Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
deshalb drehen würden, weil jemand es von ihnen so verlangte. Niemand schien sich auch nur im Geringsten für meine Erklärungen oder für die von mir gezeigten Dinge zu interessieren.
Zum Mittagessen begleitete ich sie in meinen bevorzugten Weinkeller. Sie verzehrten ihre Mahlzeit in vollkommenem Schweigen. Ich saß neben Miss Goldberg, die wissen wollte, welches Menü ich für das Mittagessen am nächsten Tag in Montalcino bestellt hatte. Ich sagte, da sie im Allgemeinen in eher Nouvelle-Cuisine-Restaurants äßen, hätte ich zur Abwechslung an eine typisch toskanische Mahlzeit gedacht – bruschetta, Bohnensuppe, verschiedenes Fleisch vom Grill und Gemüse und zum Schluss ein paar in Vin Santo zu tunkende Cantuccini. Sie schaute mich entsetzt an und befahl mir, das Menü sofort zu ändern: die » bruschella « sei nichts für ihre Gäste, die Bohnensuppe müsse durch eine Pilzsuppe ersetzt werden, und anstelle von Fleisch vom Grill sollte ich Kaninchen zubereiten lassen. Außerdem hätte ich dafür zu sorgen, dass Hauswein ausgeschenkt werde, denn Brunello sei viel zu teuer. Und dabei ist Montalcino die Heimat dieses hervorragenden Weins!
Während sie sprach, bemerkte ich, dass ihre plumpen Wangen ein noch intensiveres Rosa angenommen hatten. War es der Fußmarsch, oder hatte ich sie bereits besser kennen gelernt und machte ihr unangenehmer Charakter sie in meinen Augen noch weniger anziehend? Um jede Auseinandersetzung mit ihr zu vermeiden, rief ich das Restaurant in Montalcino an und gab die neuen Anweisungen weiter. Trotz der allgemeinen Gleichgültigkeit begleitete ich die Gruppe nach dem Essen in ein privates contrada -Museum. Danach begann der Rückmarsch zum Bus.
Schon nach wenigen hundert Metern waren ein paar Gäste zu müde, um weiterzugehen, und zwangen mich, Taxis kommen zu lassen. Ohne Kommentar tat ich, was man von mir verlangte, aber ich vermute, dass mein Gesichtsausdruck in diesem Moment aussagekräftiger war als Worte. Als wir endlich alle beim Bus angekommen waren, schob ich meine Enttäuschung beiseite, verabschiedete mich lächelnd und wünschte ihnen alles Gute, bis wir uns am nächsten Tag wieder sehen würden.
Am nächsten Morgen war ich gegen acht Uhr im Hotel und ließ mir von Nando berichten, was beim Essen am Abend zuvor geschehen war.
Das vereinbarte Programm missachtend, hatte die Gruppe Siena sehr spät verlassen. Weil das von Miss Goldberg gewählte Restaurant südlich von Montalcino liegt, dauerte die Fahrt eine Ewigkeit. Bis die Gruppe dort angekommen war, gegessen hatte und ins Hotel zurückgekehrt war, war es gut zwei Uhr morgens. Ich lachte. Alles war genau so eingetreten, wie ich es vorausgesagt hatte. Nando schaut mich verblüfft an, als ich ihm sagte, dass wir heute erneut nach Montalcino fahren würden. »Wenn sie unbedingt in das betreffende Restaurant gehen wollten«, sagte er in seinem Römer Dialekt, »wären sie dann nicht besser heute zum Mittagessen dahin gegangen, statt gestern Abend diese lange Fahrt auf sich zu nehmen?« Ich pflichtete ihm bei, dass das logischer gewesen wäre, aber was hatte die Logik mit Miss Goldberg zu tun?
Einmal mehr waren alle Gäste eine Dreiviertelstunde zu spät im Bus, aber nach ihrem Pech gestern Abend konnte man nichts anderes erwarten.
Sobald wir Siena hinter uns gelassen hatten und uns auf einer verlassenen Nebenstraße befanden, wurde der erste Wunsch des Tages geäußert. Jemand musste dringend zur Apotheke. Weil wir vor Montalcino keine antreffen würden, mussten wir umkehren und nach Siena zurückfahren. Hier kaufte die geplagte Kundin Tabletten gegen Reisekrankheit.
Wir machten uns erneut auf den Weg und waren bald auf der Panoramastraße, die durch die beeindruckenden Hügel der Crete Senesi führt. Auf der Fahrt lieferte ich ausführliche Informationen über das Tagesprogramm und den geschichtlichen Hintergrund unseres ersten Ziels, ohne dass jemand auch nur ansatzweise zugehört hätte. Als wir in Monte Oliveto angekommen waren, stiegen wir aus dem Bus und gingen über die Hängebrücke und durch das Bogentor mit den beiden schönen Figuren von Della Robbia. Während ich die Gruppe darauf aufmerksam machte, sah ich, dass die meisten weit mehr an einem Schild interessiert waren, das die Richtung zu den Toiletten anzeigte. Nach einer endlos scheinenden Pause für diesen wichtigen Besuch wanderten wir die steile, zypressenbestandene Straße zum Kloster hinunter. Hier begleitete ich die Gruppe zu den Fresken von
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