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Totenfluss: Thriller (German Edition)

Totenfluss: Thriller (German Edition)

Titel: Totenfluss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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wert. Manchmal stellten sich die besten Ergebnisse ein, wenn man nicht einmal wusste, wonach man suchte.

36
    Archies Armbanduhr war eine Timex. Sie hatte ein Titan-Band mit einem schwarzen Ziffernblatt, das im Dunkeln leuchtete, und einem Schweizer Uhrwerk, was immer das war. Er hatte 14,99 Dollar dafür bezahlt. Archie schaute gerade auf die Uhr, als er den Flur der Intensivstation entlangging, weshalb er seine Exfrau nicht bemerkte, ehe er genau vor ihr stand.
    Sie ließ sich das Haar wachsen. Sie hatte es immer sehr kurz getragen, und jetzt fiel es in Locken bis unter ihre Ohrläppchen. Archie musste sich immer noch daran gewöhnen. Ihre Sommersprossen schimmerten braun im Krankenhauslicht. Seit sie sich endgültig getrennt hatten, sah sie jünger und glücklicher aus.
    »Du bist es«, sagte er einfältig.
    »Du hättest mich anrufen sollen«, sagte sie. »Ich musste es aus den Nachrichten erfahren.«
    Sie hatte recht. Debbie kannte Henry so lange wie er selbst. Henry war jeden Tag für sie da gewesen, als Archie vermisst wurde, und danach während der langen Zeit seines Krankenhausaufenthalts. Er war bei den Geburtstagsfeiern ihrer Kinder gewesen. Sie hatte es verdient, dass sie von ihm erfuhr. »Es tut mir leid«, sagte Archie. Wie oft hatte er das schon zu ihr gesagt? »Ich wollte dich schützen.«
    »Hör auf damit«, sagte Debbie und lächelte freundlich.
    Archie reckte den Hals, um an ihr vorbeizusehen, in das Zimmer, wo Henry dalag wie ein Sarkophag in einer Grabkammer. Claire saß immer noch in dem Stuhl, den sie für sich reklamiert hatte, und las in einem Buch. »Wie geht es ihm?«
    Debbie wandte den Blick ab. »Unverändert.«
    »Wo sind die Kinder?« Wieso kam es ihm wie eine zu persönliche Frage vor?
    »Zu Hause, bei Doug«, sagte Debbie. »Ich kann Claire helfen. Ich habe das alles früher schon erlebt.«
    Früher. Als Archie im künstlichen Koma gelegen hatte. Als sie an seinem Krankenbett gesessen war. Bevor Archie alles gestanden hatte.
    »Ihre Schwester ist da«, sagte Archie.
    »Ihre Schwester ist eine Idiotin«, sagte Debbie.
    »Claire kommt ganz gut mit der Situation zurecht.«
    »Du bist ebenfalls ein Idiot.«
    »Du bist emotional«, sagte Archie.
    »Ja«, sagte Debbie. »So viel dazu.«
    Sie wartete, und beide waren still. Er sah ihr an, dass sie überlegte, wie sie etwas ausdrücken sollte.
    »Einer der Ärzte war da und hat mit Claire geredet«, sagte sie schließlich. »Er sagte, Henry könnte eine zerebrale Hypoxie erlitten haben.« Sie hielt inne. »Sie wird durch Sauerstoffmangel im Gehirn verursacht.«
    Archie musste den Blick kurz abwenden, um nicht zusammenzubrechen. »Was genau bedeutet das?«
    »Oh, da gibt es eine große Auswahl«, sagte Debbie. »Verkürzte Aufmerksamkeitsspanne, Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, mangelndes Urteilsvermögen, unkoordinierte Bewegungen. Eine Genesung ist möglich, in unterschiedlichem Ausmaß. Dann gibt es noch die schwere zerebrale Hypoxie. Der Patient fällt in einen ausgedehnten vegetativen Zustand. Er kann selbstständig atmen. Er kann die Augen öffnen. Er kann schlafen. Aber er reagiert nicht auf seine Umgebung, er weiß nicht, dass du da bist.« Sie sah ihm in die Augen. »Meist sterben sie innerhalb eines Jahres.«
    »Nicht Henry«, sagte Archie.
    Sie drückte seinen Arm. Ihr Mund formte das Wort Nein, aber kein Laut war zu hören.
    Archie hustete. Die Anstrengung schmerzte. Auswurf füllte seinen Rachen und rasselte in seiner Lunge umher. Er hörte sich an, als gehörte er selbst auf eine Intensivstation. Er wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn.
    Debbie legte die Stirn in Falten. »Bist du krank?«
    Archie sah zur Seite. »Nur eine Erkältung.«
    Sie musterte ihn einen Moment lang. »O-kay«, sagte sie schließlich gedehnt. »Ich hole etwas zu essen. Willst du auch etwas?«
    Er hatte seit dem Morgen nichts gegessen. »Ja.«
    »Was?«
    Archies Handy läutete. »Du weißt, was ich mag«, sagte er. Er holte das Handy hervor und sah nach, wer anrief. »Das muss ich annehmen«, sagte er und blickte auf, aber Debbie hatte bereits kehrtgemacht und entfernte sich.
    Er hob das Telefon ans Ohr. »Schießen Sie los«, sagte er.
    »Wir haben es gefunden«, sagte Heil aufgeregt. »Es stimmt, was die Kids gesagt haben. Die Öffnung ist klein, aber wir haben eine Kamera hineingeschoben, und es wird ein bisschen breiter, wenn man erst mal drin ist. Sieht so aus, als wäre tatsächlich ein Kind da oben gewesen. Wir haben noch mehr Figuren aus

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