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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Schweiß brach mir aus und ich zog die Decke bis ans Kinn. Ich hoffte, er würde zu betrunken sein, um mich anzufassen. Doch im nächsten Moment raschelte Stoff, ein Luftzug drang unter die Decke, dann lag eine Hand auf meiner Hüfte. Vor Schreck schnappte ich nach Luft und legte die Arme schützend vor meine Brüste.
    Danilos Hand schob mein Leinenhemd nach oben. Plötzlich spürte ich warme Haut an meiner kalten. Ein Bein an meinem Bein, Haarflaum. Immer noch hatte ich die Arme vor der Brust verschränkt und Danilos Gewicht nahm mir die Luft und drückte meine Unterarme gegen meinen Leib, aber ich wäre in diesem Augenblick lieber gestorben, als meinen Schutzschild aufzugeben. Schlimm genug, dass ich mich schämte und Angst hatte. Schlimm genug, dass ich verwirrt war und mein Herz vor Schreck einen Schlag aussetzte. Doch das Schlimmste war das alles nicht.
    Nevena musste verrückt gewesen sein. Meine Mutter hatte Recht gehabt: Es war eine Strafe. Es tat weh – selbst nachdem Danilo sich von mir weggedreht hatte und eingeschlafen war, spürte ich noch das Brennen. Ich schluckte die Tränen herunter und rückte so weit zum Rand des Bettes wie möglich. Stell dich nicht so an, hörte ich die bittere Stimme meiner Mutter sagen. Das ist das Los von uns Frauen. So geschieht es jeder.

Blut und Weißdorn
     

    I
n der ersten Nacht, die ich im Ehebett verbrachte, träumte ich von Bela. Ich sah sie verschwommen wie unter Wasser und als ich meine Arme hob, um ihr zuzuwinken, war es so mühselig, als würde ich versuchen, durch Honig zu rudern. Belas Haar wallte um ihren Kopf, Luftblasen perlten aus ihrem Mund und ihr Blick suchte mich, ohne mich zu finden. Rette mich! , schrie ich, doch meine Schwester schwebte und schwamm und drehte sich, ohne zu mir zu gelangen. Ihr weißer Körper schimmerte wie gläsern durch den aufgewirbelten Schlamm. Meine Augenlider öffneten sich nur mühsam, als ich endlich aus dem Wasser auftauchte und frische Nachtluft atmete. Schatten umgaben mich – und da war meine Schwester! Vor Erleichterung hätte ich am liebsten geweint.
    „Bela“, murmelte ich und streckte die Hand nach ihr aus.
    Es gibt Augenblicke im Leben, die lassen das Herz stillstehen und das Blut kalt werden. Heute weiß ich, es ist der Kuss des Todes, der uns in jenen Sekunden streift und uns alle Wärme nimmt. Das fremde Gesicht, in das ich damals blickte, war von der eisigen Schönheit des Todes und von der Hässlichkeit eines Leidens, tiefer und schmerzhafter, als ein Lebender es ertragen könnte. Ich sah erloschene Augen und totenfahle Haut. Ich sah schwarze Zähne. Und Lippen, die kaum mehr vorhanden waren. Ich roch Taubenfedern und Regen und sah, wie die Gestalt nach meiner ausgestreckten Hand griff.
    Der Schrei stieg ganz von selbst in meiner Brust auf und wurde zu einem Gurgeln. Das Entsetzen lähmte mich und spielte meinem Verstand Streiche. Dann begriff ich, dass ich keuchend im Bett saß, den Rücken an die hölzerne Bettwand gepresst, und in das leere Zimmer starrte. Ich hatte nicht geschrien, nur gewimmert. Ein verblassender Morgenmond war hinter den Wolken hervorgekommen und zeigte mir mein Hochzeitskleid, das über der Truhe lag. Die geweißelte Wand dahinter hatte Flecken, in denen ich die Fratze des Nachtmahrs erkannte. Hatte ich also mit offenen Augen geträumt? Warum fühlte ich mich dann immer noch, als würde ich beobachtet?
    Ich hätte Danio wecken können. Doch er hatte mir den Rücken zugedreht und atmete tief und traumverloren. Zehn, vielleicht auch zwanzig Atemzüge verharrte ich so, bis ich langsam ruhiger wurde. Der Schrecken wich, stattdessen kehrte das Begreifen mit jäher Wucht zurück. Die vergangenen Tage zogen an mir vorbei, die Ankunft bei den Türmen, die überstürzte Hochzeit. Und das, was danach geschehen war – und auch heute Nacht wieder geschehen würde.
    Auf meine Kehle legte sich ein Druck wie von unsichtbaren Händen. Ich schnappte nach Luft und hatte trotzdem das Gefühl zu ersticken. Und plötzlich wusste und dachte ich nur noch eines: Ich muss weg von hier!
    Hastig sprang ich aus dem Bett, streifte mein zerknittertes Unterkleid über den Kopf und warf es zu Boden. Mein fremdes Hochzeitsgewand fasste ich nicht an, stattdessen zerrte ich eines der anderen Kleidungsstücke aus der Truhe. Es war ein graues Kleid, das ich mit dem Gürtel raffte, damit ich auf der Stiege nicht über den Saum stolperte. Dann nahm ich noch mein Holzkreuz von der Wand.
    Die Eingangstür war immer noch

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