"Träume aus 1001 Nacht" 6
lassen“, seufzte Megan.
„Deswegen kommen wir jedes Jahr in die Staaten zurück“, erklärte Norrie vorlaut. „Damit mein Vater nicht größenwahnsinnig wird. Und mehr auf meine Mutter hört.“ Sie lachte. „Hier ist es so anders als zu Hause. Dort leben wir in einem riesigen Palast direkt am Meer. Mit vielen Dienern; ich muss nicht einmal mein Bett machen.“
Sie seufzte. „Aber es hat auch Nachteile, als Mädchen kann ich dort nichts allein unternehmen. Das ist hier schon besser.“
„Manasia ist eigentlich sehr fortschrittlich für ein arabisches Land, aber gewachsene Strukturen kann man natürlich nicht in wenigen Jahren komplett verändern.“
„Ich würde gern mehr über Manasia erfahren“, bat Molly. Wenn die Verhandlungen mit der Gewerkschaft nicht so wichtig gewesen wären, wäre Kaliq dann mit ihr nach Hause gefahren, um sie seinen Eltern vorzustellen, wie sein Vater das gefordert hatte?
Nach den Beschreibungen von Megan und Norrie klang es paradiesisch schön. Obwohl ihr die Einschränkungen für Frauen zu denken gaben. Konnte man als Amerikanerin in einer solchen Kultur klarkommen? Sie erkundigte sich neugierig bei ihrer Schwägerin.
„Die Vorteile überwiegen bei Weitem die Nachteile. Als Ausländerin genieße ich natürlich gewisse Privilegien. Und auch, weil ich die Frau des Thronfolgers bin. Ich liebe Roeuk über alles, ein Leben ohne ihn könnte ich mir nicht vorstellen. Natürlich versuche ich, die Rolle der Frauen zu stärken, soweit das in meiner Macht steht.“
„Und wir fahren sowieso jedes Jahr nach Amerika und einmal nach Frankreich zu meiner Großmutter“, mischte sich Norrie wieder ein.
„Ich denke nicht, dass Kaliq nach Manasia zurückkehren will“, beruhigte Megan Molly. „Er lebt gern in New York, das hat mir auch Roeuk gesagt, der ihn gern in seinem Kabinett hätte. Kaliq liebt die Reederei über alles, und das lässt sich von Amerika aus besser managen. Aber das Land würde dir gefallen.“
Ihre Ehe bestand nur auf dem Papier und konnte schon bald wieder beendet sein. Es konnte durchaus sein, dass sie Kaliqs Heimat nie kennenlernen würde.
Sie stellte sich Kaliq vor, wie er auf einem Pferd durch die Wüste ritt wie ein Prinz aus Tausendundeiner Nacht. Wie mochte es sein, in einem Zelt unter dem Sternenhimmel zu schlafen?
„Kaliq wird immer alles daransetzen, dass du glücklich bist, Molly“, beruhigte Megan sie. „Selbst falls er irgendwann nach Manasia zurückkehren müsste. Und das Leben dort ist durchaus auch reizvoll. Das wirst du ja selbst feststellen können, wenn ihr zu Besuch hinfahrt.“
Molly nickte einfach, sie würde ihrer Schwägerin nicht erklären, dass das unwahrscheinlich war. Und auf einmal überfiel es sie mit aller Macht. Sie begriff, dass sie gar nicht wollte, dass diese Ehe zu Ende ging. Sie wollte mit Kaliq zusammenbleiben. Weil sie ihn liebte!
Sie war so geschockt von der Erkenntnis, dass sie nichts mehr von ihrer Umgebung mitbekam. Er darf das nicht merken, sagte sie sich. Denn er ging davon aus, dass sie ihn nur geheiratet hatte, damit ihr Exfreund nichts von der Vaterschaft erfuhr. Das Wissen um ihre Liebe würde Kaliq bestimmt in Bedrängnis bringen und letztendlich dazu führen, dass er sich von ihr trennte.
Das Dinner war sehr unterhaltsam. Molly genoss es, Roeuk und Megan zu beobachten. Megan schien Roeuk ständig zu necken und herauszufordern. Das erinnerte sie an ihre Diskussionen mit Kaliq in den vergangenen Wochen.
Kaliq beobachtete sie ganz genau, er schien neugierig zu sein, wie sie auf das Geplänkel der beiden reagierte.
Doch je später es wurde, desto unruhiger rutschte Molly auf ihrem Sitz hin und her. Die Aussicht, die Nacht mit Kaliq in dem engen Bett verbringen zu müssen, machte sie nervös.
„Hörst du uns überhaupt zu?“, riss Megan sie aus ihren Gedanken.
Mollys Kopf ruckte hoch. Sie war ganz in ihre eigenen Gedanken vertieft gewesen, sie musste sich anstrengen, ihre Gefühle für Kaliq unter Kontrolle zu halten.
„Ich glaube, du hast kein Wort von dem verstanden, was ich dich gerade gefragt habe, oder?“ Megan lachte. „Bist du müde? Mir geht das meist während der Schwangerschaft auch so.“
Molly stürzte sich auf die Gelegenheit; so konnte sie sich geschickt zurückziehen und würde schon schlafen, wenn Kaliq kam.
„Ich gebe zu, dass ich nicht mehr die Frischeste bin.“
Kaliq erhob sich. „Wir haben morgen noch genügend Zeit zum Reden. Ich denke, wir sollten uns
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