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Totenkult

Totenkult

Titel: Totenkult Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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umklammerte er den Hals einer Schnapsflasche. Ihre Mundwinkel zuckten. »Roland meint, ich soll daraus kein Drama machen.« Anscheinend war der Mann in der Lederhose der Hausherr.
    »Und die Polizei? Was meint die Polizei?«
    »Die hat dazu keine Meinung.« Sie lachte, aber es klang freudlos.
    »Haben Sie denn keine Anzeige erstattet?«
    »Gegen wen denn?« Frau Aschenbach beobachtete ihren Mann, der sich aus der Flasche einschenkte und das Glas zur Hälfte leerte. Sie runzelte die Stirn. »Roland hat kein großes Vertrauen in die Fähigkeiten unserer Polizei. Jeder ist selbst für seinen Erfolg verantwortlich und auch für seine Sicherheit.«
    »Auch die Meinung Ihres Gatten?«
    »Ja.« Sie ließ ihren Mann nicht aus den Augen. »Mein Mann ist ein Macher-Typ.«
    »Ich finde das aber sehr leichtsinnig«, erlaubte sich Bosch einzuwenden. Jemanden, der mit einem Messer herumlief und wahllos teure Autositze zerstach, konnte man doch nicht so einfach ignorieren. Wenn es denn überhaupt wahllos gewesen war. Wurden die Aschenbachs etwa bedroht? »Haben Sie denn keine Angst? So ein Mensch ist doch gefährlich …«
    »Im Geschäftsleben macht man sich eben nicht immer nur Freunde.« Frau Aschenbach zog die Schürzenbänder auf und band die Schleife neu. Auf der rechten Seite, wie es sich für eine verheiratete Frau gehörte. »Ich denke, mein Mann hat recht. Zumindest in diesem Punkt.« Sie lächelte ihn an, aber das Lächeln erreichte ihre Augen nicht. »Waren Sie schon am Grill?«
    »Nein …« Der Gedanke, dass ein Messerstecher auf dem Grundstück der Aschenbachs herumschlich, ging Bosch nicht aus dem Kopf. Schließlich wohnte er im Nachbarhaus.
    »Sie müssen unbedingt … halt, was machen Sie denn hier bei den Gästen?« Frau Aschenbach hielt eine stämmige Frau auf, die, einen Stapel Schachteln in den Händen, an ihnen vorbeigehen wollte. »Gruber wird Ihnen wohl die Küche gezeigt haben.« Sie warf einen Blick auf die Kisten. »Ich hoffe, die Tomaten fürs Caprese sind diesmal frisch, Frau Geiersberger.«
    Die alte Frau hatte ihr weißes Haar zu einem Dutt gesteckt. Aus harten Augen starrte sie erst Frau Aschenbach, dann Bosch an, der sofort die Ladenbesitzerin aus St.   Gilgen erkannte. Auch die Frau schien sich an ihn zu erinnern, denn sie kniff den Mund zusammen.
    »Das Buffet ist fertig.« Frau Geiersberger hielt die Kisten fest in ihren feisten Händen. »Ich muss das Leergut entsorgen. Wenn Sie also gestatten …« Sie drängte sich vorbei und setzte ihren Weg zum Haus fort.
    »Alte Hexe«, zischte die Aschenbach so laut, dass Frau Geiersberger es noch hören musste, und schaute ihr nach. »Das nächste Mal suche ich die Lieferanten wieder selbst aus und nicht der Koch.«
    »Ja, äh, ich schau dann mal weiter.« Bosch blickte zum Bauernhaus hinauf, das aus einem Meer aus Staudenpflanzen emporragte. Wie lange Finger bewegten sich die Stängel immer lebhafter im auffrischenden Wind.
    Auf der Terrasse stand Frau Geiersberger vor dem Hausherrn und redete auf ihn ein, wobei sie immer wieder mit den leeren Kisten rüttelte. Aschenbach beugte sich zu ihr vor. Plötzlich schüttelte er den Kopf, drehte sich um und ließ die Frau mitten im Gespräch einfach stehen. Er ging zu dem Rosenbeet, das direkt vor der Terrasse lag, füllte sein Glas nach und kippte den Inhalt auf einen Zug hinunter. Frau Geiersberger stand wie in der Bewegung erstarrt da, die Schachteln schienen in der Luft zu schweben. Dann drehte sie sich um und verschwand im Haus.
    Auch Frau Aschenbach hatte die Szene beobachtet. Ein Lächeln spielte um ihren Mund. Bosch nickte ihr zu und setzte seinen Weg hoch zum Haus fort.
    Vor dem Bauernhaus hatte man einen großen Grill aufgestellt, von dem würziger Holzrauch und der Geruch nach gebratenem Fleisch den Hang hinabzogen und Boschs Nase kitzelten. Magisch angelockt folgte er der Duftspur, bis er sah, was die Ursache des würzigen Geruchs war. Über dem Grill drehte sich ein Spanferkel am Spieß. Fett troff von seinen Flanken und verursachte funkensprühende Explosionen auf dem Kohlebett. Die leeren Augenhöhlen waren an den Rändern schon schwarz, und die Haut schien zum Zerreißen gespannt. Die verbrannten Hufe waren wie im Lauf ausgestreckt, als versuchte das Schweinchen noch im Tode eine sinnlose Flucht.
    »Keule oder Brust?« Der Koch trug eine hohe Mütze, und auf seiner weißen Bluse war rot der Name »Gruber« eingestickt. Zweifellos gehörte er der Kochelite an, die man Chef zu nennen hatte. In

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