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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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mit Spezialgeräten, die Quelle zu orten. Ein Beerdigungsunternehmen bringt uns einen bleiverkleideten Sarg.«
    Jenny blickte an ihm vorbei und sah eine junge Frau in ähnlicher Schutzkleidung auf dem Boden knien. Sie tippte etwas in einen Laptop, der mit Taschen verbunden war, die denen eines Fotografen ähnelten.
    »Könnte Mrs. Jamal verstrahlt worden sein?«, fragte Jenny.
    »Kommen Sie hier herein«, sagte Andy. »Dies ist der einzige Raum, in dem das Dosimeter nicht ausschlägt.« Er ging durch die Schwingtür in den leeren Obduktionsraum. Jenny und Alison folgten ihm.
    Andy nahm die Maske ab und riss die Klettverschlüsse an seiner Schürze auf. Das Beach-Club-T-Shirt, das er darunter trug, war durchgeschwitzt. »Sonia sagt, sie habe Strahlenpartikel an der Hautoberfläche gefunden. Es handelt sich um Betastrahler, was die Möglichkeiten eingrenzt. In den Nasenhöhlen ist sie auch auf Partikel gestoßen. Für ein genaueres Urteil ist es noch zu früh, aber ihr erster Eindruck ist, dass Mrs. Jamal sich in einer Umgebung aufgehalten haben muss, in der sie mit radioaktiven Substanzen in Berührung gekommen ist.«
    »Was für eine Umgebung käme da in Frage?«, erkundigte sich Alison.
    »Für diese Radionuklide gibt es ein paar medizinische und gewerbliche Verwendungen – mit Jod 129 behandelt man zum Beispiel Schilddrüsenbeschwerden. Wahrscheinlicher ist aber, dass Mrs. Jamal Atommüll mit niedriger oder mittlerer Strahlenwirkung ausgesetzt war.«
    »Das ist aber eher unwahrscheinlich«, sagte Jenny.
    »Mir müssen Sie das nicht sagen«, meinte Andy, holte das Dosimeter, ein kleines gelbes Gerät von der Größe eines Funkempfängers, aus seiner Tasche und schaltete es ein. Er schwenkte es in Jennys und Alisons Richtung, während er die Digitalanzeige im Blick behielt. »Sie sind beide unbelastet.«
    Sonia Cane, eine Frau aus Ghana, hatte die Stirn in Dauerfalten gelegt. Nachdem sie ihre Arbeit in der Kühlung beendet hatte, schrubbte sie sich im Obduktionsraum ab und betete anschließend eine Liste von Dingen herunter, die jetzt zu erledigen wären. Unverzüglich müssten die Gesundheitsbehörden benachrichtigt werden. Ein Radiologenteam würde die Reinigung der Leichenhalle und die Verwahrung und den eventuellen Abtransport der Leiche überwachen müssen. Solange das Gebäude nicht strahlenfrei sei, würde esversiegelt werden. Keine Leiche dürfe herein- oder hinausgelangen. Die Strahlenbelastung sei hoch genug, um das Ganze als gravierenden Unfall zu behandeln.
    »Haben Sie irgendeine Vorstellung, woher die Kontamination stammen könnte?«, fragte Jenny.
    »Nein, aber ich kann Ihnen die Substanz nennen. Detailliertere Untersuchungen stehen noch aus, aber ich bin mir sicher, dass es sich um Cäsium 137 handelt. Kleine Mengen – nicht größer als Staubkörnchen –, aber von einer starken Quelle.«
    »Und wo findet man so etwas sonst?«, fragte Alison und bewahrte Jenny davor, ihre Unwissenheit zu offenbaren.
    »Cäsium 137 ist ein Nebenprodukt der Atomindustrie«, sagte Sonia. »Es entsteht unmittelbar bei der Uranspaltung. Außerdem da, wo eine Atomexplosion stattgefunden hat.«
    »Die Frau hat in einer Boutique gearbeitet«, unterbrach Jenny.
    »Ich finde es genauso verwunderlich wie Sie«, sagte Sonia. »Hätte sie in einem Atomkraftwerk gearbeitet, könnte man es noch verstehen.« Ratlos schüttelte sie den Kopf. »Man liest von Terroristen, die sich so ein Zeug beschaffen wollen, um ihre verdammten Bomben zu bauen, aber das ergibt alles keinen Sinn.«
    »Wissen Sie, wann sie kontaminiert wurde?«, fragte Andy.
    »Erst vor sehr kurzer Zeit. Das Teilchen in der Nase kann nicht länger als ein paar Tage oder sogar Stunden vor ihrem Tod dort eingedrungen sein. Natürliche Prozesse hätten es entfernt.«
    »Und die Kontamination hat man an ihrer Haut festgestellt, nicht wahr?«, fragte Jenny. »Ihr Körper wurde nackt gefunden.«
    »Ich kenne mich nicht genug damit aus, um sagen zu können, ob sie Kleider trug, als sie der Strahlung ausgesetzt war«, sagte Sonia. »Wir werden Experten hinzuziehen müssen.«
    Jenny ging eine Reihe gleichermaßen abwegiger Möglichkeiten durch. Aber so unglaubwürdig sie auch waren, deuteten sie doch alle darauf hin, dass Amira Jamal auf wesentlich kompliziertere Weise mit dem Verschwinden ihres Sohnes zu tun hatte, als Jenny es vermutet hätte.
    »Wir sollten besser die Polizei einschalten«, sagte Alison.
    Andy Kerr griff nach dem Telefon an der Wand.
    »Warten Sie«, hielt

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