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Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Titel: Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. G. Stoll
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das Fett, in dem das Gemüse schwamm, verfestigte sich bereits. Rüben und Kohl standen um diese Jahreszeit häufig auf dem Speiseplan. Da die Angestellten erst später ihre Mittagspause bekamen, leistete ihr beim Essen niemand Gesellschaft. Sofern Gustav nicht gemeinsam mit Madame speiste, nahm er die Mahlzeiten in seinen Räumen ein.
    Kate wusch ihren Teller ab und machte sich an die aufgetragene Arbeit. Da Gustav dem Hausmädchen untersagte, das Labor zu betreten, erledigte sie die Putzarbeiten, seit er sie für alt genug erachtete. Während sie die Arbeitsplatten abscheuerte, erinnerte sie sich an das Buch über die Kanalisation. In ihm stand, dass jedes Gebäude einen eigenen Anschluss besaß. Eine Klappe, von der eine Leiter in den Schacht führte, ermöglichte es, bei Verstopfungen an die Abflussrohre zu gelangen. Es reizte sie, mehr darüber herauszufinden, vielleicht sogar einen Blick in den Kanal zu werfen. Sie kaute auf der Unterlippe.
    Ratten!
    Von den eingeleiteten Abfällen lebten sicher ganze Horden dort unten. Bei dem Gedanken schüttelte es sie. Außerdem. Es musste so dunkel wie in den Geheimgängen sein.
    Schnell fuhr sie mit den Händen über die Unterarme, um die entstandene Gänsehaut wieder loszuwerden.
    Helligkeit würde die Ratten verscheuchen. Nur, was nützte eine Leuchte, die bei jedem Windhauch erlosch? Eine Karbidlampe. Diese Sorte benutzte der Hausmeister. Natürlich durfte Gustav nichts erfahren. Er hatte ihr verboten, auch nur in die Nähe der Außentüren zu kommen. Den Schacht mit einzuschließen, hatte er schlicht vergessen.
    Sie rieb sich das Kinn. Ertappte er sie, würde sie eventuell im Loch landen, ohne Kerze und Lampe. Und das gewiss für eine halbe Ewigkeit. Ein erboster Gustav strafte gnadenlos.
    Kate konzentrierte sich wieder auf die Arbeit und bearbeitete das Abwaschbecken, bis es glänzte.
    Andererseits.
    Ihr Ziel war es, von hier zu entkommen und ein neues Leben zu beginnen. Vielleicht waren die Abwasserkanäle ein guter Anfang. Ein Test, ob sie sich traute, fremde Dinge zu erobern.
    »Kate, du bist ein jämmerlicher Feigling, ein armseliges Waschweib, ein Kleinkind«, schimpfte sie mit sich selbst.
    Sie musste Wagnisse eingehen, gefährliche Situationen überstehen, oder? Das hatten andere Frauen vor ihr auch.
    Die Türe schlug auf und Gustav beendete ihre Überlegungen.
    Er musterte sie mit hochgezogenen Augenbrauen, als könnte er spüren, dass sie eine Sache plante, die ihm missfiel.
    Im Gegenzug versuchte sie, sich nichts anmerken zu lassen und blickte auf den nun makellosen Boden.
    Er griff in die Hosentasche, zog weiße Baumwollhandschuhe heraus und schlüpfte in sie hinein. Mit den Fingerspitzen fuhr er über Borde und Arbeitsflächen und begutachtete das Ergebnis. Dann kontrollierte er die Schubladen auf Sauberkeit und Ordnung. Kate kannte das Ritual zur Genüge und wusste längst, worauf er Wert legte.
    »Was ist das?«
    Gustav war bei der Salbenmaschine stehen geblieben und starrte darauf.
    Kate betete, in der letzten Nacht nichts übersehen zu haben.
    »Die Walzen. Wieso hast du sie herausgenommen?«
    Eine der Porzellanwalzen hatte einen kleinen Riss, fiel ihr ein. Sie musste sie in der Eile vertauscht haben und er hatte das bemerkt.
    Schnell behauptete sie: »Ich habe sie abgewaschen. Sie sahen staubig aus.«
    Gustav drehte sich zu ihr um.
    »Zeige mir das Trockentuch.«
    Kate stöhnte innerlich. Er hatte sie bei einer Lüge ertappt. Bei seiner schlechten Laune bedeutete das die Höchststrafe. Langsam ging sie zu den Leinentüchern, die selbstverständlich unbenutzt waren, und nutzte die Zeit, um sich eine Ausrede auszudenken.
    Ihr kam ein Gedanke. Sie räusperte sich.
    »Ich habe es bereits gestern gemacht.«
    Sie griff ein Tuch und zeigte es ihm. »Der Stoff ist schon wieder trocken«, sagte sie ein wenig lahm.
    Gustav presste die Lippen aufeinander und deutete auf das Lineal auf dem Fensterbrett.
    Sie reichte es ihm und streckte fast automatisch die Hände mit den Handflächen nach oben aus.
    »Gegen welche meiner Regeln hast du wissentlich verstoßen, obgleich ich sie dir seit etlichen Jahren beizubringen versuche?«, fragte er und unterstrich die Worte, indem er das Lineal gegen sein Hosenbein schnellen ließ.
    Kate zermarterte sich das Gehirn, was sie zugeben musste und was nicht.
    »Die des Gehorsams?«, wagte sie zu antworten. Das stimmte immer.
    Der Schlag traf die Fingerspitzen und brannte höllisch.
    »Probiere es mit Sauberkeit!«, knurrte er und

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