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Todsünde

Todsünde

Titel: Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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und so sah er auch aus – seine muskelbepackten Schultern waren so breit wie der Kühlschrank, den er gerade inspizierte. »Sag bloß, ihr habt das ganze Tablett schon weggeputzt«, meinte sie ungläubig.
    »Nee, aber diese kleinen Bälger haben mit ihren dreckigen Pfoten alles betatscht. Das ess ich nicht mehr.«
    »Im unteren Fach ist noch Käse und Salami«, sagte Angela. »Und in der Schüssel dort auf der Anrichte sind gegrillte Paprika. Mach doch einfach noch ein Tablett zurecht.«
    Frankie nahm sich eine Dose Bier aus dem Kühlschrank und riss den Verschluss auf. »Kannst du das nicht machen, Ma? Ich will das letzte Viertel nicht verpassen.«
    »Jane, mach ihnen doch noch ein Tablett, sei so gut!«
    »Wieso ich? Er kann sich auch mal ein bisschen nützlich machen«, wandte Jane ein.
    Aber Frankie war bereits verschwunden. Inzwischen saß er wohl schon wieder vor der Glotze und kippte sein Bier in sich hinein.
    Sie ging zur Spüle, um sich das Mehl von den Händen zu waschen. Von der heiteren Gelassenheit, die sie noch vor wenigen Augenblicken empfunden hatte, war nichts mehr zu spüren. Stattdessen kochte die altbekannte Wut in ihr hoch. Sie schnitt einen frischen Laib Mozzarella in Würfel und arrangierte diese zusammen mit hauchdünnen Salamischeiben auf einer Platte. Dann legte sie noch ein paar geröstete Paprikastreifen und ein Häufchen Oliven dazu – ja nicht zu viel, damit die Männer sich nicht den Appetit verdarben.
    Mein Gott, jetzt denke ich schon genau wie meine Mutter. Was kümmert es mich denn, ob sie sich den Appetit verderben oder nicht!
    Sie trug die Vorspeisenplatte ins Wohnzimmer, wo ihr Vater und ihre beiden Brüder mit offenen Mündern auf der Couch hockten und auf die Mattscheibe stierten. Irene kniete unter dem Weihnachtsbaum am Boden und sammelte Kekskrümel auf.
    »Tut mir echt Leid«, sagte Irene. »Dougie hat ihn auf den Boden fallen lassen – ich konnte ihn nicht mehr erwischen ...«
    »He, Janie«, rief Frankie. »Gehst du vielleicht mal zur Seite? Ich kann überhaupt nichts sehen.«
    Sie stellte die Platte mit den Antipasti auf den Couchtisch und räumte die andere ab, die Irenes Kinder mit ihren ungewaschenen Händen angetatscht hatten. »Weißt du«, sagte sie, »es wäre ja wohl nicht zu viel verlangt, wenn ihr Irene mal ein bisschen helfen würdet, auf die Kleinen aufzupassen.«
    Jetzt endlich schien Michael sie wahrzunehmen. Mit glasigen Augen sah er zu ihr auf. »Hä? Ach, ja ...«
    »Janie, du bist nicht durchsichtig!«, meckerte Frankie. »Ich gehe erst aus dem Weg, wenn du danke sagst.«
    »Wofür denn?«
    Sie schnappte ihm die Vorspeisenplatte weg, die sie eben erst hingestellt hatte. »Na ja, da du es ja sowieso gar nicht gemerkt hast.«
    »Okay, okay. Verdammt. Danke, Schwesterherz.«
    » Bitte, Bruderherz.« Sie knallte ihm die Platte wieder hin und ging zurück in die Küche. In der Tür blieb sie kurz stehen und betrachtete die Szene im Wohnzimmer. Unter dem Weihnachtsbaum mit seinen funkelnden Kerzen lagen Berge von Geschenken, wie Opfergaben für den mächtigen Gott des Überflusses. Die drei Männer hockten nebeneinander auf der Couch und stopften sich Salamischeiben in den Mund, während die Zwillinge wie die Irrwische im Zimmer herumtollten. Und die arme Irene kroch derweil auf dem Boden herum und pickte mühlselig die Kekskrümel vom Teppich. Strähnen ihres wunderschönen roten Haares hatten sich aus dem Pferdeschwanz gelöst und hingen ihr ins Gesicht.
    Ohne mich, dachte Rizzoli. Lieber tot als in einem solchen Albtraum gefangen.
    Sie flüchtete sich in die Küche und stellte die Platte ab. Dann blieb sie noch einen Moment lang stehen und atmete tief durch, versuchte das schreckliche Gefühl der Beklemmung abzuschütteln, das sie erfasst hatte. Und zugleich registrierte sie das Völlegefühl in ihrem Bauch, den ungewohnten Druck auf ihre Blase. Ich darf das einfach nicht zulassen, dachte sie. Ich darf nicht so werden wie Irene – erschöpft und entnervt, hin und her gezerrt von schmierigen Kinderhänden.
    »Was hast du denn?«, fragte Angela.
    »Nichts, Mom.«
    »Was ist los? Ich merke doch, dass etwas nicht stimmt.«
    Sie seufzte. »Ach, Frankie geht mir halt ziemlich auf den Sack, weißt du.«
    »Kannst du das nicht etwas netter ausdrücken?«
    »Nein, das ist genau das richtige Wort. Merkst du denn gar nicht, was für ein Arschloch er ist?«
    Angela schöpfte schweigend die letzten Cannoli aus dem Öl und legte sie zum Abtropfen beiseite.
    »Wusstest

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