Totenwache - Thriller
näher kamen, waren sogar ihre Schritte zu hören. Riley konnte sogar hören, wie Santangelo sich räusperte. Die zwei steuerten direkt Nicks Haus an. Zwischendurch blieben sie immer wieder kurz an schwer einsehbaren Stellen stehen, um sich zu vergewissern, dass sie unbeobachtet waren. So kamen sie immer näher und hatten das Haus schon fast erreicht. Riley wusste nicht, was stärker war: ihr Entsetzen oder jenes merkwürdige Gefühl der Beschwingtheit, das von ihr Besitz ergriffen hatte. Ihr war, als ob sie wie ein Engel hoch oben am Himmel schwebte und das grausame Treiben der Menschen aus sicherer Entfernung betrachtete.
Plötzlich schaute Santangelo direkt in Nicks und Rileys Richtung.
38. Kapitel
»Ob die beiden uns sehen können?«, fragte sie leise.
»Unwahrscheinlich. Der Mond steht auf der anderen Seite des Flusses.« Er hob die Hand ein wenig an und bewegte sie hin und her. Riley zog seinen Arm sofort wieder nach unten.
Santangelo und die Frau blieben vor dem Haus stehen. Sie warteten einige Minuten im Schatten einer hohen Hecke, beobachteten das Haus und sahen immer wieder die Straße hinunter. Schließlich überquerten sie eilig die Straße, gingen aber nicht etwa zur Eingangstür, sondern seitlich am Haus vorbei bis zur Hintertür. Dort blieben sie einen Augenblick stehen. Santangelo zog etwas aus der Manteltasche. Während die Frau aufpasste, beugte er sich über den Türknauf und machte sich am Schloss zu schaffen.
Riley befand sich unmittelbar über den beiden, blickte direkt auf ihre Köpfe. Plötzlich hatte sie erneut einen kleinen Schwächeanfall, verspürte den unwiderstehlichen Drang, sich über den Rand des Wasserturms in die Tiefe zu stürzen - sah sich schon mit dem Kopf voraus unmittelbar neben der Frau ins Gras stürzen. Sie versuchte sich seitlich abzustützen, doch ihre Arme versagten ihr den Gehorsam, während die brünette Frau gedankenverloren zu ihr hinaufsah. Dann sagte die Frau etwas zu ihrem Begleiter, der erneut in seinen Mantel griff und …
Riley kniff die Augen zusammen. Plötzlich spürte sie,
wie zwei große Hände sie an den Schultern fassten und nach hinten zogen.
»Tief einatmen«, flüsterte Nick. »Das hilft.« Er hielt sie fest, während sie immer wieder tief Luft holte. Sie sah ihn an und nickte dann.
Die Tür unter ihnen stand jetzt einen Spaltbreit offen. Ein gelbes Lichtbündel durchschnitt den Hof und verlor sich dann zwischen den Bäumen. Zuerst ging Santangelo ins Haus, dann die Frau, die die Tür hinter sich zuzog.
»So - jetzt bin ich an der Reihe.«
Riley sah ihn erschrocken an. »Ich will dich begleiten.«
Nick schüttelte den Kopf. »Wer weiß, vielleicht müssen wir weglaufen. Das ist viel zu riskant für dich. Ich komme schon allein zurecht. Für das, was ich vorhabe, dürfte die Zeit reichen. Derweil bist du hier oben am sichersten. Und bitte - halte dich vom Rand des Turms fern. Wenn du den beiden auf den Kopf fällst, hilft uns das auch nicht weiter.« Dann huschte er über das Flachdach und kletterte eilig die Leiter hinunter.
Riley kroch wieder zum Rand des Daches, diesmal auf dem Bauch. Dann stützte sie sich auf die Ellbogen und spähte über den Rand nach unten. Nick lief gerade auf der linken Seite um den Tank herum. Die Tür auf der Rückseite des Hauses war immer noch zu. Nick rannte quer über den Hof, seitlich am Haus vorbei und war dann verschwunden. Kurz darauf sah sie ihn wieder, wie er auf der Straße unter einer Laterne stand und das Haus musterte.
»Geh aus dem Licht!«, flüsterte Riley. »Die beiden können dich doch sehen.«
Als ob er ihre Worte gehört hätte, drehte Nick sich um und verschwand in einem schmalen Durchgang zwischen zwei Häusern.
Genau in diesem Augenblick ging die Tür unter Riley
weit auf, und der ganze Hof war plötzlich hell erleuchtet. Santangelo trat aus dem Haus und blickte sich um. Die Frau war direkt hinter ihm. Riley schob sich so weit nach hinten, dass sie gerade noch sehen konnte, was unten im Hof geschah. Dann entdeckte Santangelo das Gewächshaus auf der linken Seite. Er schnipste mit den Fingern und blickte die Frau an. Die beiden gingen nun direkt zu dem Glashaus, blieben kurz an der Tür stehen und verschwanden dann in dem dunklen Gebäude.
Als Riley den Blick wieder auf die Straße richtete, konnte sie Nick nirgends entdecken. Doch dann kam er - nicht weit von Santangelos Auto entfernt - plötzlich aus einem dunklen Durchgang gerannt. Er sah nach rechts und links und stand im
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