Toedliche Blumen
dennoch arbeitete sie über einen längeren Zeitraum bei Ihnen?«
»Es ist nicht so leicht, Personal zu kündigen … und wie es sich oftmals ergibt, so verbindet einen im Lauf der Jahre ja auch manches miteinander. Man gewöhnt sich. Obwohl man es in mancher Hinsicht nicht unbedingt tun und stattdessen lieber mit der Faust auf den Tisch hauen sollte.«
»Haben Sie das denn nie getan?«
»Und ob! Doch dann wurde es nur noch schlimmer. Es lag alles nicht an ihr. Niemals. Ihr fehlte ganz einfach die Einsicht. Was das betrifft, war sie wie ein Kind.«
»Und sie hat nie daran gedacht, eine eigene Parfümerie zu eröffnen?«
»Nein. Es bot sich ihr keine Möglichkeit«, sagte Marianne Bengtsson zögerlich und blinzelte mit ihren getuschten Wimpern.
»Wie meinen Sie das?«
»Ich meine die finanzielle Investition«, verdeutlichte Marianne Bengtsson in einem Ton, als hätte Doris Västlund unter einem angeborenen Gebrechen gelitten.
»Inwiefern?«
»Sie hatte es nicht so dicke nach der Scheidung.«
Nicht?, überlegte Louise und sah den Berg an Geldscheinen vor sich. Vierhundertachtundfünfzigtausend, genauer gesagt. Fast eine halbe Million.
»Doris hatte es in jeder Hinsicht ziemlich schwer nach der Scheidung. Sie war daran gewöhnt, gut gestellt zu sein. Sich trotz ihrer Situation als Hausfrau einiges leisten zu können. Einen gewissen Lebensstandard zu halten. Auf der sozialen Leiter fiel sie ja gleich mehrere Stufen hinunter, wenn ich mich so ausdrücken darf«, flüsterte Marianne Bengtsson kaum hörbar.
»Von welcher Zeit sprechen Sie jetzt genau?«
»Meine Liebe! Von der Zeit vor zwanzig Jahren. Mindestens. Vielleicht auch dreißig. Sie war mit einem Wirtschaftsprüfer verheiratet, bekam einen Sohn und hatte es so weit ganz gut, bis ihr Mann eine andere fand. Während sie verheiratet war, arbeitete sie nicht durchgehend. Trug schöne Kleider, reiste viel …«
Für Louise war das Thema erschöpft.
»Das ist natürlich nicht gerade erbaulich«, sagte sie dennoch.
»Ich muss sagen, dass ich es ganz und gar nicht befürworte, wenn verheiratete Männer ihre Frauen verlassen. Aber in diesem Fall kann ich ihn gut verstehen.«
»Ja?«
»Ja, so sehe ich das. Denn wer hält es auf Dauer schon aus, mit einer derart launischen Person verheiratet zu sein? Auch wenn sie hübsch ist.«
»Können Sie beschreiben, was genau passierte, wenn Doris schlechte Laune hatte?«, wollte Louise mit dem Gedanken an verschiedene mögliche Szenarien in der Waschküche wissen. »Schrie sie? Schlug sie?«
»Sie war ganz einfach rasend.«
»Und was passierte, wenn sie rasend war?«
»Es war ziemlich unangenehm.«
»Nur unangenehm?«
»Nicht nur. Aufgebrachte Menschen sind immer unangenehm. Sie nehmen einem die Luft zum Atmen. Und man bewegt sich ständig nur auf Zehenspitzen, um sie nicht unnötig zu reizen. Außerdem schaffte sie es immer wieder, eines der Mädchen auf ihre Seite zu ziehen und gegen mich aufzuhetzen.«
»Aber sie schlug niemals? Oder drohte damit?«
»Nein, mein Gott! Möglicherweise erhielt ihr Junge hin und wieder eine Ohrfeige, aber uns tat sie nichts an. Das fehlte gerade noch! Dann wäre sie aber auch sofort rausgeflogen …«
Marianne Bengtsson hielt inne. Irgendetwas schien ihre Erinnerung angeregt zu haben.
»Obwohl ich mich erinnern kann … aber das war nur ein einziges Mal. Da warf sie eine Parfümpackung nach einem der Mädchen. Chanel No. 5. Das weiß ich noch genau. Dem Mädchen passierte nichts, und die Parfümflasche blieb sogar ganz, aber Sie können sich ja vorstellen, was da los war. Doris bereute ihren Ausbruch sofort, heulte und jammerte wie ein Kleinkind und versprach, dass so etwas nie wieder vorkommen würde. Sie war ja gezwungen, den Jungen zu versorgen, der Unterhalt ihres Exmannes reichte bei weitem nicht aus … Ja, das war ein Zirkus«, erklärte sie. »Und ich konnte es einfach nicht übers Herz bringen, ihr zu kündigen, und so blieb sie. Nach einer kürzeren Periode jedoch, in der sie sich übertrieben freundlich gab, war alles wieder beim Alten.«
»Sie sagten, dass sie das Personal gegen Sie aufgewiegelt hat?«
»Ja, das passierte mitunter. Aber das Schlimmste war, dass man nie so genau wusste, wann sie aus dem Lot geriet. Denn sie konnte auch wahnsinnig nett sein. Regelrecht charmant.«
»Sie meinen also, dass sie unberechenbar war?«
»Ja, das kann man wohl sagen. Sie konnte unglaublich strahlen und sehr zugänglich sein, wenn es ihr passte, und die Kunden zum
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