.«
Jack nickte. »Na gut. Und wenn er brauchbare Alibis hat, müssen wir etwas anderes finden, das ihn mit dem Tatort oder den Verbrechen überhaupt in Verbindung bringt.«
Den Laptop mit auf die Toilette nehmen. Jeremy Lyons.
Noah schloss die Augen. Sein müdes Hirn schaltete nur verzögert. Im Jagdfieber, Girard aufzuspüren und festzusetzen, hatten sie die eindeutigste Verbindung aus den Augen verloren. »Wie zum Beispiel Eves Liste. Girard muss irgendwie Zugang dazu gehabt haben. Falls nicht, müssen wir uns die anderen Leute ansehen. Zum Beispiel Jeremy Lyons, der Sekretär von Eves Berater. Einer, der die ärgsten Ängste der Frauen kennt.«
»Weißt du, ob die Überprüfung der Leute etwas ergeben hat?«
»Auf meinem Tisch lag eben noch nichts. Ich schau morgen nach. Jetzt muss ich, glaube ich, vor allem schlafen.«
»Soll ich dich fahren?«, fragte Jack. So milde war sein Tonfall den ganzen Tag lang nicht gewesen.
»Nein, schon gut. Aber danke.«
»Dann fahre ich auch nach Hause.« Jack öffnete die Tür und zögerte. »Danke für den Kaffee.«
Noah nickte, aber nichts geschah. Jack bewegte sich nicht. »Jack? Geh nach Hause. Katie wartet bestimmt schon.«
Jack verzog den Mund, und als er sprach, klang er verbittert. »Na, klar, falls ich Glück haben. Sie ist doch nur mit mir zusammen, weil ich auf dem Cover dieser verdammten Zeitschrift bin. Und jeder weiß es.« Er wandte den Kopf und sah Noah in die Augen. »Du eingeschlossen.«
Das entsprach der Wahrheit. Katie war einen Tag nach Erscheinen der Zeitschrift an Jacks Arm aufgetaucht. Sie war eine weitere in einer langen Reihe an Kurzzeit-Beziehungen, die Jack in den vergangenen Jahren gehabt hatte. Noah fiel wieder ein, wie Eve ihn beschrieben hatte. Sie hielt ihn für einsam. »Was soll ich dazu sagen?«
»Ich werde mich bei Eve entschuldigen. Aber wie ich es bei dir wieder gutmachen soll, weiß ich einfach nicht.«
Noah sah weg, denn plötzlich stürmten zu viele Gefühle auf ihn ein. »Wir sind schon ein tolles Gespann, Jack. Wir beide kehren in leere Betten zurück, nur in deinem liegt wenigstens ein warmer Körper.«
Jack stieg aus Noahs Wagen. »Und nach diesem aufbauenden Schlusswort mache ich mich jetzt auf den Weg.«
Noah fuhr vom Parkplatz, als sein Handy vibrierte. »Webster.«
»Micki hier, hallo. Ich habe gerade deine Nachricht auf der Mailbox gehört – es ging um Eves Schlüssel. Wir haben am Tatort nichts gefunden und das Gebiet weiträumig mit einem Metalldetektor abgesucht. Sie waren nicht da.«
»Danke, Mick. Nett, dass du nachgesehen hast.« Er legte auf. Das war nicht gut. Irgendwo müssten Eves Schlüssel sein. Jemand hatte sie an sich genommen. Was bedeutete, dass jemand freien Zugang zu Eves Wohnung hatte. Und zu ihr. Er schauderte. Plötzlich war ihm kalt.
Abrupt machte er eine Kehrtwende. Wenigstens dagegen konnte er etwas unternehmen.
Dienstag, 23. Februar, 22.15 Uhr
»Hier, für dich.« Er brachte der Frau in seinem Bett eine Tasse Tee. Es war eine schöne Angewohnheit. Die Frau mochte den Tee, und in den Nächten, die er ausging, gab er ein kleines Extra in das Gebräu, damit sie fest schlief. So konnte er kommen und gehen, ohne dass sie etwas bemerkte. Und wenn sie schließlich wieder aufwachte, lag er friedlich neben ihr. Falls jemals etwas schiefgehen sollte, hatte er immer ein Alibi. Es lag Anmut in der Schlichtheit dieses Gedankens.
»Danke.« Sie nahm die Tasse und beobachtete finster, wie die Katze von ihrem Bett sprang und um seine
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