Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
benutzt. Er stellte Vergleiche zwischen den nordischen Völkern und den Ariern an, wobei er deren territoriale Ambitionen mit seinen eigenen Expansionsgelüsten in Bezug setzte«, sagte Bea.
»Also hat Fischer die Römisch-Katholische Kirche ins Spiel gebracht«, sagte Mike. »Er wollte die Nazis nicht mit ihrer Propaganda durchkommen lassen, ohne noch ein paar religiöse Aspekte unterzumischen.«
»Die Vinland-Karte enthält viele Anleihen der katholischen Bildersprache.« Bea zeigte mit ihrem weißen Handschuh auf einige Randvermerke. »Pater Fischer war so empört über die Jesuitenverfolgung durch die Nazis, dass er Hitler mit diesem gefälschten Dokument an der Nase herumführen wollte. Wenn Hitler glauben wollte, dass die Wikinger die Neue Welt entdeckt hatten, wollte Fischer ihm diesen Triumph nur unter der Bedingung gönnen, dass er dabei auch der katholischen Kirche eine Rolle zugestand.«
»Was hat Pater Fischer dann mit meiner Karte zu tun?«, fragte Mike.
»Wie ich sehe, hat es Sie auch schon erwischt«, sagte Bea. » Ihre Karte?«
Mike lächelte sie an. »In meiner Bude ist noch viel Platz an den Wänden. Sie sagen mir, wonach ich suchen soll, und wir finden alle zwölf Teile. Sie dürfen mich dann auch jederzeit besuchen.«
»Abgemacht, Mike«, sagte Bea und fuhr in ihrer Erzählung fort. »Fischer hielt sich 1901 zu Forschungszwecken in einer Privatbibliothek in einem deutschen Schloss auf. Wie so oft bei wichtigen historischen Entdeckungen stolperte er rein zufällig über etwas, nach dem er gar nicht gesucht hatte - nämlich ein staubiges Portfolio in einer dunklen Ecke des Adelspalastes. Kartografen hatten so lange nach Überresten dieser speziellen Karte gesucht, dass man schon nicht mehr an ihre Existenz glaubte.«
»Dann war es also reiner Zufall?«
»Genau. Die Vorfahren von Fürst Waldburg hatten über Generationen hinweg Landkarten gesammelt. Während Fischer Dokumente der frühen nordischen Völker in Grönland studierte - sein persönliches Interessengebiet -, fiel ihm ein großes Manuskript in die
Hände, das seit Generationen in Familienbesitz war. Es war eine Jahrhunderte zuvor erworbene kostbare Sammlung des berühmten Globenbauers Johannes Schöner aus dem sechzehnten Jahrhundert. Schöner, so vermuten wir, hatte die Waldseemüller-Karte von 1507 gekauft, um die darauf abgebildete neue Weltsicht in seine Arbeit zu integrieren und seine Globen auf den neuesten Stand zu bringen.«
»Was für ein Fund«, sagte Mercer.
»Vor allem, weil man die zwölf Teile nie zusammengesetzt hatte. Die Teile waren zwischen den Seiten dieses riesigen Folianten versteckt gewesen und vier Jahrhunderte unentdeckt geblieben.« Bea lenkte unsere Aufmerksamkeit wieder auf den von Mike gefundenen Abschnitt. »Wenn Sie mich fragen, sieht das hier auch ziemlich makellos aus.«
»Was wurde aus der Karte, die Pater Fischer gefunden hatte?«, fragte Mike.
»Sie blieb noch hundert Jahre lang im Schloss, in Privatbesitz. Im Jahr 2003, ein Jahrhundert und zehn Millionen Dollar später, wurde die Karte zum Kronjuwel der Library of Congress. Die Universalis Cosmographia .«
»Was?«, fragte ich.
»So nennen wir Bibliothekare die Weltkarte von 1507. Universalis cosmographia secundum Ptholomaei traditionem et Americi Vespucii aliorumque lustrationes . So lautet ihr offizieller Name.«
»Eine Karte der Welt in der Tradition von Ptolemäus und nach den Reisen von Amerigo Vespucci.« Mike lächelte Bea an, die ihn überrascht ansah. »Sie glauben doch nicht etwa, dass mich die Nonnen in der Konfessionsschule wegen meines guten Betragens mochten? Mein Latein ist gar nicht so übel.«
Sie blätterte in ihrem Buch zurück zur Reproduktion der Karte und faltete sie noch einmal auseinander.
»Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei Mikes Fund um eine Fälschung handelt?«, fragte Mercer.
Bea Dutton runzelte die Stirn. »Sie meinen, wegen der Geschichte, die ich Ihnen über Pater Fischer erzählt habe?«
Mercer hatte wohl eher wegen der Gerüchte über Tina Barr gefragt.
»Ja.«
»Das mit der Vinland-Karte war etwas ganz anderes. Niemand zweifelt daran, dass die Wikinger die größten Entdecker des Mittelalters waren. Sie haben nur keine Karten gezeichnet. Keine einzige«, sagte Bea. »Da ihr Weltbild nicht darauf ausgelegt war, Schaubilder zu erstellen, zogen viele Wissenschaftler von Anfang an die Echtheit des Dokuments in Zweifel. Dann ist da noch die Tinte. Sie wissen, wie Tinte hergestellt
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