Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
Schottland, nicht wahr?«
Sie verfällt in einen schottischen Akzent. »Bloß ein junges Ding aus Edinburgh.«
»Gordon hat mir erzählt, dass Sie seine Sandkastenliebe sind.«
Sie lächelt freundlich. »Das ist eigentlich ziemlich komisch. Er erzählt den Leuten immer, wir wären zusammen auf der Schule gewesen, aber das liegt nur daran, dass er für jünger gehalten werden möchte, als er ist. Er war Lehrer an meiner Schule. Wir haben uns wiedergetroffen, nachdem ich abgegangen war. Ich hab ihn bei einem Rugbyspiel gesehen.«
»Gordon spielt Rugby?«
»O nein, Gott bewahre! Gordon ist kein sportlicher Typ. Er guckt zu.«
»Sie müssen noch sehr jung gewesen sein.«
»Achtzehn.«
Sie lügt.
»Das ist ein ziemlicher Altersunterschied. Was haben Ihre Eltern davon gehalten?«
»Oh, sie lieben Gordon.«
»Das heißt, Billy ist nicht Ihr Sohn?«
»Nein, Gordon war schon einmal verheiratet. Seine Frau hat ihn verlassen… und Billy einfach im Stich gelassen. Gordon kann bis heute nicht begreifen, warum.«
Sie wendet den Blick ab und schaut die Straße hinunter.
»Kannten Sie Ray Hegarty?«
Ihre Miene trübt sich sorgenvoll. »Eigentlich nicht. Ich hab vielleicht ein oder zwei Mal mit ihm gesprochen, wenn ich angerufen habe, um mit Sienna auszumachen, wann sie auf Billy aufpassen soll. Ich weiß nicht, ob ich ihn gemocht hätte, wissen Sie – ist das nicht schrecklich, das zu sagen. Ich meine, jetzt wo er tot ist?«
»Warum hätten Sie ihn nicht gemocht?«
»Er klang wie ein Tyrann. Ein paar von den Dingen, die Sienna über ihn erzählt hat…«
»Sie hat über ihn geredet?«
»Ja.«
»Und was hat sie gesagt?«
Natasha senkt ihre Stimme zu einem Flüstern. »Er war ein Kontrollfreak. Er wollte aussuchen, welche Kleidung sie trägt, wollte verhindern, dass sie ihren Freund trifft. Ich glaube, er hat sie geschlagen …« Sie zögert. »Und vielleicht Schlimmeres. Deswegen habe ich sie oft babysitten lassen. Sie durfte sogar bei uns übernachten. Haben Sie Sienna gesehen? Geht es ihr gut?«
»Sie hält sich tapfer.«
Natasha nickt und streicht sich eine Haarsträhne aus den Augen.
»Wussten Sie, dass Ray Hegarty sich bei der Schule über Ihren Mann beschwert hat?«
Ihre Wangen werden blasser, ihre Gesichtszüge sind angespannt. Einen Moment lang denke ich, dass sie alles abstreiten oder sich ahnungslos geben wird, aber ihr Verstand arbeitet schnell.
»Ich mache mir Vorwürfe«, sagt sie.
»Wieso das?«
»Ich hätte sehen müssen, wie eng Siennas Verhältnis zu Billy wurde … und zu Gordon. Sienna war in meinen Mann verknallt. Als Gordon sie eines Abends nach Hause gefahren hat, hat sie versucht, ihn zu küssen. «
»Das hat Gordon Ihnen erzählt?«
»Das ist passiert«, erwidert sie mit Stahl in der Stimme. »Gordon war sehr aufgebracht. Er hat es ihren Eltern und der Schule gesagt. Danach konnte sie nicht mehr für uns babysitten. Deswegen haben wir jetzt Charlie.«
»Verzeihung?«
»Deswegen ist Charlie jetzt unsere Babysitterin. Sie ist reizend. Billy vergöttert sie. Stimmt irgendwas nicht?«
Ich bringe kein Wort heraus. Die Fotos auf Charlies Facebook-Seite, auf denen sie mit einem kleinen Jungen auf einem Bett liegt. Billy. Ich gehe die Szene im Kopf durch, als würde ich durch die Linse einer Kamera blicken, beobachte meine Tochter und sehe, wie sie reagiert.
Ich starre Natasha an. Manchmal ist mir nicht bewusst, wie Parkinson meine Gesichtszüge zu einer lebendigen Maske erstarren lassen kann. Ihr ist es unbehaglich. Sie rückt ein wenig von mir ab.
»Ihr Mann hat mit Ray Hegarty gestritten.«
Wut blitzt in ihren Augen auf. Ihre Halsschlagader pulsiert, und ihre Finger schließen sich immer wieder nervös um ihre Autoschlüssel.
»Da müssen Sie mit Gordon reden.«
»War er an dem Abend zu Hause?«
»Ja.«
»Sie scheinen sich da sehr sicher.«
»Es war mein Geburtstag. Gordon hat mir Blumen mitgebracht und Abendessen gekocht.« Sie fummelt mit dem Schlüssel herum, schließt die Wagentür auf und lässt beinahe ihre Handtasche fallen.
»Ihr Geburtstag — wie reizend. Und wie viele Kerzen hatte Ihre Geburtstagstorte?«
Sie wendet den Kopf zu mir und sieht mich mit einer kalten Wut an, die etwas in mir in Schutt und Asche legt. Ihre Antwort kommt als ein trockenes Krächzen heraus.
»Lassen Sie meine Familie in Ruhe!«
28
Julianne und Emma kommen um die Ecke. Emma trägt eine Wollmütze mit Ohrenklappen, die man unter dem Kinn zubinden kann.
Sie zerrt am Arm ihrer
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