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Totenverse (German Edition)

Totenverse (German Edition)

Titel: Totenverse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Ferraris
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Erde verrieten ihr, dass Mabus von dort Erics Leiche weggeschleift hatte.
    Erics Leiche .
    Sie dachte, sie müsste sich übergeben. Sie schluckte und taumelte zurück ins Haus. Im Kühlschrank stand ein großer Wasserkanister. Sie nahm ihn heraus, ließ ihn beinahe fallen und goss sich ein Glas ein, das sie in einem Zug leerte. Sie goss noch zweimal nach, trank, so viel sie konnte. Dann ging sie nach draußen.
    Die Garage war leer. Von Panik getrieben, lief sie zu der kleinen Hütte hinunter, die sie zuvor gesehen hatte. Bis dorthin waren es rund fünfzig Meter, und als sie dort ankam, rang sie nach Luft und war in Schweiß gebadet. Sie merkte es gar nicht. An der Seite war eine große Tür, die sie an ein Stalltor erinnerte. Sie zog sie auf und trat in den kühleren Innenraum. Dort stand ein Kamel und sah absurderweise so aus, als lächelte es sie an. Sie näherte sich dem Tier behutsam, löste seine Zügel von einem Haken in der Wand und führte es aus dem Stall. Das Kamel gab einen Grunzlaut von sich, wirkte aber ganz zufrieden.
    »Willst du auch hier weg?«, fragte sie mit heiserer zittriger Stimme. Dann hievte sie sich auf den dünnen Stoffsattel und trat dem Kamel kräftig in die Seiten. Es setzte sich mit einem Ruck in Bewegung und trabte weg von dem Haus, weg von der Fahrpiste, Richtung Sanddünen.
     

41
     
    Die Koordinaten führten Nayir zu einem kahlen Abschnitt der Straße. Die Straße selbst war asphaltiert, doch abgesehen von dem sonnengebleichten Teerstreifen verschandelte nichts Menschliches die Wildnis. Als das Navigationssystem im Auto erklärte, er habe sein Ziel erreicht, stieg er aus und überprüfte seinen Standort mit seinem eigenen GPS-Gerät. Er war tatsächlich an der richtigen Stelle, obwohl er um sich herum nichts als flache Sandwüste sah. Im Westen waren Dünen, und nach Osten hin erhoben sie sich zu regelrechten Bergkämmen, die das Land schwertartig durchschnitten.
    Er holte sein Fernglas vom Beifahrersitz und suchte das Gelände ab. Unvermutete Vertiefungen im Terrain, kleine Sandwirbel, die der Wind vor sich hertrieb, die aufsteigenden Hitzewellen, die zu Sinnestäuschungen führten, all das konnte zur Folge haben, dass man einen Zeltplatz, einen Wohnwagen oder ein Haus übersah, erst recht, wenn es weiß war oder bräunlich. Während er neben dem Wagen stand, sog sein Körper begierig die Hitze auf. Das war nicht die tropisch feuchte Hitze von Dschidda, die klebrige Schwüle, die dafür sorgte, dass er sich unentwegt nach einer Dusche sehnte. Nein, diese Hitze war trocken und wohltuend, und der heftige Wind peitschte ihm den Sand gegen die Haut wie eine riesige, industrielle Reinigungsmaschine.
    Richtung Südosten wurde er fündig. Was er zunächst für ein falsches Wadi gehalten hatte – einen schmalen Bachlauf, der sich durch das flache Land schlängelte –, war in Wahrheit eine Art Pfad. Ehe er wieder ins Auto stieg, überprüfte er die Reifen. Sie waren wegen der Hitze praller als normal, und die holprige Fahrt über heißen Sand würde sie bis zum Bersten belasten. Er ließ etwas Luft aus jedem Reifen, wobei er die Menge mit routinierter Sicherheit bestimmte. Dann stieg er ein und fuhr von der Straße in die unwegsame Wüste, wo der Sand sanfte Hügel bildete, wie erstarrte Meereswellen. Der Rover ließ sich gut steuern, als er das Tal bis zu der Stelle durchquerte, wo der Pfad in Sicht kam. Er stieg wieder aus und sah ihn sich an: Es war eine Fahrzeugpiste, die weiter südlich von der eigentlichen Straße abging, Richtung Osten auf die Dünen zu verlief und einen Schwenk nach Norden machte, um eine große Vertiefung zu umgehen, wo der Sand für Fahrzeuge möglicherweise zu weich war. Dahinter bog die Piste wieder nach Südosten und verschwand hinter einem Hügel.
    Er manövrierte den Rover auf die Piste und folgte ihr einen Kilometer. Als er um eine Düne kam, bot sich ihm ein überraschender Anblick. Zwischen den Dünen war eine Art Nische entstanden, fast ein kleines Tal, windgeschützt durch zwei große Felsen. In der Mitte des Tales stand ein kleines rechteckiges Haus, und die Reifenspuren führten geradewegs zu der dazugehörigen Garage.
    Es sah aus, als wäre niemand zu Hause. Während er langsam näher heranfuhr, blickte er immer wieder zum Himmel und zu der Stelle, wo eine Art kleiner Canyon gleichsam einen Pfad durch die Dünen schnitt. Er hielt Ausschau nach Staubwolken oder sonstigen Anzeichen dafür, dass irgendwer kam oder ging. Immer wieder fegte der

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