Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
Drohungen und Flüchen, die aus dem Inneren des Restaurants drangen, sprach der Polizist mit dem stählernen Blick mit beruhigend monotoner Stimme immer weiter.
»Ganz schön gelassen, der Kerl«, stellte Curt fest. Auf ein Signal von Finn hin wechselte er seine Position und kauerte sich hin, um eine gute Aufnahme von den Männern des Sonderkommandos zu machen, die gerade in Stellung gingen.
»Allerdings«, gab Finn zu. »Wenn er das bleibt, werden die Scharfschützen vielleicht überhaupt nicht gebraucht. Nimm weiter auf. Ich schaue mal, ob ich bis dort hinten durchkomme und herausfinden kann, um wen es überhaupt geht.«
Der Ballsaal war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Von Deannas Sitzplatz auf dem erhöhten Podest aus konnte sie alle dreihundertfünfzig Menschen sehen, die gekommen waren, um sich ihren Vortrag über Frauen im Fernsehen anzuhören. Sie war fest entschlossen, ihnen etwas für ihr Geld zu bieten. Auf der Fahrt von Chicago hierher hatte Deanna ihre Aufzeichnungen noch einmal gründlich durchgesehen und sich nur ein einziges Mal aus ihrer Konzentration reißen lassen, als sie im Fernseher der Limousine einen flüchtigen Blick auf Finn erhaschte.
Wie Barlow James sagen würde, war er in seinem Element. Und es sah ganz so aus, als wäre auch sie in ihrem Element.
Sie wartete die schmeichelnden Worte ab, mit denen sie vorgestellt wurde, den Applaus, der ihnen folgte, dann stand sie auf und ging zum Podium. Sie ließ ihren Blick durch den Saal schweifen und lächelte.
»Guten Tag. Eines der ersten Dinge, die wir beim Fernsehen lernen, ist das Arbeiten am Wochenende. Deshalb hoffe ich, die nächste Stunde genauso unterhaltsam wie informativ zu gestalten. Denn genau das soll Fernsehen auch für mich sein, und dafür zu sorgen, daß dies auch wirklich so ist, habe ich immer als eine sehr befriedigende Möglichkeit empfunden, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Mir fiel ein, daß Sie ja als Berufstätige gar nicht viel Gelegenheit haben werden, sich die am Tag gesendeten Programme im Fernsehen anzuschauen, daher hoffe ich, Sie davon überzeugen zu können, Ihre Videorecorder auf Montagmorgen einzustellen. Um neun Uhr sind wir nämlich hier in Merrillville.«
Das brachte Deanna das erste leise Lachen ein und bestimmte den Stil der nächsten zwanzig Minuten, bis ihr Vortrag in einen Frage- und Antwort-Teil überging.
Eine der ersten Fragen lautete, ob Finn Riley sie begleitete.
»Leider nicht«, antwortete sie. »Wie wir alle wissen, ist es ein Segen, aber auch ein Fluch dieser Arbeit, über unvorhergesehene aktuelle Ereignisse berichten zu müssen. Und genau damit ist Finn im Moment beschäftigt. Jeden Dienstagabend jedoch können Sie ihn in seinem Magazin Nachgefragt erwischen. Ich persönlich lasse keine Folge aus.«
»Miss Reynolds, wie fühlen Sie sich damit, daß das Aussehen mittlerweile ein genauso wichtiges Kriterium für alle Tätigkeiten vor der Kamera geworden ist wie die Zeugnisse?«
»Ich stimme sicherlich mit der Chefetage des Sendernetzes darin überein, daß das Fernsehen ein visuelles Medium ist. Aber das gilt nur bis zu einem gewissen Punkt. Ich kann Ihnen jedenfalls versichern: Wenn Finn Riley in dreißig Jahren immer noch als Reporter arbeitet und als großer alter Mann seiner Zunft gilt, erwarte ich nicht nur, daß mir als Frau der gleiche Respekt entgegengebracht wird, sondern fordere dies unnachgiebig ein.«
Finn dachte nicht an die Zukunft, er wurde viel zu sehr von der Gegenwart in Anspruch genommen. Mit Verschlagenheit, List und Arroganz hatte er es geschafft, neben dem Verhandlungsführer, Lieutenant Arnold Jenner, Position zu beziehen. Jenner hatte immer noch das Megaphon in der Hand, gönnte sich aber bei seinem Appell an den Geiselnehmer, die Geiseln freizulassen, gerade eine kurze Pause.
»Nach den mir vorliegenden Informationen hat Johnson … So heißt er doch, nicht wahr? Elmer Johnson?«
»Das ist zumindest der Name, auf den er reagiert«, meinte Jenner nachsichtig.
»Er hatte früher bereits mit Depressionen zu kämpfen, und seine …«
»Sie werden doch wohl keinen Zugang zu seinen medizinischen Untersuchungsergebnissen haben, Mr. Riley«, unterbrach ihn Jenner.
»Nicht direkt.« Selbstverständlich verfügte Finn über solche Kontakte, und die hatte er auch genutzt. »Wie ich in Erfahrung bringen konnte, ist Johnson beim Militär gewesen und befand sich seit seiner Entlassung im März letzten Jahres in einer schwierigen Phase. Letzte
Weitere Kostenlose Bücher