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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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geworden. In der Luft hing schon ein Geruch von Winter, wie ein Prolog, der viel zu früh begann. Ein kurzer Sommer ging direkt in einen langen Winter über.
    Sie hatte Fredrik angerufen.
    »Einer von den beiden ist garantiert verrückt«, hatte er gesagt. »Vielleicht sogar beide.«
    »Kennst du diese komische Sackgasse?«, hatte sie gefragt. »Nur vom Hörensagen. Es wird behauptet, dort würde es spuken.«
    »Wer behauptet das?«
    »Die, die sich mit so was auskennen, die Kinder.« Bergenhem klingelte noch einmal.
    Hinter einer Milchglasscheibe schimmerte Licht. Man hatte das Gefühl, als sähe man Licht unter Wasser. Stirnlampen um ein Wrack herum. Aneta Djanali war bei so etwas schon einmal dabei gewesen. Und dieses Haus war ein Wrack. Allerdings konnte man hier atmen. Die Luft fühlte sich klar und frisch an, als würde der Prolog großspurig noch mehr Winter versprechen.
    »Die Techniker müssen diese Wände untersuchen«, sagte Bergenhem. »Es könnten ja Kugeln drinstecken.« Er trat ein paar Schritte von der Tür zurück. »Ich dreh mal vorsichtig eine Runde.« Die Männer von der Spurensicherung waren jetzt vor Ort. Sie würden über Nacht bleiben. Ringmar und Aneta Djanali konnten hören, wie sie leise ihrer Arbeit nachgingen.
    »Hm«, machte Aneta Djanali.
    »Glaubst du das nicht?«, fragte Ringmar. »Ich glaub gar nichts.« Sie lächelte.
    Die Tür wurde geöffnet. Im Haus war kein Licht angegangen.
    Der Kopf des Mannes zeichnete sich wie eine Silhouette ab. »Ja?«
    Ringmar stellte sich und Aneta Djanali vor.
    »Es tut mir leid, dass wir so spät noch klingeln«, sagte er. »Dürfen wir einen Augenblick hereinkommen?«
    »Warum?«
    »Uns ist gemeldet worden, dass vor Ihrem Haus Schüsse gefallen sind.«
    »Schüsse? Hier draußen?«
    Das Gesicht des Mannes war nicht zu erkennen, deswegen ließ sich auch nicht der Grad des Erstaunens in seiner Stimme feststellen. Es schien, als sei er ein Stück von der Tür zurückgetreten. »Dürfen wir hereinkommen?«, wiederholte Ringmar.
    »Das ist doch nicht nötig.« Ringmar schwieg.
    »Ich komme raus«, sagte die Stimme, und die Tür wurde geschlossen.
    Ringmar drehte sich zu Aneta Djanali um. Auch ihr Gesicht konnte er kaum sehen. »Was sagst du dazu?«
    »Tja, er will wohl keinen Hausbesuch haben.«
    »Wir warten ein paar Minuten. Im Augenblick hab ich keine große Lust, den Staatsanwalt anzurufen.«
    Aneta Djanali warf einen Blick auf die Straße. Gegenüber konnte sie die Männer von der Spurensicherung erkennen. Der Zeuge hatte die Erlaubnis bekommen, in sein Haus zurückzukehren. Womöglich war er das Opfer, das vorgesehene Opfer. Oder nur die falsche Person am falschen Ort. Die richtige Person am richtigen Ort, die falsche Person am falschen Ort. Das waren seltsame Ausdrücke. Die richtige Person konnte sich doch am falschen Ort oder die falsche Person am richtigen Ort aufhalten. Der richtige Ort konnte beispielsweise ein ganz bestimmter Ort des Verbrechens sein, an dem das Verbrechen begangen werden sollte und nirgendwo anders. Aber plötzlich kommt jemand hinzu, der nichts mit der Sache zu tun hat, und wird mit in den Abgrund gerissen. Falsche Person. Richtiger Ort. Oder umgekehrt. Die Fahnderin in ihr hatte schon begonnen, Alternativen zu suchen.
    Und die Lebenspartnerin in ihr. Die Frau in ihr. Wie bei dem Gespräch heute Abend mit Fredrik. War sie die falsche Person am richtigen Ort? Oder die richtige Person am falschen Ort? Oder war alles richtig oder alles falsch?
    Die Tür wurde geöffnet, und der Mann kam heraus. Er wirkt nicht besonders verrückt, dachte sie. Außerdem sieht er nicht aus wie jemand, der überhaupt Musik hört. Aber sie konnte nicht mehr von ihm erkennen als von Bertil. Der Mann hatte sich zudem eine schwarze Mütze aufgesetzt.
    »Jemand hat auf Ihr Haus geschossen«, sagte Ringmar. Peng, einfach so.
    »Wo denn? Wie denn? Wann denn?«
    Es fehlt nur noch ein Warum, dachte Aneta Djanali. Warum denn? Manchmal fragte niemand danach. Sie wussten es vielleicht schon.
    »Wer hat das behauptet?«, fuhr der Mann fort. »Haben Sie nichts gehört?«
    »Ich habe absolut nichts gehört«, antwortete der Mann.
    »Wer außer Ihnen hält sich noch in Ihrem Haus auf?«, fragte Ringmar.
    Gute Frage, dachte Aneta Djanali. Nicht so geschickt wäre gewesen, danach zu fragen, ob er allein zu Hause gewesen war. »Ich bin allein«, sagte der Mann.
    »Wohnen Sie allein?«
    »Ja, hab ich das nicht gesagt?«
    »Nein.« Ringmar trat einen Schritt zurück.

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