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Todtstelzers Krieg

Todtstelzers Krieg

Titel: Todtstelzers Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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nicht Rache ihn vorantrieb,
und daß sein Schicksal ihm Einsicht in die Gefühle unzähliger
Menschen vermittelt hatte, deren Leben von der Imperatorin
und der herrschenden Klasse zerstört worden waren. Aber
Owen war zu ehrlich zum Lügen, sogar gegen sich selbst. Er
wollte, daß sie genauso litt, wie er gelitten hatte, indem er ihr
das wegnahm, was sie am meisten schätzte.
    Aber am Ende zählte nichts von alledem. Kein einziger dieser Gründe hatte ihn hierhergeführt, und keiner dieser Gründe
war es, der ihn in der Dunkelheit durch unterirdische Gänge
stolpern ließ, um ein Imperium zu stürzen. Owen kämpfte für
ein Kind, das hilflos weinend im blutbesudelten Schnee einer
dunklen Gasse von Nebelhafen lag, nachdem er es ohne nachzudenken niedergestochen hatte. Sie war eine Blutsüchtige
gewesen und hatte zu einer Straßenbande gehört, und sie hatte
versucht, ihn zu töten; aber auch das spielte keine Rolle. Was
zählte war, daß kein Mensch im gesamten Imperium zu einem
Leben wie dem ihren verdammt sein oder wie sie sterben sollte. Nur eine weitere verlorene Seele, für die Löwenstein die
Verantwortung trug. Ihre Schreie verfolgten ihn, und ihr Blut
würde bis ans Ende seiner Tage an seinen Händen kleben. Er
würde ein Imperium für sie stürzen, würde eine ganze Zivilisation umkrempeln und alles vernichten, woran er jemals geglaubt hatte, und er wußte, daß selbst das nicht ausreichen
würde, seine Schuldgefühle zu mindern.
    Der Tunnel führte sie schließlich zu einer versiegelten Luke.
Owen und Giles stemmten sich mit den Schultern dagegen und
nahmen alle Kräfte zusammen, die das Labyrinth des Wahnsinns ihnen verliehen hatte, und die massive Stahltür öffnete
sich unter lautem Quietschen. Der Gang dahinter lag in strahlender Helligkeit, und sie mußten einen Augenblick lang die
Augen schließen, bis sie sich an das Licht gewöhnt hatten.
Owen schaltete seine Lampe aus und schob den Kopf durch die
Öffnung. Er spähte mißtrauisch in die Runde, dann gab er den
anderen ein Zeichen, daß alles in Ordnung sei. Nacheinander
sprangen sie durch die Luke auf den darunterliegenden Bahnsteig.
    Der Bahnhof war eine relativ große, weitläufige, vollständig
mit Kacheln ausgekleidete Höhle. An der Decke hingen starke
Scheinwerfer und beleuchteten einen einzelnen Zug, der an der
Bahnsteigkante wartete. Alles war makellos sauber. Der Zug
war groß genug und bestand aus poliertem Stahl, ohne Fenster,
aber mit einer einladend offenstehenden Schiebetür. Der Bahnsteig war vollkommen menschenleer. Nirgends waren Wachen
zu sehen. Sicherheitskameras an der Decke waren alles. Hazel
blickte zu der hohen Decke hinauf, dann auf die reich verzierten Wände und schließlich auf das luxuriöse Interieur des Zuges, und sie mußte sich anstrengen, um nicht zu zeigen, wie
sehr sie beeindruckt war.
    »Sehr hübsch«, sagte sie schließlich. »Allerdings auf eine
etwas übertriebene Art und Weise.«
»So sind die Aristokraten nun einmal«, erwiderte Owen. »Sie
geben sich nicht mit weniger als Perfektion zufrieden, selbst
wenn man keine Augen für die Umgebung hat. Wer in diesem
Zug sitzt, ist normalerweise mit seinen Gedanken ganz bei den
häßlichen Überraschungen, mit welchen die Löwenstein bei
Hof aufzuwarten pflegt. Manchmal ist der Hof noch gefährlicher als die Löwenstein selbst, und das will schon einiges heißen. Gott allein weiß, wie es inzwischen dort aussieht. Vor
allem, wenn ich bedenke, in welcher Stimmung sie sich befinden muß. Doch es macht keinen Sinn, hier herumzuhängen.
Komm, Mylady Hazel, deine Kutsche wartet.«
»Ich bin nicht deine Lady, Todtsteltzer!« fauchte Hazel und
trat mißtrauisch durch die offene Tür in den wartenden Waggon.
»Selbstverständlich nicht«, erwiderte Owen galant.
Nachdem sie alle eingestiegen waren, setzte Giles sich auf
den erstbesten Sitz und legte die Füße hoch. Hazel marschierte
geradewegs auf die eingebaute Bar zu, und Owen untersuchte
das Kodepaneel neben der Tür. Die Zahlen verrieten, wo genau
man sich gerade befand, mit wie vielen anderen man unterwegs
war und welchen gesellschaftlichen Status man innehatte. Ohne
korrekte Kodes würde der Zug sich erst gar nicht in Bewegung
setzen. Ein ganz falscher Kode würde die Sicherheitssysteme
aktivieren, und Gas würde in die Waggons strömen, und danach würde man nirgends mehr hinfahren, außer zum Friedhof.
Ozymandius hatte behauptet, nicht nur Kodes zu besitzen, die
sie

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