Topchter der Köingin Tess 1
ließ er mich los. Thadd sah aus, als würde er gleich in Ohnmacht fallen vor lauter Anstrengung, nicht auf der Stelle das Gerüst zu erstürmen. Garrett bellte dem Wächter einen weiteren Befehl zu, trat an ihm vorbei nach vorn, blickte auf die Menge herab und hob die Hände.
»Wo sind der König und die Königin?«, schrie jemand, und mehrere andere nahmen den Ruf auf.
Garrett reckte die Hände noch höher. Von meinem Platz in dem Ponywagen aus konnte ich sein angenehmes, beruhigendes Lächeln sehen – und hassen. »Ich habe Antworten für euch«, sagte er, senkte die Arme, und die Menge wurde still. »Wie ihr guten Leute dieser Hafenstadt richtig vermutet, bin ich Prinz Garrett von Misdev. Ich bin in der Absicht hergekommen, um die Hand eurer Prinzessin anzuhalten und eine Ära der Freundschaft und des Handels zwischen eurem Königreich und dem meines Vaters einzuleiten.«
»Wo ist die Prinzessin?«, rief jemand, und wieder wurde die Frage laut wiederholt.
Völlig ungerührt wandte Garrett sich in Richtung der ersten Stimme. »Sie steht sicher und wohlbehalten neben mir.«
»Schaff deine Hure weg«, brüllte eine andere Stimme. »Prinzessin Contessa kauft bei mir ein.«
Die Menge wurde laut und übertönte Garretts Worte. Mein Herz hämmerte, und ich fragte mich, ob die Leute in Richtung Bühne stürmen und damit einen Kampf erzwingen würden, den sie nicht gewinnen konnten. Die im Halbkreis um das Gerüst herum postierten Wachen machten sich bereit, und die zornige Menge hielt sich gerade so außerhalb ihrer Reichweite.
»Man hat euch betrogen! Die Frau, die ihr Prinzessin nennt, ist gar keine!«, brüllte Garrett über den Lärm hinweg. »Sie war ein Wechselbalg, hier auf diesen Straßen gekauft, um die Attentäter zu täuschen, damit die wahre Prinzessin fernab der Stadt in Sicherheit aufwachsen konnte.«
Die Leute ganz vorn schwiegen entsetzt. Ein Raunen erhob sich, als Garretts Worte durch die Menge verbreitet wurden. Ich hörte: »Er lügt. Der Misdever Hund hat sie alle umgebracht!«, und Garrett sprach hastig weiter, ehe er die Kontrolle über die Menge verlor.
»Ich wusste auch nichts davon«, sagte er und legte einen verletzten Ton betrogener Unschuld in seine Stimme. »Man hat mich ebenso getäuscht wie euch. Doch eure wahre Prinzessin ist zurückgekehrt, aus dem Exil nach Hause geholt von eurem Kanzler und dem Hauptmann meiner Garde, als erster Beweis unserer Solidarität.« Jeck trat vor, berührte grüßend den Hut und trat wieder zurück.
Die Stimmen der Menge wurden lauter.
»Euer eigener Kanzler kann bestätigen, dass diese Frau die wahre Prinzessin und rechtmäßige Thronfolgerin von Costenopolis ist«, fuhr Garrett fort.
Es schnürte mir die Kehle zu, als Garrett Kavenlow einen Wink gab. Er trat vor, zu stolz, um sich anmerken zu lassen, dass er gefesselt war. Sein Blick schweifte über die Menge. Ich versuchte ihn einzufangen und hätte beinahe aufgeschrien, als unsere Blicke sich trafen und er sich zwang, sofort wieder wegzuschauen. Er hat mich gesehen, dachte ich. Ich kämpfte mit den Tränen und ballte die Fäuste. Verflucht soll Garrett sein. Verflucht soll er sein für das, was er getan hat.
»Die Frau, die hier neben mir steht«, sagte Kavenlow, dessen volltönende Stimme die Menge zum Schweigen brachte, »ist die Erbin des Throns von Costenopolis. Auf Anweisung der Königin brachte ich sie als kleines Mädchen von drei Monaten fern der Hauptstadt in Sicherheit, und in ihrem zwanzigsten Jahr holte ich sie wieder heim.«
Das gefiel der Menge nicht. »Wo sind der König und die Königin?«, rief jemand. Die Frage wurde von vielen weiteren Stimmen aufgenommen, bis Garrett erneut die Hände hob. Es wurde still. Langsam ließ er die Hände sinken.
»Eure falsche Prinzessin hat sie ermordet«, sagte Garrett.
Ich schnappte nach Luft und drehte mich zu Duncan um. Sein langes Gesicht spiegelte mein eigenes Entsetzen. Die Menge brüllte vor Zorn, und ich duckte mich und zog den Kopf ein. Es fühlte sich an, als würde ich geschlagen. Ich bekam keine Luft. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
»Sie hat sie getötet«, schrie Garrett. Die Menge versuchte ihm zuzuhören, konnte sich aber vor Empörung gar nicht mehr beruhigen. »Sie hat sie getötet, als sie ihr sagten, dass sie nicht die echte Prinzessin ist. Sie hat sie ermordet und dann versucht, auch mich zu ermorden, weil ich die Wahrheit kannte. Sie ließ mich liegen in dem Glauben, ich sei tot, und machte sich auf
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