Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes
Ich hätte schneller handeln müssen.«
Als TDC Mackillop nach einer Stunde noch immer nicht erreicht werden konnte, hatte sich ein Team wieder auf den Weg nach West Finchley gemacht. Während man das Auto – das in einer Seitenstraße hinter dem Bahnhof in Finchley gefunden wurde – abschleppte, bezeugten Anwohner, es vor dem Haus im Rosedene Way gesehen zu haben. Eine Frau, die mit ihrem Hund spazieren ging, gab eine genaue Beschreibung von Mackillop, und ein Mann, der gegenüber wohnte, sagte aus, er habe gesehen, wie der Fahrer des Autos sich mit einem Passanten unterhielt.
Weitere Polizisten wurden hinzugerufen und warteten mit ernster Miene auf ihren Einsatz, während der Samstag in die Dämmerung überging. Eine bewaffnete Einheit ging in Stellung. Anwohner wurden evakuiert, und die Straße wurde abgesperrt, bevor die Tür zur Wohnung im obersten Stockwerk des Hauses Nr. 8 aufgebrochen und Mackillop – fünf Stunden, nachdem er im Rosedene Way seinen Wagen geparkt hatte – tot aufgefunden wurde …
Thorne hatte den ermordeten Polizisten in der Ausbildung nie kennen gelernt. Er war sich nicht sicher, ob es ihm das einfacher machte, mit seinem Tod umzugehen. Doch es machte es bestimmt einfacher, ihn als Opfer zu idealisieren. Thorne wusste nicht, ob Mackillop Mundgeruch hatte oder aufbrausend war; ob er eingebildet war oder seiner Familie nahe stand. Er hatte nie mit ihm zusammengearbeitet oder sich mit ihm gestritten oder ihn über irgendetwas von Bedeutung reden gehört. Thorne wusste nur, dass er naiv war und vor Eifer brannte. Dass er geradezu lachhaft jung war. Weil er ihn nicht kannte, war Jason Mackillop in seinen Augen weniger real als andere Opfer. Aber es bedeutete nicht, dass der Riesenbatzen schmutzige Schuld, der auf die anderen geladen worden war, weniger schwer wog.
»Er hätte nicht allein hineingehen dürfen«, sagte Holland.
Thorne war anzusehen, wie sehr ihm Erschöpfung und Schuldgefühle zu schaffen machten. »Das hilft auch nicht.«
»Das Einzige, woran Andy Stone sich festhalten kann …«
Es war Montagnachmittag. Seitdem Ryan Eales Jason Mackillop umgebracht hatte und geflohen war, waren zwei Tage vergangen. Die Polizei hatte weiter wegen der Obdachlosenmorde in und um das West End ermittelt und sich in einem Zimmer im Lift angesiedelt, um die Aussagen verschiedener Obdachloser aufzunehmen, unter anderem die eines Penners, der unter dem Namen Tom bekannt war.
Thorne und Holland brachten einander aufs Laufende.
»Er muss ziemlich überstürzt aufgebrochen sein«, sagte Holland. »Geld befand sich nicht in der Wohnung, aber ansonsten hat er so gut wie alles zurückgelassen.«
Sie saßen in einem stickigen abgetrennten Bereich innerhalb eines Großraumbüros: ein kleines Sofa, ein Stuhl und ein Schreibtisch, auf dem ein versiffter Computer und mehrere Aktenordner standen. Hinter der Milchglasscheibe eines schmalen Fensters war der Tag grau. Thorne griff nach den Unterlagen, die ihm gereicht wurden. »Ihm war klar, nach dem, was er getan hatte, spielte es keine Rolle mehr, wenn uns seine Sachen in die Hände fallen. Und es sieht nicht so aus, als ob wir darin einen Namen finden, oder?«
Holland schob noch mehr Unterlagen herüber: Fotokopien von Dokumenten, die bei der Durchsuchung von Eales’ Wohnung gefunden worden waren. Alles deutete darauf hin, dass Eales, obwohl er die drei anderen Leute aus seiner Panzercrew sowie Radio Bob und Terry T. umgebracht hatte, letztlich mit jemandem zusammenarbeitete. Oder, besser gesagt, für jemanden arbeitete …
Für den Mann hinter der Kamera.
Thorne war binnen Stunden nach dem Eindringen in Eales’ Wohnung darüber informiert worden, aber nun konnte er selbst zum ersten Mal einen Blick auf die Beweise werfen. Er überflog die Bankauszüge und Kreditkartenunterlagen, während Holland redete.
»Ein halbes Dutzend Konten auf vier verschiedenen Namen, und es gelang ihm, sie alle bis auf eins zu leeren, bevor er verschwand. Nach Jagos Tod und Hadinghams › Selbstmord ‹ gingen auf das eine oder andere dieser Konten größere Zahlungen ein. Geld nach jedem Mord.«
»Alles bar?«
»Alles bar. Woher die Überweisung kommt, ist leider nicht nachvollziehbar. Er wurde gut bezahlt für das, was er tat.«
»Er war gut darin«, sagte Thorne.
Holland kramte ein weiteres Blatt aus seiner Aktentasche und hielt es ihm hin. »Und sehr gut darin, sich nicht erwischen zu lassen …«
»Ich wollte Ihnen davon erzählen«, sagte Holland. »Als dann
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