Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
erkläre sofort, dass wir sonst ein richtig tolles Team hätten, und beginne gleich von Markus zu schwärmen, den ich unbedingt auch Ulrike mal vorstellen müsste, und außerdem arbeite ja auch noch die Berliner Polizei an dem Fall. Nachdem ich das gesagt habe, ärgere ich mich, dass ich mich vor meiner Schwester rechtfertige.
Wieder geht die Tür auf, und völlig überraschend erscheint Manni Kreutzer mit Gitarre unter dem Arm in meinem Büro.
Erika, die heute im Sekretariat sitzt, taucht hinter ihm auf, wedelt mit den Armen und ruft: «Entschuldige, aber ich konnte ihn nicht aufhalten. Ich hab ihm gesagt, dass du keine Zeit hast.»
«Servus, mein Freund, wie gut, dass du da bist», begrüßt mich Manni deutlich dramatischer als sonst und drückt sich ganz fest an mich. Schon der zweite Mensch nach Rike, dem nach einer innigen Umarmung mit mir zumute ist.
«Das ist, äh, Manni», stelle ich ihn meiner Mutter und Ulrike vor, die ihm beide etwas verdutzt zunicken. Manni ignoriert beide und hat nur Augen für mich.
Er kämpft erkennbar mit den Tränen. Was ist denn los?
«Gut, dass du da bist, mein Freund. Isch bin fix und alle. Mir schlottere die Knie vor Emotionalismus. Mein Herz tut zerbresche, und isch bin uffgeweischt von ganz tief inne drin. Ich hab endlisch Worte für mei Drama gefunne. Endlisch konnt isch das alles kanalisationiere.»
Wieder umarmt er mich. «Isch hab’s ebe in einen Song ringepackt. Da kann isch das am beste ausdrücke, wo misch bewegt. Pass acht, isch sing’s dir mal vor.»
«Stopp, nein, Manni, warte, das passt jetzt …»
Doch da hat er schon den ersten Akkord gespielt, und es gibt kein Zurück mehr:
Isch guck noch einmal zurück,
doch isch knall net die Tür,
denn ein Cowboy wie mir trinkt vorher noch ein Bier,
bevor er weiterzieht
mit dem Wind, der wo ein Liedsche von Freiheit singt.
Isch denk noch einmal zurück, wie du
mei Wäsch gewäscht,
du hast mei Süppsche gekocht und mei Bettsche gemächt.
Doch das ist over now,
es heißt bye-bye …
Sauerei.
Isch bin ein
loooonesamer Wolf, du lässt misch allein
mit ner Bottle of Wein,
spiel isch lonesomer Wolf
wie ein Cowboy im Mondschein Minigolf.
Lonesomer Wolf,
isch guck nur nach vorn, doch isch hab disch verlorn.
Lonesamer Wolf,
doch du hast misch damals,
misch lonesamen Wolf
mit Hebammen-Mary in der Prärie
geborn.
Du hast den Papa aach schon
vom Hof gejagt
und mit eiskaltem Herz
ihn net einmal gefragt,
er musste weiterziehn
mit dem Wind, der seine Fahne nach Texas bringt.
Hast mir das Brüstsche gegebe
und das Höfsche gefecht.
Hast die Fische geköppt
und ein Lämmsche erlecht,
doch das ist over now,
es heißt bye-bye …
Sauerei.
Isch bin ein looooonesamer Wolf …
Manni stehen vor Rührung die Tränen in den Augen. Sein eigenes Werk hat ihn sichtlich ergriffen. Breitbeinig stand er gerade vor uns, schloss melancholisch bis pathetisch die Augen und sang ungeachtet der Anwesenheit meiner Mutter und meiner Schwester, die beide zu Salzsäulen erstarrt sind, voll Inbrunst, Herzblut und schmierigem Bariton vom «Lonesamen Wolf». Nun ist er fertig und wischt sich die Stirn.
«Puuuh, das Ding geht mir noch zu sehr unner die Haut. Weißte, das ist alles noch so nah. Da sitzt der Stachel noch zu tief. Das ist ein bisschen so, wie der Grönemeyer damals von seiner Frau gesunge hat, die wo gestorbe ist …»
«Sagen Sie mal, geht’s noch?!»
Ulrike hat sich aus ihrer Erstarrung gelöst. «Haben Sie noch alle Tassen im Schrank???»
Mit irritierten Blicken sucht der aufgewühlte Barde bei mir Schutz.
«Gibt’s hier denn nur Bekloppte?», kommentiert meine Mutter resigniert das Geschehen und lässt sich auf einen Stuhl fallen.
«Wie, was, wieso? Was sind das dann hier plötzlisch für negative Weibbräischens?»
Ulrike geht mit hochrotem Kopf einen Schritt auf Manni zu.
«Sie besitzen tatsächlich die Dreistigkeit, hier bei der Polizei aufzukreuzen, die gerade fieberhaft nach unserem Vater suchen muss, und singen ein Liedchen über Ihre Mutti?»
«Ja, klar», antwortet Manni, der die Welt nicht mehr versteht.
Dazu muss man wissen: Manni ist vor zwei Monaten mit 59 Jahren von seiner 83 -jährigen Mutter vor die Tür gesetzt worden. Seit fast dreißig Jahren hat er bei ihr in Schotten-Rainrod in einer Einliegerwohnung, die er «Ranch» nennt, als ewiger Junggeselle gelebt. Nun braucht die Mutter Pflege und hält für diese Aufgabe ihren Sohn vernünftigerweise
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