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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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»Was habe ich getan?«

ACHTUNDDREISSIG
    Am nächsten Morgen weckte mich das Läuten des Telefons. Draußen schien die Sonne. Ich war in meinem Schlafzimmer, doch ich hatte keine Ahnung, wie ich dorthin gekommen war. Nur ganz verschwommen erinnerte ich mich daran, was am Abend zuvor passiert war. Und irgendetwas sagte mir, dass das gut so war.
    Ich zog mir die Bettdecke über den Kopf und hoffte, dass der Anrufer bald aufgeben würde. Ich war nicht in der Verfassung, mich dem richtigen Leben zu stellen. Ich wollte noch ein bisschen dösen, doch dann kamen die Erinnerungen allmählich wieder zurück, und ich fühlte mich sehr allein und verängstigt. Ich hatte niemanden, mit dem ich hätte reden können, niemanden, an dem ich mich hätte festhalten können. Meinem Vater konnte ich nichts erzählen. Ich hätte den Ausdruck in seinen Augen nicht ertragen können. Und Devlin konnte ich auch nichts erzählen, denn er würde es nicht verstehen, auch wenn ich mich noch so bemühte.
    Er hatte die Nacht vor meiner Haustür verbracht, nur ein ganz kleines Stück entfernt von der Stelle, wo ich mich in der Diele zusammengerollt hatte. Doch er hätte ebenso gut Millionen Kilometer von mir entfernt sein können. Ich konnte die Tür nicht öffnen, die mich von ihm trennte. Ich stellte mir vor, dass sie da draußen waren, dass sie da draußen kreisten wie Aasgeier. Solange ich in meinem Refugium blieb, konnten sie mirnichts anhaben. Solange ich mich von Devlin fernhielt, würden sie nichts von mir wollen.
    Das sagte ich mir zumindest. Ob es wirklich so war, würde sich erst am Abend herausstellen, wenn die Dämmerung anbrach.
    Bei Sonnenaufgang war er endlich gegangen und hatte seine Geister mitgenommen. Irgendwann hatte ich mich wohl aufgerappelt, war ins Schlafzimmer getaumelt und dann vollkommen angezogen aufs Bett gefallen. Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich eingeschlafen war, aber ich musste tief geschlafen haben, denn jetzt hatte ich dieses flaue, verkaterte Gefühl, das man oft hatte, wenn man tagsüber ein Nickerchen macht.
    Ich wünschte, ich hätte noch ein bisschen weiterschlafen können, doch ich konnte es mir nicht erlauben, den Tag zu verschlafen. Ich musste arbeiten, hatte alles Mögliche zu erledigen. Das Leben ging weiter, für mich und für Devlin   … nur nicht für uns beide zusammen. Es sei denn, ich fand einen Weg, seine Geister auszusperren. Aber ich war ja nicht einmal hier in meinem Refugium sicher. Nicht vor Devlin.
    Wieder läutete das Telefon. Dieses Mal nahm ich ab, denn ich dachte, dass er vielleicht dran ist, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ich dann sagen sollte. Ich war noch nicht so weit, mich ihm zu stellen. So viel wusste ich.
    »Hallo?«
    »Amelia? Ethan hier. Haben Sie unsere Verabredung vergessen?«
    Ich setzte mich auf. »Unsere Verabredung?«
    »Sie sollten heute in die Pathologie kommen. Es sei denn, Sie haben es sich anders überlegt.«
    Ich presste die Fingerspitzen an die Schläfe. »Wir haben gestern Abend darüber gesprochen, oder? Auf der Party Ihres Vaters?«
    »Ja. Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    »Nur ein bisschen groggy. Ich glaube, ich habe verschlafen.«
    Pause. »Verschlafen? Es ist schon fast zwei Uhr nachmittags.«
    Hastig schaute ich auf meinen Wecker. »Das kann nicht sein.« Aber da stand es, in leuchtendem Neonblau.
    »Sind Sie sicher, dass alles in Ordnung ist mit Ihnen?«, fragte Ethan besorgt.
    »Ich brauche nur einen Moment, um mich aufzuraffen.« Natürlich brauchte ich viel mehr als das, doch es war eine Erleichterung, an etwas anderes denken zu können als an Totengeister. An etwas anderes als an Devlin. Mit einem Mal verspürte ich den übermächtigen Drang, wieder draußen unter den Lebenden zu sein. Was das anging, hätte ich mir zwar etwas Besseres vorstellen können als die Leichenhalle in der Pathologie, doch die Verabredung mit Ethan war schon ausgemacht, und außerdem war ich neugierig wegen dem Skelett, das wir in der Kammer gefunden hatten. »Ich komme in zwanzig Minuten.«
    »Rufen Sie mich an, wenn Sie da sind, damit ich Sie ins Haus bringen kann. Und noch was   … Amelia?«
    »Ja?«
    Wieder Pause. »Nichts. Bis gleich.«
    Ich beendete das Gespräch und hatte nur noch einen einzigen Gedanken im Kopf: Wie viele Stunden hatte ich noch bis zur Dämmerung?
    Ethan kam heraus, um mich vor der MUSC abzuholen. Als wir mit dem Fahrstuhl nach unten in die Pathologie fuhren, konnte ich seinen forschenden Blick auf mir spüren. Er musste sich über mein

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