Toedliche Blumen
Hand und stand auf.
Erika Ljung hielt ihren Polizeiausweis in Richtung der Türöffnung, die sich langsam weitete. Durch eine Brille betrachteten sie verängstigte Augen.
»Ich heiße Erika Ljung und bin Polizistin. Könnten Sie mich bitte hereinlassen?«
Die Tür schloss sich wieder, eine Kette wurde entfernt, woraufhin sich der Spalt erneut weitete. Eine Frau mittleren Alters ließ sie herein. Alles an ihr war ziemlich durchschnittlich, stellte Erika fest. Ihre Größe, die Figur und selbst die Frisur, ein Pagenkopf mit blonden Strähnchen. Sie trug eine schwarze Hose und eine altrosafarbene Bluse darüber. Sie bewegte sich gewandt und sah bedeutend jünger aus, als Erika sie sich aus unerklärlichen Gründen vorgestellt hatte. Vermutlich hatte sie Britta Hammar älter und unbeweglicher eingeschätzt, weil sie die Verunglimpfungen ihrer Person als Hausdrachen, verschrumpeltes Weib und absolute Egoistin im Ohr hatte, aus denen dann in ihrem eigenen Kopf das klassische Modell der griesgrämigen Hexe Form angenommen hatte. Wie der Schreck der Treppenhäuser in schwedischen Schwarzweißfilmen aus den Dreißigerjahren.
Und hier stand sie nun und sah völlig normal aus.
»Sie wollen bestimmt wissen, was ich von Ihnen will«, begann Erika. »Ich möchte Sie zuerst fragen, wo Sie heute Nachmittag und heute Abend gewesen sind.«
Britta Hammar schien nachdenklich.
»Darf man nach dem Grund fragen?«
»Eine Nachbarin wurde brutal zusammengeschlagen. Doris Västlund«, las Erika von ihrem Block ab. »Es handelt sich um reine Routinefragen.«
»Das darf doch nicht wahr sein!«
Britta Hammar zog einen Stuhl zu Erika heran, die sich setzte.
»Ich bin gerade von der Arbeit nach Hause gekommen. Ich weiß also von nichts. Arme Doris.«
Erika bekam alle Informationen, die sie benötigte. Daten zum Arbeitsplatz, der sich in einem Pflegeheim befand, und zu den Arbeitszeiten, die variabel waren. Am heutigen Abend war Britta Hammar von der Spätschicht gekommen.
»Ihnen ist also nichts aufgefallen?«
»Nein. Was hätte mir in diesem Zusammenhang auffallen sollen?«
»Was auch immer. Alles, was über das Gewöhnliche hinausgeht. Aber Sie sagten ja, dass Sie bereits um halb drei von zu Hause weggingen, und wir glauben nicht, dass es vor dem späten Nachmittag geschehen sein kann.«
»Ach so.«
Britta Hammar nahm eine Tube mit Handcreme vom Küchentisch und begann, ihre Hände einzureihen.
»Sie sind ziemlich trocken von dem ewigen Waschen auf der Arbeit«, erklärte sie.
Erika überlegte, ob sie Britta Hammar nach ihrer Meinung zu der aktuellen Lage im Waschküchenkonflikt befragen sollte, ließ es dann aber auf sich beruhen, weil sie keine Ahnung hatte, wie sie es hätte anstellen sollen, ohne dass es eventuell falsch aufgefasst wurde.
»Es hat also jemand bei Doris eingebrochen und sie niedergeschlagen? Das klingt ja abscheulich«, sagte Britta Hammar gefasst. Als sie merkte, dass Erika nicht antworten würde, nickte sie. »Ich verstehe. Sie dürfen nichts sagen.«
»Es geschah nicht in der Wohnung.«
Britta Hammar hielt inne.
»Nicht? Darf man fragen, wo es dann geschah?«
Erika merkte, wie sie nachdachte. Im Treppenhaus, im Hof, draußen auf der Straße, bei einem anderen Nachbarn in der Wohnung?
»Sie wurde in der Waschküche gefunden.«
Britta Hammar hielt die Luft an. Kurze Zeit später folgte die gesamte Geschichte über die Waschküche.
»Sie können gerne wieder vorbeischauen und sich den Lärm anhören«, schloss sie und schien es ernst zu meinen. »Ich weiß, dass Sie als Polizistin anderes zu tun haben, aber ich komme mir recht einsam vor in meinem Kampf.«
Die letzten beiden Worte kamen mit einem gewissen Zittern in der Stimme.
»Hmm.«
»Keiner aus dem Haus hat sich in irgendeiner Weise darum gekümmert. Weder hat man mir geglaubt, noch ist jemand hergekommen, um sich selbst ein Bild zu machen. Stattdessen hat man es vorgezogen, mich als unbequemen Menschen abzustempeln. Eine allein stehende Frau mittleren Alters, Sie wissen schon.«
Erika konnte es natürlich nicht wissen. Noch nicht. Denn sie war zu jung und vielleicht auch zu hübsch.
»Ganz plötzlich hat man im Hinblick auf alles, was um einen herum geschieht, nichts mehr zu sagen. Jedenfalls nicht, wenn man es mit gewissen Herren zu tun hat. Dieser Vorsitzende ist ganz besonders von sich überzeugt«, spuckte sie aus.
»Sie haben nie darüber nachgedacht auszuziehen?«, fragte Erika unvorsichtigerweise und kaute an ihrem
Weitere Kostenlose Bücher