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Töwerland brennt

Töwerland brennt

Titel: Töwerland brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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es nie gegeben.
    Nun blieb nur noch eines zu tun: Sie suchte im Sekretär nach einem
identischen Briefumschlag. Später wollte sie die verbliebenen Papiere wieder
dort hineintun, ihn verschließen und im Ordner platzieren, damit alles wie
unberührt aussah.
    Sie bemerkte, dass ihre Hände zitterten. Deshalb beruhigte Heike
ihre Nerven mit einem großen Glas Kognak und rauchte zum ersten Mal in ihrem
Leben eine Zigarette in den Privaträumen ihrer Mutter. Danach fühlte sie sich
besser.
    Die restlichen Unterlagen in dem Kuvert waren Briefe eines Anwalts
aus Norden. Kanzlei Doktor Niebüll – Heike wusste, dass es sich bei dem Notar
um einen alten Freund ihres Vaters handelte. Er war quasi der Familienanwalt der Harms’.
    Der Notar hatte ihrem Vater regelmäßig Aufstellungen über von ihm
geleistete Zahlungen auf ein Konto bei der Stadtsparkasse Dortmund geschickt
und ihn gebeten, diese Zahlungen mit der jeweils angehängten Gebührenrechnung
zu begleichen. Die Geldbeträge waren vom Januar 1981 bis einschließlich März
1992 geflossen. Kopfschüttelnd legte Heike die anwaltlichen Schreiben zur Seite.
    Dann war da noch ein weiteres Schreiben des Anwalts. Sie überflog es.
Darin war von einer Vereinbarung die Rede, die der Anwalt ausgearbeitet und ihrem Vater zur Freigabe übersandt
hatte. Harms wurde darin gebeten, etwaige Änderungsvorschläge telefonisch mit
dem Anwalt zu besprechen. Im Anhang des Briefs war dieser Entwurf beigefügt.
    Heike nahm ihn zur Hand und las: Sie erhalten die
Kosten für den Abort in einer Klinik Ihrer Wahl erstattet . S ollten Sie nicht über die notwendigen Kontakte in die Niederlande
verfügen, sind wir bei der Anbahnung des Geschäfts und beim Abschluss der
entsprechenden Vereinbarung gern behilflich. Im Anschluss an den Eingriff
erstatten wir Ihnen die Aufwendungen für einen Erholungsaufenthalt, ebenfalls
in einem Hotel Ihrer Wahl sowie ein angemessenes Taschengeld. Sollten Sie sich
gegen den Eingriff entscheiden, bieten wir Ihnen alternativ eine monatliche
Unterhaltszahlung für Sie und Ihr Kind in Höhe von  … Langsam dämmerte es
Heike, was sie da gerade las. Ihr Vater hatte ein nichteheliches Kind gezeugt
und versuchte mit diesem Brief, die Mutter zu einer Abtreibung zu bewegen.
Anscheinend aber war diese nicht ohne Weiteres dazu bereit. Denn warum sonst
der Alternativvorschlag? Heike nahm die Kostenaufstellung wieder zur Hand. In Sachen Claudia Tohmeier las sie oben auf dem Blatt. Und
darunter den Namen des Sohnes: Knut .
    Fassungslos starrte sie auf das Schreiben, bis es ihr aus den Fingern
rutschte und zu Boden glitt. Sie ließ es liegen. Schwankend ging sie zum Tisch,
auf dem immer noch die Kognakflasche stand. Sie goss das Glas halb voll und
leerte es in einem Zug. Ein verzweifeltes Stöhnen kam aus ihrer Brust. Sie ließ
sich auf den Stuhl fallen und stierte minutenlang die Wand an.
    Mit aschfahlem Gesicht griff sie schließlich zum Handy.
    »Ich muss dich unbedingt sehen«, antwortete sie, als sich ihr Gesprächspartner
meldete. »Heute noch. – Ja, es ist wichtig. – Nein, nicht vor dem Hotel. –
Können wir uns am Jachthafen treffen? – In einer Stunde?«

29
    Rainers Tag begann entspannter.
    Die Rezeptionistin des Hotel Pabst hatte
etwas irritiert geschaut, als der Kollege eines Konkurrenzunternehmens am Donnerstagmittag
eine Umzugskiste anschleppte und sich nach der Zimmernummer des Anwalts Esch
erkundigte.
    Kurz darauf hatte der riesige Karton vor Rainer gestanden. Der hatte
einen schnellen Blick hineingeworfen und seufzend erkannt, welche Arbeit auf
ihn zukam.
    Draußen war der Frühsommer zurückgekehrt. Die Sonne schien, der
Strand lockte. Das gute Wetter musste er ausnutzen. Da sein Auftraggeber weiter durch Abwesenheit glänzte, kam es auf einen
Tag mehr oder weniger auch nicht an. Was trieb ihn? Die Ordner konnten warten.
    Rainer mietete einen Strandkorb und verbrachte einen sehr erholsamen
Tag mit Lesen, Schlafen und Wassertreten. Glücklich und mit einem Sonnenbrand
saß er am Ende des Tages beim Abendessen.
    Plötzlich fiel ihm siedend heiß ein, dass er den Tag über vergessen hatte, den versprochenen Anruf nachzuholen.
Er griff zum Handy.
    »Wolltest du nicht eher anrufen?«, meldete sich Elke.
    »Das habe ich getan. Du warst nicht da«, rechtfertigte Rainer sich.
    »Ich hatte gestern einen Termin. Aber nur bis sieben Uhr. Dann war
ich wieder zu Hause.«
    Sieben Uhr. Da hatte Rainer im Hafenrestaurant gegessen, war dann
noch auf ein paar Bierchen in

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