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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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ins Wasser gesprungen, um ihm zu helfen, wäre Kennedy in der reißenden Strömung zweifellos ertrunken. Joe wäre bei der Rettungsaktion beinahe selbst umgekommen.
    Es war klar, dass Kennedy Joe eine Menge verdankte, aber von ihm zu verlangen, dass er Druck auf den Polizeichef ausübte, war nicht in Ordnung. “Ehrlich gesagt, mache ich mir keine Sorgen um die Wahl”, sagte Kennedy. “Falls ich verliere, werde ich ja nicht direkt arbeitslos. Hier in der Bank gibt es eine Menge zu tun.”
    “Was redest du denn da? Du träumst doch seit Jahren davon, eines Tages in die Fußstapfen deines Vaters zu treten.”
    “Trotzdem wird es mich nicht aus der Bahn werfen, wenn ich dieses Amt nicht bekleiden darf.”
    “Interessiert dich denn gar nicht, was mit meinem Onkel passiert ist?”
    Natürlich hätte Kennedy das gern gewusst. Alle fragten sich schließlich, was aus dem Reverend geworden war. Einige behaupteten, sie hätten gesehen, wie Lee Barkers Auto am fraglichen Abend zu seiner Farm gefahren war, andere hatten den Reverend auf der entgegengesetzten Seite der Stadt gesehen. Chief McCormick hatte Kennedy vor wenigen Minuten sogar berichtet, eine Frau habe Lee Barker erst vor wenigen Monaten in einem Einkaufszentrum in Jackson erkannt. Die meisten aber gingen davon aus, dass Clay oder Irene am Verschwinden des Seelsorgers schuld waren. Einige glaubten, dass Grace ihren Stiefvater umgebracht hatte, obwohl sie damals ja noch ein junges Mädchen gewesen war. Nur Madeline, die am fraglichen Abend nicht zu Hause gewesen war, wurde nicht beschuldigt.
    Kennedy hatte seine eigene Theorie, aber wie alle anderen konnte auch er keine Beweise vorlegen. Inzwischen fand er allerdings, dass die Gerüchte überhand nahmen. Darüber hinaus interessierte er sich viel mehr für die neue Grace als für das Schicksal des Reverends. Hinter ihrem strengen und gefestigten Äußeren glaubte er eine verletzliche und verwundbare Frau mit einer geradezu tragischen Ausstrahlung entdeckt zu haben. Außerdem war er fasziniert von ihrer Schönheit, die in auffälligem Kontrast zu ihrer düsteren Vergangenheit stand.
    Er hatte in der letzten Nacht lange wach gelegen und darüber nachgedacht, was sie alles erreicht hatte, nachdem sie Stillwater den Rücken gekehrt hatte – und auch darüber, was er frühmorgens an ihrem Fenster gesehen hatte.
    “Natürlich interessiert mich das”, antwortete er. “Aber nicht so sehr, dass ich die Montgomerys anschwärze, bevor ich neue Beweise in der Hand habe.”
    Joe streckte seine langen Beine aus. “Dann tu es für mich.”
    Kennedy hatte befürchtet, dass es darauf hinauslaufen würde. Obwohl Joe die Rettungsaktion am Fluss noch nie als Druckmittel verwendet hatte – was Kennedy ihm hoch anrechnete –, war klar, dass er tief in der Schuld seines Lebensretters stand. Niemandem war er so verpflichtet wie Joe.
    Aber der Gedanke daran, was das für Grace bedeuten würde, ließ ihn innehalten. “Das geht nicht. Ich bin nicht befugt, so etwas zu verlangen.”
    Joe verzog das Gesicht. “Ach komm, deinem Vater gehört diese Stadt doch praktisch. Und jetzt will er sie dir übergeben. Sprich mit McCormick und bring ihn dazu, etwas zu unternehmen.”
    Joe konnte ein netter Kerl sein. Er war ein toller Zechkumpan und jemand, der seinen Freunden gern unter die Arme griff, wenn Not am Mann war. Aber er hatte auch seine dunklen Seiten. Er war bereits zweimal von derselben Frau geschieden, und wenn seine Eltern ihm nicht eine Stelle im familieneigenen Straßenbauunternehmen gegeben hätten, wäre er wahrscheinlich arbeitslos. Offiziell war er Leiter der Firma, tatsächlich aber die meiste Zeit unterwegs, traf sich mit Freunden, saß in Kneipen herum, baggerte Frauen an oder versuchte, Kennedy dazu zu überreden, ihm Geld zu leihen.
    “Aber
warum?”
, fragte Kennedy.
    “Weil ein Verbrechen verübt wurde.”
    “Aber das wissen wir doch gar nicht.” Kennedy hatte ohnehin den Eindruck, dass Grace schon genug für diese Nacht bezahlt hatte, ob sie schuldig war oder nicht. Und auch wenn er Joes Ansichten über die Familie Montgomery im Großen und Ganzen teilte, zögerte er.
    “Wir sollten es herausfinden”, drängte Joe. “Wenn du dich darum kümmerst, kann ich mit einem Bagger auf die Farm fahren und alles umgraben. Falls dort eine Leiche liegt, werde ich sie finden.”
    “Die Polizei hat die Farm doch durchsucht. Sie haben nichts gefunden.”
    “Ach komm! Das war zu Zeiten des alten Jenkins. Dass der nichts

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