Todtstelzers Krieg
sie zu töten. Schließlich wollte er
keine Szene machen. Noch nicht.
Das Foyer hinter den mächtigen Türen war groß, gemütlich
und äußerst repräsentativ. Die Wände waren mit Paneelen aus
glänzendem Holz verkleidet, der Holzboden auf Hochglanz
gebohnert, und alles strahlte im Licht elektrischer Lampen –
Lampen, die nicht so sehr dazu dienten, Licht zu erzeugen,
sondern um gebührende Bewunderung hervorzurufen.
Die zahlreichen Möbel und anderen Einrichtungsgegenstände
waren luxuriös bis hin zur Opulenz. Der Raum stank förmlich
nach Geld wie eine alte Familienbank. Owen verspürte einen
Hauch von Heimweh.
Nachdem sie durch den Eingang getreten waren, ihre Stiefel
auf dem Metallrost abgetreten und den Schneematsch von ihren
Umhängen gebürstet hatten, trat ihnen ein Butler in den Weg.
Der Mann trug einen altmodischen Frack, eine gepuderte Perücke und auf dem Gesicht einen lange geübten Ausdruck
höchster Mißbilligung. Chance reichte ihm seine Visitenkarte,
und der Mann nickte kaum wahrnehmbar. Dann nahm er Chances und Owens Umhänge mit Daumen und Zeigefinger und
reichte sie einem Lakaien, der sich beeilte, sie entgegenzunehmen. Anschließend verlangte er, daß die Besucher
ihre Waffen herausgaben, und damit fing der Ärger an.
»Ich gebe meine Waffen niemandem«, widersprach Owen
energisch.
»Macht keinen Wirbel«, riet ihm Chance. Er öffnete seinen
Gürtel und reichte dem Butler das Schwert. »Es ist nicht persönlich gemeint. Normale Sicherheitsbestimmungen. Jeder
macht das.«
»Ich bin aber nicht jeder«, entgegnete Owen . »Und ich behalte meine Waffen. Sie würden sich ohne mich nackt fühlen.«
»Ich muß darauf bestehen«, erklärte der Butler in eisigem
Ton. »Wir lassen nicht jeden Dahergelaufenen von der Straße
herein, wißt Ihr?«
Owen versetzte ihm einen Kinnhaken.
Der bewußtlose Butler stürzte mit einem befriedigend lauten
Poltern in einiger Entfernung auf den gewachsten Holzboden
und schlitterte noch einen guten Meter, bevor er reglos liegenblieb. Überall drehten sich Köpfe nach Owen um. Einige der
Anwesenden schienen seine Tat durchaus gutzuheißen. Aus bis
dahin verborgenen Nischen und Türen stürzten Wachen mit
gezogenen Schwertern – und verharrten zu Salzsäulen erstarrt,
als Owen demonstrativ die Hand auf den Griff seiner Energiewaffe legte.
»Er gehört zu mir«, sagte Chance in die plötzliche Stille hinein. »Obwohl ich wünschte, es wäre nicht so. Er wird erwartet.«
Die Sicherheitsleute warfen sich fragende Blicke zu, zuckten
die Schultern und steckten die Schwerter wieder weg. Ganz
offensichtlich waren sie zu dem Schluß gekommen, daß dieses
Problem sie nichts anging. Die übrigen Leute im Foyer dachten
offenbar genauso und wandten sich wieder ihren leisen Gesprächen zu. Owen nickte liebenswürdig lächelnd in alle Richtungen, während der bewußtlose Butler weggetragen wurde.
»Bitte macht das nicht noch einmal«, sagte Chance. »Der erste Eindruck ist verdammt wichtig.«
»Das denke ich auch«, entgegnete Owen. »Und jetzt setzt
Euch endlich in Bewegung, oder soll ich erst noch in die Blumentöpfe pinkeln?«
»Ich wünschte, ich könnte glauben, daß das ein Scherz war«,
brummte Chance. »Hier entlang. Versucht wenigstens , niemand Wichtigen umzubringen, ja?«
Sie drangen in die Tiefen des Gebäudes vor. Offensichtlich
hatte es Chance ziemlich eilig. Die Umgebung blieb geschmackvoll luxuriös. Diener und richtige Menschen eilten
schweigend hin und her, um irgendwelche wichtigen Dinge zu
erledigen. Sprechen war anscheinend verpönt oder gar verboten, denn Owen hörte nichts außer einem gelegentlichen Rüstern. In ihm wuchs das lausbübische Bedürfnis, sich von hinten an eine der schweigenden Ikonen heranzuschleichen und
laut »Buh!« zu rufen, nur um zu sehen, was anschließend passieren würde.
Leider hatte er keine Zeit dafür. Aber vielleicht auf dem
Rückweg?
Alle sahen glatt und geschäftsmäßig aus, die Kleidung ein
wenig altmodisch – aber das hier war schließlich auch nur die
Nebelwelt. Die Menschen schienen Chance zu kennen, und
niemand verpaßte die Gelegenheit, ihm naserümpfend hinterherzublicken, wenn sie glaubten, er würde es nicht sehen.
Chance ignorierte sie hochmütig. Schließlich endete der Korridor in einem Vorzimmer vor einer grimmig dreinblickenden
Sekretärin, deren einzige Aufgabe es zu sein schien, ihren Vorgesetzten vor unerwünschten Besuchern zu schützen. Sie war
schlank, wenn nicht
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