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Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Titel: Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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Lebewesen getötet. Er schämte sich schrecklich für seinen ersten Mord. Er wusste, was es mit dem Tod auf sich hatte. Schließlich hatte er jeden Tag damit zu tun. Der Tod war das Ende. Wenn ein Mensch tot war, kam er nicht mehr wieder. Auch dieses herrliche Tier kam jetzt nicht mehr wieder, und das war seine Schuld. Geung wusste auch, was nach dem Tod geschah. Er war mit den Schwestern in dem einen oder anderen Tempel gewesen und hatte
gesehen, wie die Toten für ihre Reise ins Nirwana vorbereitet wurden. Obwohl er nie einen hatte fortgehen sehen, wusste er, dass sie sich ins Paradies aufmachten. Die Schwestern hatten es ihm erklärt.
    Er musste auch der Tigerin die letzte Ehre erweisen. Das war das Mindeste, was er tun konnte. Trotz seiner Verletzung hatte er einen Großteil des Vormittags im Wald verbracht und Reisig für den Scheiterhaufen gesammelt. Das Tier war unglaublich schwer – zu schwer, um es auf die Stelzen zu hieven. Und so blieb ihm nichts anderes übrig, als das Holz über der toten Katze aufzuschichten. Buddha hatte hoffentlich nichts dagegen, wenn ein Verstorbener verkehrt herum eintraf. Mit den Streichhölzern aus seiner Tasche zündete er die trockenen Zweige an und setzte sich neben das Feuer. Bald hatten die Flammen den Scheiterhaufen verschlungen, und die krude Konstruktion brach über seinem Opfer zusammen. Das schmorende Fleisch duftete köstlich, und Geung knurrte der Magen, aber er kam gar nicht auf die Idee, dass sich solche Gedanken nicht geziemten.
    Zwar wusste er nicht, welcher Texte die Mönche sich bedienten, aber er wusste, dass bei Bestattungen gesungen wurde. Ihm ging ein Lied im Kopf herum, und so sang er es immer wieder, mit tiefer Stimme, wie er es bei den Mönchen gehört hatte.
    »Geht die Sonne morgens auf/Rutscht sie mir den Buckel rauf/Und abends sinkt vom Scheitel/sie mir in den Beutel.«
    Herr Geung wusste nicht, wie lange all das her war. Aber die Gewissheit, dass die Tigerin die Sonne fortan stets im Rücken haben würde, wärmte ihm das Herz. Außerdem war es ihr vorbestimmtes Schicksal.

    Seitdem war er auf seinen Plattfüßen über unzählige Hügel gewandert. Bei jedem Bach machte er halt und trank, widerstand jedoch dem Drang, ein Bad zu nehmen. »Wage es nicht, dich zu waschen«, hatte die alte Frau gesagt, als sie ihn mit ihrem Mückenbalsam eingerieben hatte. Deshalb hatte er sich seit Tagen nicht gewaschen und fing allmählich an zu stinken. Aber er hatte es der alten Dame versprochen. Seine Haut schälte sich, nicht nur im Nacken, auf den die Sonne erbarmungslos herniederbrannte, sondern auch unter seiner Kleidung; das Jucken war lästig und unangenehm.
    Zu allem Übel musste er feststellen, dass er langsam taub wurde. Und das nicht zum ersten Mal. Man hatte ihm gesagt, das sei bei Leuten wie ihm nicht ungewöhnlich, weil sich Flüssigkeit in seinen Ohren sammelte. Aber hier, am Ende der Welt, gab es keine Schwester, die ihm hätte helfen können. Dtui existierte schließlich nur in seinem Kopf.
    »Was soll’s. Auf nach Vientiane«, sagte sie, und er marschierte los, mitten auf der mit Schlaglöchern übersäten Straße, mit einer Geschwindigkeit von ungefähr fünf Kilometern in der Stunde. Bis nach Hause waren es noch rund zweihundert Kilometer.
     
     
    Dtui brauchte Siri dringender denn je. Und das nicht etwa, weil sie vor unlösbaren medizinischen Problemen stand. Nein. Sie brauchte Siri, weil sie mit zwei ganz und gar rätselhaften Fällen konfrontiert war, für die ihr kein medizinisches Lehrbuch dieser Welt eine Erklärung liefern konnte. In dem ehemals totenstillen Schlafsaal saß hellwach ein vierjähriges Mädchen und brabbelte mit der Stimme einer Siebzigjährigen vor sich hin. Meej hatte sich ihr Geplapper eine Stunde lang angehört. Die Kleine war Laotin, sprach aber eindeutig Hmong. Wenn man dem
Pfleger Glauben schenken durfte, erzählte sie die Lebensgeschichte der alten Frau. Es schien, als lausche man einer Tonbandaufnahme all dessen, was die Frau jemals gesagt hatte, angefangen um 1940 – und zwar im schnellen Vorlauf, sodass man kaum ein Wort verstand. Dtui hatte keinen Grund, an Meejs Einschätzung zu zweifeln.
    Und als sei das noch nicht verwirrend genug, war da auch noch der Antrag des Genossen Lit. Er lag ihr schwer auf der Seele, wie der Kadaver eines wohlgenährten Faultiers. Obwohl die unterbezahlten Kollegen, die bei Kilometer 8 bis zum Umfallen schufteten, inzwischen ihre größte Hochachtung genossen, hatte sie nicht die

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