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Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Titel: Tödliches Wasser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu. Xiaolong
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wie er war, wurde er bald zum leuchtenden Vorbild – ein »rotes Banner« der Wirtschaftsentwicklung in der Region.
    Doch in den letzten Jahren hatte seine Vorgehensweise zu Auseinandersetzungen geführt. Zum einen strebte er den Börsengang an, ein Experiment im Rahmen von Chinas Wirtschaftsreform, das die Firma in eine Mischform aus Staatsbetrieb und Privateigentum überführen sollte. Es war das erste Unternehmen in Wuxi, das diesen Schritt wagen wollte, und Liu wäre selbst der größte Anteilseigner geworden – Großkapitalist und Parteigenosse in einer Person.
    Nicht weniger kontrovers wurde die Umweltverschmutzung diskutiert, die er durch die Steigerung der Produktion bei optimaler Gewinnmaximierung verursachte. Konkret bedeutete das die Einleitung von Unmengen ungeklärter Abwässer in den See. Es war ein offenes Geheimnis, und sein Betrieb war nicht der einzige, der sich seiner Industrieabfälle auf diese Weise entledigte. Doch mittlerweile hatte die sich dramatisch verschlechternde Wasserqualität Bürgerproteste auf den Plan gerufen. Die Chemiefabrik Nr.  1 war als größtes Unternehmen am See ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, und die städtischen Behörden übten sich zwar in Schadensbegrenzung, konnten den Protest aber nicht gänzlich zum Schweigen bringen.
    In der Mordnacht hatte Liu noch spät in seinem Privatbüro, einem Apartment, fünf Gehminuten von der Fabrik entfernt, gearbeitet und nicht etwa in seinem Haus, das etwa sieben Kilometer weit weg lag. Das war offenbar nichts Ungewöhnliches für diesen schwer beschäftigten Firmenchef, vor allem in den hektischen Wochen vor dem Börsengang. Nicht nur Liu, sondern auch andere leitende Angestellte und Sekretärinnen waren an diesem Sonntag zur Arbeit gekommen. Liu war zuletzt gesehen worden, als er gegen sieben Uhr abends allein das Apartmenthaus betrat.
    Als er am nächsten Morgen nicht zur Arbeit erschienen war, hatte Mi, seine Sekretärin, versucht, ihn telefonisch zu Hause, in seinem Privatbüro und auf dem Handy zu erreichen, aber sie hatte ihn nirgendwo angetroffen. Sie vermutete, dass er verschlafen habe, und machte sich auf den Weg zu seinem Privatbüro. Liu litt unter Schlaflosigkeit und nahm, vor allem, wenn er bis spät in die Nacht arbeitete, gelegentlich Schlaftabletten. Mi sah seine Schuhe vor der Tür stehen, denn im Apartment trug er stets Hausschuhe, bekam jedoch auf ihr anhaltendes, lautes Klopfen keine Antwort. Daraufhin verständigte sie die Polizei.
    Man fand Liu mit einer Wunde am Hinterkopf tot auf. Laut vorläufigem Autopsiebericht stammte die Verletzung von einer stumpfen Waffe. Eine massive Schädelfraktur und akute Hirnblutungen waren die Todesursache gewesen. Am Tatort befand sich jedoch kaum Blut, an seinem Körper waren weder Blutergüsse noch Abschürfungen entdeckt worden, ebenso wenig Spuren von Fasern, Blut oder Haut unter den Fingernägeln.
    Der Tod war, so vermutete der Arzt, zwischen halb zehn und halb elf am Vorabend eingetreten. Im Blut hatte man Spuren von Schlaftabletten gefunden.
    An der Tür des Apartments deutete nichts auf ein gewaltsames Eindringen hin. Die Kriminaltechniker hatten keine Spuren eines Kampfes oder eine Tatwaffe entdeckt. Auch Fingerabdrücke gab es keine, außer denen von Mi am Spiegel im Badezimmer; aber das musste nichts bedeuten, da sie ebenfalls gelegentlich in Lius Privatbüro arbeitete.
    Aus dem Apartment waren keine Wertgegenstände entwendet worden. Sowohl Mi als auch Frau Liu hatten dies bestätigt.
    Man musste also davon ausgehen, dass Liu seinen Mörder gekannt hatte.
    Das Privatbüro lag in einem teuren, gut bewachten Apartmentkomplex. Den Nachbarn zufolge war Liu selten dort und hatte kaum Kontakt mit den anderen Bewohnern. Manchmal arbeitete er noch spät zusammen mit seiner Sekretärin, aber die Türe war immer verschlossen. Der Pförtner konnte sich allerdings erinnern, dass Liu am fraglichen Abend allein gekommen war und dass ihn danach kein Fremder besucht hatte. Wenn Auswärtige die Wohnanlage betraten, mussten sie beim Pförtner den Namen desjenigen nennen, zu dem sie wollten.
    Die Beamten hatten bereits einige Personen aus Lius unmittelbarem Umfeld verhört, auch dabei war nichts Bemerkenswertes ans Licht gekommen.
    Mi beharrte darauf, dass Liu ihr gegenüber keinen Besuch für den Abend erwähnt habe. Frau Liu gab an, ihr Mann habe sie im Laufe des Tages angerufen und ihr mitgeteilt, dass er an einem wichtigen Schriftsatz arbeite und erst spät in der Nacht

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