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Todestanz

Todestanz

Titel: Todestanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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Kamera und Aufnahmegerät wanderten in ihren Lederrucksack.
    Â 
    Draußen war es kalt und noch zu früh, um sich mit Rita Mkhize zu treffen. Ein früher Silberstreif hing über den fernen Hottentots Holland Mountains, während Clare durch die Stadt und dann die Buitenkant Street aufwärts zu den Klippen am Fuß des Devil’s Peak fuhr. Die Gorge Road war schmal und fiel steil zur Stadt hin ab. Vor einem Jahrhundert war sie ein gewundener Fußweg gewesen, und davor ein Wildwechsel, auf dem die Tiere hintereinander vor den scharfäugigen Jägern geflohen waren. Um sechs Uhr dreißig war sie völlig leer. Bis auf die Glasscherben aus den eingeschlagenen Autoscheiben. Das Kapstadt-Konfetti. Das Altenheim gegenüber der Schule lag in tiefem Schlaf und wartete auf die Morgenschicht, die den Tag einläuten würde – abgesehen von einem einzelnen Licht ganz oben, fünf Wohnungen weiter. Und in der Holzhütte nebenan saß ein Nachtwächter über ein krächzendes Radio gebeugt.
    Wenn Yasmin zu Fuß weggegangen war, dann bestimmt mit jemandem, den sie kannte. Es war praktisch unmöglich, eine Sechsjährige unbemerkt eine so lange Straße entlangzuschleifen. Clare trat an den überwachsenen Eingang zur Ballettschule. Direkt daneben gab es eine Aushöhlung im Blätterwerk, wo man vor dem Wind geschützt war. Als Clare hineinkroch, sah sie einen grellrosa Wollfaden in den Zweigen hängen. Sie zog ihn von dem Bougainvillea-Dorn. Von Yasmins Ballettjacke? Offenbar hatte das Kind in der anbrechenden Dunkelheit hier gewartet. Clare fotografierte jeden Winkel und malte sich einen Mann in einem Wagen aus, der versteckt zwischen den Nadelbäumen wartete.

    Ein Stalker hätte genau dort gewartet, außer Sicht hinter dem Gebüsch, und seiner Beute aufgelauert: Yasmins Verletzlichkeit bemerkt, ihre Entführung präzise geplant – und dann durchgeführt. Oder falls es Zufall gewesen war, falls Yasmin nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war, hätte der Entführer die Gelegenheit ergriffen, die ein einsam wartendes Kind darstellte. So oder so hatte sich der Jäger angespannt vorgebeugt und den Atem angehalten, als das Kind in sein Blickfeld getreten war.
    Ein Auto rollte die Straße herab und auf Clare zu. Ohne sie eines Blickes zu würdigen, rauschte der Fahrer vorbei.
    Sie ging hügelaufwärts, an offenen Mülltonnen vorbei, in denen die Überreste zu vieler einsam verzehrter Mahlzeiten lagen, Folien von Eine-Portion-Mahlzeiten, Schokoladenverpackungen, die traurigen Vergnügungen der Einsamen und der Alten. Drei Männer – mit der schmückenden Aufschrift SOLID WASTE auf den gelben Hemden – kippten den Inhalt der Tonnen auf die Ladefläche eines Lasters. Clare trat an die Fahrertür.
    Â»Ja, Lady?« Er beugte sich aus dem Fenster.
    Â»Fahren Sie immer diese Route?«, fragte Clare.
    Der Fahrer zog genüsslich an seiner Zigarette.
    Â»Freitagabends und samstagmorgens. Warum?«
    Â»Ich suche nach einem Mädchen«, sagte Clare.
    Â»Ich auch.« Der Mund des Mannes verzog sich zu einem dünnen Lächeln. »Sieht so aus, als hätte ich meins gefunden.«
    Â»Nach einer Sechsjährigen.« Clare ließ sich nicht beirren. »Sie wird seit gestern Nachmittag vermisst. Waren Sie gestern auch hier?«
    Â»Wir sind gegen sechs hier langgekommen. Vielleicht halb sieben. Haben bei den Wohnhäusern geleert. Heute sind mos die anderen dran. Die Schule, die alten toppies. Der Stadtrat hat uns outgesourct. Uns zu freien Unternehmern gemacht.
Das heißt, dass wir jetzt sieben Tage die Woche für das gleiche Geld arbeiten, das wir früher für fünf Tage bekommen haben. Wie sieht sie denn aus?«
    Clare zeigte ihm das Bild.
    Â»O Schande. So ein kleines Mädel. Aber ich habe sie nicht gesehen.« Er pfiff auf den Fingern. Eine Sekunde später standen die drei Tonnenleerer um Clare herum. »Fragen Sie die«, sagte er.
    Â»Hat einer von Ihnen gestern dieses Mädchen gesehen?«, fragte Clare. »Als Sie hier vorbeikamen – nach fünf, vor sechs Uhr abends?«
    Die Männer wischten sich die Finger an den Hosenbeinen ab und nahmen nacheinander das Foto in die Hand.
    Â»Nein.« Einer nach dem anderen.
    Â»Ist Ihnen gestern irgendwas Ungewöhnliches aufgefallen?«, fragte sie.
    Â»Was zum Beispiel?« Ein dürrer Mann, der schon wieder

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