Todesstoß / Thriller
das Gesicht. »Und eine Schlange ist im Spiel.«
Noah nahm den Deckel vom Kaffeebecher und rührte seine vier Päckchen Zucker hinein. »Stimmt, die dürfen wir nicht vergessen. Wozu bringt er die Schlange mit?«
»Vielleicht ist er einfach nur ein krankes Schwein. Du brauchst den Zucker nicht. Der Kaffee ist gut.«
Zucker war zu seinem Laster geworden, als er den Alkohol aufgegeben hatte. »Dumme Angewohnheit. Okay, wir wissen, dass er ein krankes Schwein ist. Er hat drei Frauen getötet. Trotzdem – wozu die Schlange?«
»Vielleicht kann Ian uns mehr dazu sagen, wenn er mit der Autopsie fertig ist.«
Noah stand auf. »Er wollte es noch gestern Abend machen. Komm, fragen wir nach.«
Dienstag, 23. Februar, 6.45 Uhr
Liza kochte sich das letzte Ei, das noch im Kühlschrank gelegen hatte. Ihre Schwester und sie hatten nie viel Geld für Essen ausgeben können, aber Liza wollte nicht an die Reserven gehen, bevor Lindsay zurückgekehrt war.
Falls
sie jemals zurückkehrte. Die Polizei suchte nicht nach ihr. Niemand suchte nach ihr.
Außer mir.
Sie schloss die Augen. Sie war so müde. Vergangene Nacht war sie meilenweit gelaufen, hatte jedoch keine einzige Spur gefunden.
Sie ist tot.
Eine Woge der Trauer überspülte sie.
Nein, gib nicht auf.
Falls Lindsay verletzt in irgendeiner Gasse lag, wäre sie inzwischen erfroren.
Gib nicht auf.
Sie hob das Kinn. Heute musste sie eine Englischarbeit schreiben. Wenn Lindsay doch zurückkehrte, würde sie Liza in den Hintern treten, falls sie die Arbeit vermasselte und sich die Chance auf ein Stipendium verbaute.
Sie ging in ihr Zimmer und machte sich für die Schule fertig.
Dienstag, 23. Februar, 7.25 Uhr
Ian tippte gerade seinen Bericht, als Noah und Jack sein Büro betraten. »Ich wollte die Unterlagen zum Acht-Uhr-Treffen mitbringen«, sagte Ian. »Ihr hättet nicht herunterkommen müssen.«
»Wir kommen mit der Schlange nicht weiter«, sagte Noah. »Wir haben keine Ahnung, warum er das Tier eingesetzt hat, und da hofften wir, du hättest vielleicht etwas gefunden, das uns weiterbringt.«
»Weil er ein krankes Schwein ist?«, fragte Ian säuerlich.
»Mein Reden«, murmelte Jack.
»Ich hatte auf eine wissenschaftlichere Erklärung gehofft«, sagte Noah. »Was gefunden, Ian?«
»Jede Menge.« Er zog das Tuch von Christys Leiche. »Wie Martha Brisbane hat sie eine Einstichwunde im Hals und Reste von Ketamin im Blut. Anders als Martha Brisbane war Christy an den Knöcheln gefesselt gewesen. Schürfwunden vorne, Druckstellen hinten.«
»Sie wurde an einen Stuhl gefesselt«, schloss Noah.
»Das denke ich auch. Außerdem habe ich eine Schwellung an den Ellenbogen entdeckt.« Ian sah auf. Sein Blick war müde. »So etwas tritt auf, wenn die Arme eine lange Zeit vor dem Körper gekreuzt sind.« Er demonstrierte ihnen die Haltung. »Ich finde allerdings keine Hinweise auf Fesseln.«
»Eine Zwangsjacke?«, fragte Jack.
»Würde passen«, bestätigte Ian. »Sie hinterlässt praktisch keine Male. Hämatome am Rücken des Opfers, die Höhe stimmt mit den Lehnen ihrer Esstischstühle überein. Ich nehme an, sie hat versucht, auszuweichen.«
»Der Schlange«, sagte Jack mit Grauen in der Stimme.
Noah verzog unwillkürlich das Gesicht. »Er hat sie an einen Stuhl gefesselt und eine Klapperschlange auf sie losgelassen?«
Jack war fahl geworden. »Wenn sie sich gewehrt hat, war sie nicht sediert. Wozu hat er das Ketamin eingesetzt?«
»Gute Frage. Vielleicht hat er sie vorher betäubt, um ihr die Zwangsjacke anzuziehen«, sagte Ian. »Offizielle Todesursache ist auch hier wieder Strangulation.«
»Er hat ihr Angst machen wollen«, murmelte Noah. »Warum? Außer weil er ein krankes Schwein ist?«
»Manchmal gibt es einfach keinen anderen Grund«, sagte Jack.
Noah seufzte. »Wohl wahr. Aber warum ausgerechnet eine Schlange? Woher konnte er wissen, dass sie sich vor Schlangen fürchtete?«
»Die meisten Menschen fürchten sich vor Schlangen«, sagte Jack tonlos. »Diese Phobie ist weit verbreitet.«
»Ja, wahrscheinlich. Aber ich glaube trotzdem, dass mehr dahintersteckt. Noch etwas, Ian?«
Ian zuckte mit den Schultern. »Sie hat ein paar Stunden vor ihrem Tod Waffeln gegessen. Mit Ahornsirup.«
»Und wann ist der Tod eingetreten?«, fragte Noah.
»Irgendwann zwischen fünf und sechs gestern Morgen.«
Noah rechnete nach. »Sie hat also noch um drei oder vier Uhr morgens diese Mahlzeit zu sich genommen. Entweder hat sie sie bei sich zu Hause gemacht oder war noch
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