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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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können,
während Sie sich das Band anhören.«
    »Ach, das Band. Meiner Mutter wird die Aufnahme
sicher Spaß machen. Und was erwartet mich sonst noch?«
    »Am Anfang steht das Structured Clinical Interview (SCID) - also das
standardisierte klinische Diagnosegespräch - gemäß DSM -3 -R.«
    »Dieses Vorgehen ist mir bekannt. Allerdings
bevorzuge ich DSM-4, das ist die aktuellste Version.«
    »Manchmal lässt Dr. Wesley mich das SCID führen.
Wir können das CT erst machen, wenn das abgehakt ist, und es dauert ziemlich
lange, die vielen Fragen zu beantworten.«
    »Das werde ich mit ihm besprechen, wenn ich ihn
heute sehe. Falls sich die Gelegenheit ergibt, werde ich mich auch nach Lucy
erkundigen. Nein, vielleicht besser nicht. Aber ich hoffe, dass ihr nichts
fehlt, denn sie scheint ihm sehr wichtig zu sein.«
    »Er hat Termine mit anderen Patienten. Doch ich
könnte mir die Zeit nehmen, das SCID mit Ihnen durchzuarbeiten.«
    »Danke, Jackie. Ich erörtere das mit ihm, sobald er
mich anruft. Hat es auf diese faszinierende Studie eigentlich auch negative Reaktionen
gegeben? Und wer finanziert denn das Projekt? Habe ich richtig verstanden, dass
es Ihr Vater ist?«
    »Einige Patienten waren klaustrophobisch, sodass wir
sie nicht untersuchen konnten, nachdem wir so viel Zeit in sie investiert
hatten. Nicht zu fassen«, erzählt Jackie. »Dann war all die Arbeit umsonst: das
SCID, das Gespräch mit den Müttern der Versuchspersonen ...«
    »Vermutlich führen Sie die Gespräche über das
Telefon. In einer kurzen Woche hätten Sie sonst nie so viel zustande gebracht.«
    »Auf diese Weise ist es billiger und weniger
aufwendig. Ein persönliches Treffen erübrigt sich. Die Aussagen, die auf Band
aufgezeichnet werden, werden nach einem feststehenden Katalog abgefragt. Über
die Finanzierung des Projekts darf ich nicht sprechen. Ich kann nur so viel
sagen, dass mein Vater viel für wissenschaftliche Zwecke spendet.«
    »Jetzt zu der neuen Show, die ich gerade plane. Habe
ich schon erwähnt, dass ich mit dem Gedanken spiele, professionelle Berater zu
beschäftigen? Sie sagten doch, dass diese Lucy im Bereich Verbrechensbekämpfung
tätig ist. Ist sie womöglich beim FBI? Sie käme dann vielleicht auch als
Beraterin in Frage, sofern sie nicht gesundheitlich eingeschränkt ist. Wie oft
hat sie ihr Gehirn denn durchleuchten lassen?«
    »Leider muss ich zugeben, dass ich Ihre Sendung kaum
kenne. Wegen meiner Arbeitszeiten kann ich nur spätnachts fernsehen.«
    »Meine Shows werden wiederholt, und zwar vormittags,
mittags und abends.«
    »Eine wissenschaftliche Untersuchung des
Verbrechergehirns und des Verhaltens von Straftätern und dazu Interviews mit
Menschen, die von Berufs wegen Waffen tragen und diese Leute festnehmen. Das
ist wirklich eine gute Idee. Die Zuschauer wären begeistert«, sagt Jackie.
»Sicher wäre das Konzept erfolgreicher als die meisten der Talkshows, die heute
so im Fernsehen laufen. Wenn sie einen gewalttätigen psychopathischen
Sexualmörder vor laufenden Kameras von einem Experten befragen ließen, wäre das
bestimmt toll für Ihre Einschaltquote.«
    »Woraus man wiederum den Schluss ziehen könnte, dass
ein Psychopath, der andere Menschen vergewaltigt, sexuell missbraucht oder
tötet, nicht zwangsläufig gewalttätig sein muss. Ein ausgesprochen originelles
Konzept, Jackie. Außerdem führt es zu der Überlegung, ob beispielsweise nur
soziopathische Sexualmörder außerdem auch gewalttätig sind. Und was müssen wir
uns anhand dieser Hypothese fragen?“
    »Tja ...«
    »Nun, wie wir den triebgesteuerten Sexualmord in
diesem Zusammenhang einordnen. Oder geht es nur um Sprachregelungen? Darum,
wie man eine Sache nennt?«
    »Tja ...«
    »Wie viele von Freuds Werken haben Sie gelesen?
Achten Sie auf Ihre Träume? Sie sollten sich ein Notizbuch neben das Bett legen
und sie aufschreiben.«
    »Natürlich kenne ich Freud aus den Seminaren«,
antwortet Jackie. »Nun, das mit dem Notizbuch und den Träumen vielleicht nicht.
Das wurde an der Uni nicht durchgenommen. Im wirklichen Leben interessiert sich
kein Mensch mehr für Freud.«
    Halb neun Uhr abends in Rom. Möwen segeln kreischend
durch die Dämmerung. Sie sehen aus wie große weiße Fledermäuse.
    In anderen Städten nahe der Küste sind die Möwen nur
tagsüber eine Plage und verschwinden bei Einbruch der Dunkelheit. Jedenfalls
trifft das in Amerika zu, wo Capitano Poma eine beträchtliche Zeit verbracht
hat. Als kleiner Junge ist er mit seinen Eltern

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