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Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Flipo
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die den Umschlag in die Académie Française gebracht und damit die Auseinandersetzung ausgelöst hatte. Ein Absatz erinnerte daran, dass Pascal Mesneux, der dieses Dokument noch vor ihr dort hatte hinterlegen wollen, umgebracht worden war. Würde die Kommissarin besser davonkommen? Die Ärzte konnten noch nicht sagen, wie ihre Überlebenschancen standen.
    Weil man nicht genügend Material gefunden hatte, um die drei Spalten unter der Überschrift zu füllen, hatte man ein Foto hinzugefügt, das dem gestrigen Nachrichtenbeitrag entnommen war, als Lieutenant Augustin Monot vor den Kameras das Gedicht rezitierte. Endlich begriff Viviane, warum ihre Männer seit heute Morgen so verlegen waren. Keiner war bereit gewesen, sich aufzuopfern und ihr davon zu erzählen.
    » Jetzt erklären Sie’s mir, Monot. Erklären Sie mir, dass Sie nichts damit zu tun haben.«
    Sie hoffte inständig, Monot möge nichts damit zu tun haben.
    » Ich habe eine Freundin, die bei 20 minutes arbeitet, ich war gestern mit ihr verabredet. Aber da Sie nicht da waren, um das Fernsehteam zu empfangen, habe ich dieser Freundin abgesagt. Ich habe ihr erklärt, dass ich Sie vertreten muss, weil Sie Opfer eines Vergiftungsanschlags geworden sind. Ich zog es vor, keine Details auszuplaudern, um nicht indiskret zu sein. Sie fragte mich, wie ernst es sei. Um nicht genauer werden zu müssen, habe ich geantwortet, dass man darüber noch nichts sagen könne. Die Redaktion hat meine Ausführungen falsch ausgelegt. So einfach ist das.«
    Betrübt sah sie ihren Assistenten an: Ein Typ, der solche Katastrophen auslösen konnte und dabei alles so einfach fand, der würde ihr fehlen. An wem würde sie sich dann abreagieren können?
    Er war traurig, das arme Mäuschen, er schien zu überlegen, wie er sich entschuldigen könnte. Noch besser war, dass ihm tatsächlich etwas einfiel: » Jetzt hätte ich beinahe das Wichtigste vergessen! Mir ist es gelungen nachzuvollziehen, was Mesneux am Tag seines Todes gemacht hat: Er war in jedem Bistro, das hinter dem McDonald’s liegt, in jedem zwischen der Rue Boétie und Les Halles, immer an der Rue du Faubourg-Saint-Honoré entlang, und er ist nicht unbemerkt geblieben. Anfangs blieb er noch auf diesem Weg, ich habe die Namen, das Charlie Birdy, die Brasserie Boétie, das Griffon…«
    » Ich will von Ihnen keine Bestandsaufnahme der Bars, Monot, ich will von Ihnen wissen, was er dort gemacht, was er gesagt hat.«
    » Was er gemacht hat? Was man eben so macht in einer Bar, er hat gezecht. Blanc gommé, wenn es welchen gab, sonst Muscadet. Jedes Mal, wenn er reinkam, rief er: ›Heute wird Victor Hugo in die Académie Française aufgenommen!‹, das hat ihn zum Lachen gebracht. Er wollte die Kunden dazu einladen, das mit ihm zu feiern, aber die waren davon nicht sehr begeistert, ist nicht so üblich in dem Viertel. Jedenfalls schien er eine Menge Schotter zu haben. Von seinem Weg ist er nur abgewichen, wenn nicht genügend Bars da waren: Ich habe noch das Musset in der Rue de l’Échelle, die Rotonde des Tuileries in der Rue des Pyramides…« Monot stockte kurz und merkte, dass er im Begriff war, vom Thema abzukommen. » Das alles, um zu sagen, dass er immer betrunkener wurde. Er lallte, wenn er seinen Witz von der Aufnahme in die Académie erzählte, er brüllte die Kunden an, die nicht mit ihm anstoßen wollten, er wurde aufbrausend und beteuerte, man solle ihn nicht für einen armen Schlucker halten. Man hat ihn mehrmals vor die Tür gesetzt. Gegen Mittag hat man ihn in verschiedenen Bistros in der Nähe von Les Halles gesehen. Danach nichts mehr.«
    Viviane nickte. » Da haben Sie gute Polizeiarbeit geleistet, Monot. Nicht zu verkopft, viele Fakten. Das wird Ihr letzter Job bei der Kripo gewesen sein. Es ist gut, Sie werden uns in guter Erinnerung bleiben.«
    Das Telefon klingelte. Es war noch einmal der Allmächtige. Die Kommissarin schickte Monot mit einer Handbewegung hinaus.
    » So, meine kleine Viviane, das ist verdrießlich für Sie, die Sie keine Öffentlichkeit mögen. Gerade habe ich mit dem Büro des Premierministers gesprochen.«
    Was der Allmächtige Viviane gerade erklärte, war in der Tat verdrießlich: Der Premierminister sei über den Artikel in 20 minutes informiert worden. Er habe sich sogar heute Morgen darauf berufen, als er, bei einer Fahrt nach Lyon, vor dem neuen Jahrgang der Polizeischule in Saint-Cyr-au-Mont-d’Or eine Rede über die Schönheit und die Gefahren des Berufs gehalten habe. Er habe

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