Tote Kehren Nicht Zurück
Beine in die Hand nehmen und aus dem Garten flüchten, so schnell er kann, bevor der Hausherr ihn sieht. Oder ihn niederschlagen und dann flüchten. Bestimmt jedenfalls würde er nicht lange genug bleiben, um ihm wiederholt auf den Kopf zu schlagen.« Draußen bewegte sich jemand. Die beiden Männer verließen wortlos das Zelt, um den Leichenbestattern Platz zu machen, die den toten Andrew Penhallow mit so viel Würde, wie angesichts der Umstände möglich war, vom Boden seines eigenen Gartens aufhoben. Markby und Pearce beobachteten schweigend die Arbeit, bis Markby schließlich leise sagte:
»Ich kannte ihn flüchtig. Das heißt, wir waren zusammen auf der Schule.« Pearces Gesicht verriet Betroffenheit.
»Oh, das tut mir Leid, Sir. Ich wusste nicht, dass Sie mit ihm befreundet waren. Es muss schlimm sein für Sie.«
»›Freund‹ würde ich nicht sagen«, entgegnete Markby, der es mit dem Begriff recht genau nahm. Er mochte es nicht, wenn die Leute alle und jeden als Freunde bezeichneten, wenn sie in Wirklichkeit
»Bekannte« oder
»Kollegen« meinten.
»Freund« signalisierte einen Grad von Vertrautheit, der in Wirklichkeit nicht existierte und leicht zu falschen Annahmen verleiten konnte, genau wie kurze Zeit vorher Pearces voreilige Aussage, dass Penhallow verblutet war, bevor das Ergebnis der Autopsie vorlag.
»Er war kein Freund, nein – ich kannte ihn einfach nur, und das seit sehr langer Zeit. Wir standen uns nie besonders nahe. Ich habe mich am Rande für seine Karriere interessiert, wie das eben so ist, wenn man von jemandem hört, den man als pickliger Teenager gekannt hat. Er war ein sehr kluger Junge, so viel steht fest.« Markbys Gedanken eilten in die Vergangenheit und beschworen ein verschwommenes Bild eines dicklichen Jungen mit Brille herauf.
»Er war nicht gut in Sport oder bei Spielen.« Das hatte er auch Meredith gesagt. Eigenartig, wie solche Dinge im Gedächtnis haften blieben.
»Ein Streber, wie? Was hat er denn gemacht, beruflich, meine ich?«
»Er war eine anerkannte Kapazität auf dem Gebiet des internationalen Rechts. Er hat in Brüssel gearbeitet, bei der Europäischen Kommission. Er ist viel hin und her gereist. Ich vermute, ihm blieb nicht viel Zeit für ein gesellschaftliches Leben in seiner Heimat.« Auch diese Worte weckten eine vertraute, quälende Erinnerung.
»Er war zwar nicht gut im Sport, aber er hat nie aufgegeben«, sinnierte Markby.
»Eine Schande, wirklich. Sport ist immer ganz wichtig für die Beliebtheit in einer Klasse. Ich glaube nicht, dass Penhallow viele Freunde hatte, schon damals in der Schule nicht. Doch er wurde toleriert, schätze ich. Niemand hat ihn mehr schikaniert als andere oder ihm das Leben schwer gemacht. Ich war nicht überrascht, als ich erfuhr, dass er Jurist wurde. Er war schon als Junge ein pedantischer Typ. Er mag vielleicht nicht besonders sportlich gewesen sein, doch er kannte sämtliche Regeln auswendig, selbst die unverständlichsten. Unsere Schule damals hat viele Juristen und Pfarrer hervorgebracht.« Insgeheim war Pearce der Meinung, dass das Leben in Brüssel wahrscheinlich viel aufregender gewesen war als das Nachtleben in Bamford. Und wenn ein Junge von seiner Schule es geschafft hätte, entweder Jurist oder Pfarrer zu werden, hätte es in der Lokalzeitung eine Schlagzeile gegeben. Der Superintendent berichtete weiter:
»In den letzten Jahren sind wir uns nicht oft über den Weg gelaufen. Wie ich schon sagte, er war viel im Ausland. Wir sind uns gelegentlich begegnet, weil ich noch immer in Bamford wohne, und Bamford ist eine kleine Stadt. Meredith, ich meine Mrs Mitchell, ist mit Carla Penhallow bekannt, Andrew Penhallows Frau. Carla ist eine recht berühmte Persönlichkeit. Vielleicht haben Sie sie schon im Fernsehen gesehen. Sie ist von Haus aus Chemikerin, doch sie macht populärwissenschaftliche Sendungen, und sie hat eine Reihe von Sachbüchern geschrieben.« Verlegen erkundigte sich Pearce:
»Ich vermute, Sie wissen, ob Mrs Penhallow schon früher unter Migräneanfällen gelitten hat?« Es war eine absolut berechtigte Frage, der die Polizei mit Sicherheit nachgehen würde. Doch Markby kannte die Antwort bereits.
»Ich habe gehört, dass Carla häufig unter Migräneanfällen leidet. Meredith hat es mir gegenüber erwähnt; sie sagte, sie hätte in einem Frauenmagazin über Carla Penhallows gesundheitliche Probleme gelesen. Sie könnten sich bei ihrem Hausarzt erkundigen. Haben Sie schon mit Mrs
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