Todtsteltzers Ehre
Form zu
nützen, Und obendrein war er als Bittsteller nie besonders gut
gewesen. Das war einer der Gründe, warum er sich überhaupt
auf die Seite der Rebellion geschlagen hatte.
Julian dachte mit reuigem Lächeln an seine frühen Tage bei
den Rebellen zurück. Er war so jung gewesen, so überzeugt
von sich – bereit, auf jeden Einsatz zu gehen, jedes Risiko auf
sich zu nehmen, solange es nur der Sache diente. Rückblickend
mußte er einräumen, daß er es überwiegend des Nervenkitzels
und der wilden Aktion halber getan hatte. Dabei vollbrachte er
jedoch viel Gutes und rettete ebenso viele Menschenleben, wie
er nahm. Die neue Regierung wollte ihm schließlich alle möglichen Auszeichnungen verleihen, aber er lehnte höflich ab. Er
fand einfach nicht, daß er sie verdient hatte, weil ihm alles soviel Spaß gemacht hatte.
Bis ihn das Imperium gefangengenommen, in eine
Verhörzelle gesteckt und den Folterknechten übergeben hatte.
Nur weil ihn seine einzige wahre Liebe, SB Chojiro, verraten
hatte. Sie brach sein Herz, die Folterknechte brachen seinen
Mut, und obwohl ihn Finlay Feldglöck schließlich rettete, war
er später nie mehr der alte.
Er seufzte und gab sich Mühe, die alten und bitteren Gedanken zu verbannen. Falls er schon starb, war er entschlossen, aus
dem ihm verbliebenen Leben das Beste zu machen. Ein bißchen Spaß zu haben, solange es noch ging. All das zu tun, was
er sich schon immer gewünscht, aber nie verwirklicht hatte,
weil die Rebellion dazwischengekommen war. Zwar hatte er
seine Zeit als Rebell genossen und einen fairen Anteil an den
Abenteuern und noch mehr gehabt, aber trotzdem hatte die
Rebellion rasch sein ganzes Leben ausgefüllt. Nie war Zeit,
sich zu entspannen, ganz loszulassen, mit ein paar Freunden
eine schöne Zeit zu verbringen. Die Rebellion war sein Leben
gewesen.
Und dann nahm sie es ihm weg. Durch den Sieg.
Er konnte nicht mehr auf Abenteuer losziehen. Seine Tage
als Kämpfer waren vorüber. Die neue Ordnung fand schon keine Verwendung mehr für ihn, ehe seine Hinfälligkeit sichtbar
wurde. Seine Art zu kämpfen, einfach aufs Ziel loszugehen und
alle Folgen zum Teufel zu wünschen, kam außer Mode. Heutzutage geschah alles per Diplomatie, mit sorgfältig ausgearbeiteten Verträgen und Kompromissen, die in raucherfüllten
Zimmern Gestalt annahmen. Normalerweise, während ein Vertreter des Schwarzen Blocks von der Seitenlinie aus leise
Ratschläge erteilte. Alles war heutzutage Politik, und davon
verstand Julian nichts.
Er hatte überlegt, nach Hakeldamach zurückzukehren und
seine letzten Tage im Sommerland zu verbringen, aber das ging
einfach nicht. Sein Tod hätte die Spielkameraden zu sehr erschreckt.
Die meisten seiner Freunde waren tot. Es war ein harter
Krieg gewesen, und die Rebellion hatte junge Männer und
Frauen so rasch verschlungen, wie sie sie rekrutieren konnte.
Julian lernte dabei auf die harte Tour, sein Herz nicht zu sehr
an jemand anderen zu hängen. Sein einziger echter Freund war
Finlay Feldglöck, und heutzutage war der alte Assassine in
beinahe so schlechter Verfassung wie Julian. Bei Finlay lösten
sich schon seit geraumer Zeit die Nähte, und je mehr Julian zu
helfen versuchte, desto mehr stieß Finlay ihn weg.
Ansonsten war der einzige, den Julian wirklich bewunderte,
der legendäre junge Jakob Ohnesorg gewesen. Julian kam nie
richtig darüber hinweg, daß er einer Furie Gefolgschaft geleistet hatte, einer Kriegsmaschine von Shub in Gestalt eines
Menschen. Er vernichtete die Furie mit seiner ESP, aber das
half nicht. Es schien, als würde Julian jedesmal, wenn er sich
überwand, jemandem sein Vertrauen zu schenken, von ihm
verraten.
Er hatte den Mörder seines Bruders Auric getötet, den Maskierten Gladiator, und wenigstens darauf konnte er stolz sein.
Er hätte den Mistkerl ein Dutzend mal umbringen können, ohne der Sache überdrüssig zu werden.
Und doch – trotz all seiner Erfolge im Dienst der Rebellion
war er letzten Endes nicht dabeigewesen. Hatte es nicht rechtzeitig geschafft, mit in die Hölle vorzustoßen, in die Löwenstein ihren Hof verwandelt hatte, hatte nicht mitverfolgen können, wie die Eiserne Hexe vom Thron gezerrt und vor aller
Welt gedemütigt wurde. Er sah sich später die Holoaufzeichnung an, aber das war nicht dasselbe. Er hätte dabei sein sollen.
Er hatte sich gewünscht, daß sie sein Gesicht sah und wußte: Er
hatte mitgeholfen, sie zu stürzen. Für dieses Recht
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