Träum ich?: Roman (German Edition)
hätte es dir schon gesagt, wenn wir Sex gehabt hätten. Aber wir haben nur geredet und das … ist persönlich.«
»Was genau hast du denn gesagt?«, ruft sie aus.
»Ich muss dir doch nicht alles verraten!« Jetzt werde ich auch laut.
»Ich will dir doch nur helfen!«, schreit sie.
»Kneif mich mal!«, brülle ich ins Telefon. »Okay? Ich war so unglaublich glücklich, dass wir endlich verheiratet waren, und konnte es kaum glauben. Also bat ich ihn, mich zu kneifen, um ganz sicher zu sein, nicht zu träumen. So. Bist du jetzt zufrieden?«
»Wie süß«, seufzt Rose. »Was ist daran so peinlich?«
»Nichts«, erwidere ich. »Nur … ich war so glücklich, und dies waren meine letzten Worte an Gogo, als wir noch verheiratet waren, und die sind irgendwie … heilig.« Ich schniefe.
»Aber das könnte es doch gewesen sein«, sagt sie.
»Was denn?«
»Du sagtest ›Kneif mich mal!‹ und Gogo hat dich gekniffen. Und plötzlich war er verschwunden. Wenn du ihn dazu bringen könntest, dich noch mal zu kneifen, landet ihr vielleicht wieder dort, wo ihr wart.«
»Glaubst du wirklich, es ist so einfach?«, frage ich. »So leicht kann es doch wohl nicht sein.«
»Tja, einen Versuch ist es wert«, entgegnet sie.
»Gut, schön. Wenn ich mich mit Gogo treffe, der mich ohnehin schon für verrückt hält, bitte ich ihn einfach, mich noch mal zu kneifen. Dann bekommt er einen wirklich guten Eindruck von meinem Geisteszustand.«
»Schon gut, vielleicht ist es wirklich albern. Vielleicht klam mere ich mich an jeden Strohhalm, aber hast du vielleicht eine bessere Idee?«
»Leider nicht.«
»Alles klar, dann bring ihn dazu, dich zu kneifen, und später rufst du mich an und sagst Bescheid, ob du wieder Mrs Gogo bist. Dann können wir zusammen feiern.«
»Danke für deinen Rat«, sage ich zu ihr. »Warum habe ich bloß das Gefühl, alles nur noch schlimmer zu machen?«
»Kann es denn noch schlimmer werden?«, fragt sie.
»Auch wieder wahr«, räume ich ein, und dann beenden wir das Gespräch.
Ich könnte ausrasten! Aaaahh! Ich balle die Fäuste und brülle vor Anspannung.
»Lily?«, höre ich Jonah von draußen. »Ist alles in Ordnung?«
»Hau ab!«, brülle ich zurück.
Neun
I ch werde mich mit Gogo treffen, um zwei Uhr im Café am Rittenhouse Square. Letzte Nacht habe ich höchstens zwanzig Minuten geschlafen, bis ich um sieben endlich aufstehen und mich fertig machen konnte. Jetzt ist es halb elf, und ich habe so ziemlich alles anprobiert, was in meinem Schrank war (und jetzt auf dem Schlafzimmerboden liegt). Ich habe dreimal versucht, mir Wimperntusche aufzutragen, aber sie ist ständig verschmiert. Also musste ich sie wieder abwischen und von vorne anfangen. Ich weiß nicht mal, warum alles perfekt sein muss. Ich weiß nicht, warum ich alles in meinem Schrank anprobiert und mich dann für die enge Jeans und ein weißes Oberteil entschieden habe. Schließlich treffe ich mich mit einem Mann, der mich schon morgens um vier vor einer Kloschüssel hat knien sehen, als ich verdorbene Austern ausgekotzt habe. Er hat mich am Sonntagmorgen nach einem wilden Zechgelage bei Freunden mit einem Riesenherpes am Mund aufwachen sehen. Ich habe ihn beide Male gebeten, sich von mir fernzuhalten, aber er bestand darauf, mir Wasser gegen den Flüssigkeitsverlust und Creme gegen das Brennen an der Lippe zu bringen.
Trotzdem möchte ich gut für meinen Mann aussehen, auch wenn er keine Ahnung hat, dass er wirklich mein Mann ist.
Mein Wohnzimmer sieht allmählich aus wie ein Blumenladen: Rosen, Lilien und Zimmerpflanzen, wohin ich auch blicke. Und wer um alles in der Welt hatte die Zeit, mein Gesicht als Blumenmaske nachzubilden? Hat Jonah vielleicht einen Floristen gefunden, der auch nachts arbeitet?
Als auch der vierte Versuch, meine Wimpern zu tuschen, scheitert, will ich schon aufgeben. Wenn ich so weitermache, komme ich noch zu spät, aber … okay, letzte Chance, dann muss es reichen.
Nach dem fünften Versuch sieht es gar nicht so schlecht aus und bei wenig Verkehr auf der Straße brauche ich nur zwanzig Minuten zum Rittenhouse Square. Ich ziehe die Jeans aus und eine schwarze Hose an, überlege eine Weile und ziehe dann wieder die Jeans an. Als ich das Drama hinter mir habe, blicke ich auf die Uhr und sehe, dass mir noch eine halbe Stunde bleibt, um in die Stadt zu kommen.
In einer halben Stunde werde ich Gogo sehen. Obwohl es nicht mehr dasselbe ist, macht mich die Aussicht, ihm so nahe zu sein, unendlich
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