Topchter der Köingin Tess 1
erwiderte er. »Schoh, Tess. Wenn du ein paar Ideen hören möchtest, ich hätte welche.«
Ich biss von der Frucht ab und hätte das Stück beinahe wieder ausgespuckt, als ich feststellte, dass sie entsetzlich sauer war.
Ich schluckte, suchte nach dem Honigtopf und fand keinen. »Ich habe doch gerade gesagt, dass ich erst hören will, was Garrett zu verkünden hat. Wir könnten natürlich auch tun, was Thadd für das Beste hält, nämlich das Haupttor erstürmen und nach drei Schritten von Schwertern durchbohrt tot umfallen. Aber so etwas habe ich schon gesehen«, sagte ich, und mir war auf einmal kalt. »Solche Szenen möchte ich vermeiden, wenn ich kann.«
Duncan blickte finster drein, und sein Haar war platt an den Kopf gedrückt, wo den ganzen Nachmittag lang sein Hut gesessen hatte. »Du kriegst mich da nicht rein ohne einen Plan, wie wir wieder hinauskommen.«
»Du bleibst sowieso draußen«, sagte ich und legte die Frucht auf dem Tellerrand ab.
Sein Kiefer spannte sich. »Den Teufel werde ich tun!«
Auf der Straße war das Getrappel kleiner Hufe zu hören, und ich vermutete, dass Thadd und Heather den Wagen bereit hatten. Ein Schauer der Aufregung überlief mich, als Heather zur Haustür hereinplatzte. Sie ging schnurstracks zu einer Truhe, die im Flur an der Wand stand, kramte darin herum und holte zwei Schultertücher und einen gelben Hut hervor, der zu meinem Kleid passte. »Lasst einfach alles auf dem Tisch stehen«, sagte sie, als sie eilig das Esszimmer betrat. »Hier, Tess. Ich habe ein warmes Tuch für dich. Später wird es sicher kalt. Die Leute sind schon unterwegs. Wenn wir nicht sofort aufbrechen, kommen wir nicht mehr nahe genug heran, um etwas zu hören.«
»Gut«, nuschelte ich mit vollem Mund, stand auf und wischte Krümel von meinem Kleid. Schohgruben, ich hatte es jetzt schon schmutzig gemacht. Aber zumindest trug ich endlich wieder Strümpfe.
»Thadd?«, sprach Duncan den gedrungenen Mann an, der ungeduldig in der Tür stehen geblieben war. »Du schuldest mir ein Kupferstück. Sie hat keinen Plan.«
Ich stieß einen Laut der Empörung aus und fuhr herum. »Ich habe dir doch eben erklärt, dass ich keinen sinnvollen Plan machen kann, bis ich weiß, was Garrett im Schilde führt!«
Ich winkte ab, als Heather versuchte, mir ihr bestes Tuch um die Schultern zu legen. Sie wich meiner Abwehr mit dem Geschick jahrelanger Übung aus, schoss von vorn wieder heran und befestigte das Schultertuch mit einer Brosche. Ich warf einen Blick in den Spiegel über dem Kamin und strich über meinen Haarknoten. Mein blaues Auge sah schreckenerregend aus, und ich war noch dünner geworden. Doch die Aufregung belebte mich, und ich überprüfte schnell meine Pfeile. Das Gefühl glich jenem, das ich so genoss, wenn ich ein Spiel zu Ende brachte und meine Figuren so setzte, dass mein Gegner nur noch verlieren konnte. Es machte süchtig, dieses Gefühl. Ich fragte mich, ob ich mich vergiften sollte, um meine Fähigkeiten zu steigern, und entschied mich dann dagegen.
Duncan stellte sich hinter mich, während ich mich noch im Spiegel musterte. Im Zimmer war es dunkel geworden, weil wir uns nicht die Mühe gemacht hatten, Kerzen anzuzünden. »Ich gehe mit dir in den Palast, Tess«, raunte er mit tiefer, drohender Stimme. »Du kannst mich nicht daran hindern.«
Angst durchfuhr mich. Ich erinnerte mich daran, wie er mich am Nachmittag angeschrien und mit nichts als seiner Stimme rücklings an diesen Baum getrieben hatte. Im Spiegel begegnete ich seinem Blick. Sein stoppeliges Kinn war entschlossen gereckt; die Schatten ließen ihn unheimlich wirken. Mein Herz begann zu rasen.
Thadd trat in der Tür von einem Fuß auf den anderen, die großen Hände ineinander verschlungen. »Wir wollen alle helfen, Tess. Sag uns, was wir tun sollen«, erklärte er langsam.
Er hatte mich gerade zum ersten Mal mit meinem Namen angesprochen, und mir war bisher nicht bewusst gewesen, wie sehr sein Misstrauen mir zu schaffen gemacht hatte. Ich drehte mich mit einem flauen Gefühl im Magen zu den beiden um. Ich konnte sie nicht bitten, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Was, wenn ihnen etwas zustieße? »Ich gehe allein dort hinein«, sagte ich, und Duncan schnaubte ärgerlich und wandte sich halb ab. »Ich werde erst Kavenlow und dann die Palastgarde befreien. Wenn Garrett unsere Wachen nicht verlegt hat, sind sie in den Zellen unter ihrem Quartier. Während sie den Palast zurückerobern, suche ich Contessa und schütze sie, bis
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