Träume wie Gold: Roman (German Edition)
eine wichtige Lektion gelehrt: Von nun an würde er für sich bleiben, so wie er es vorgehabt hatte. Wenn man grundsätzlich keine Menschen mochte, gab es auch keinen einleuchtenden Grund, ihre Nähe zu suchen.
Zumindest war hier im Hinterhof niemand, der ihn belästigte,
und er genoss es, mit seinen Händen zu arbeiten, das Holz zu spüren. Früher einmal hatte er vorgehabt, sich hinten an das Haus in Chestnut Hill eine kleine Werkstatt anzubauen, in der er hätte basteln und werkeln können, wann immer ihm sein Job Zeit dazu gelassen hätte. Aber das war vor Donny Speck gewesen, vor den Ermittlungen, die für ihn zu einer Obsession geworden waren.
Und – bevor Elaine den Preis dafür hatte zahlen müssen.
Ehe Jed noch diesen Gedanken verjagen konnte, nahmen die Bilder schon wieder Gestalt an. Er sah den silbernen Mercedes friedlich auf seinem Platz stehen, sah den matten Glanz der Perlenkette, die Elaine um den Hals trug. Er erinnerte sich, dass diese ein Geburtstagsgeschenk von dem ersten ihrer drei Ehemänner gewesen war. Er sah, wie ihre Augen, die genauso strahlend blau waren wie seine – wahrscheinlich die einzige Familienähnlichkeit, die sie geteilt hatten – neugierig in seine Richtung blickten. Er sah den Anflug von Verärgerung in diesen Augen, sah sich selbst über den kurz geschorenen Rasen hasten, vorbei an den blühenden Rosenbüschen, die intensiv nach Sommer geduftet hatten. Die Sonne hatte sich in den verchromten Zierleisten gespiegelt und ihn geblendet. Und ein Vogel hoch oben in einem der drei Apfelbäume hatte sich die Seele aus dem Leib gezwitschert.
Dann hatte die Explosion Jed zurückgeworfen, bis unter die Rosenbüsche, die durch die Druckwelle ihre Blütenblätter auf ihn herabregnen ließen.
Der silberne Mercedes war nur noch ein glühender Feuerball gewesen, aus dem eine schwarze, stinkende Rauchsäule in den blauen Sommerhimmel aufstieg. Er glaubte, einen Schrei gehört zu haben. Es hätte auch das Kreischen berstenden Metalls gewesen sein können. Er hoffte es. Er hoffte, dass sie nichts mehr gespürt hatte, nachdem ihre Hand den Zündschlüssel umgedreht und die Bombe zum Explodieren gebracht hatte.
Leise vor sich hin fluchend, bearbeitete Jed das neue Geländer mit Brents Schleifmaschine. Es war vorbei. Elaine
war tot, und nichts konnte sie wieder lebendig machen. Donny Speck war auch tot, Gott sei Dank. Und so sehr Jed es sich auch gewünscht hätte, er konnte den Mann kein zweites Mal töten.
Und er war genau an dem Punkt angelangt, auf den er hingearbeitet hatte. Er war allein.
»Ho, ho, ho.«
Abgelenkt von einer kräftigen, tiefen Stimme, stellte Jed die Schleifmaschine ab. Er drehte sich um, und seine Augen hinter der getönten Schutzbrille musterten ärgerlich, aber auch neugierig den rotwangigen Santa Claus.
»Sie sind ein paar Tage zu früh dran, glaube ich.«
»Ho, ho, ho!«, dröhnte Santa Claus wieder und klopfte sich auf den mächtigen Bauch. »Sieht so aus, als könntest du ein bisschen Weihnachtsstimmung brauchen, mein Sohn.«
Nachdem er sich mit der Unterbrechung abgefunden hatte, holte Jed seine Zigaretten aus der Tasche. »Mr. Conroy, richtig?« Santa Claus fiel das Gesicht herunter. »Es sind die Augen«, erklärte Jed ihm und zündete ein Streichholz an. Doras Augen, dachte er. Groß, braun und voll hintergründigem Witz.
»Oh.« Quentin grübelte einen Augenblick, dann erhellten sich seine Züge. »Ich nehme an, ein Polizist ist darauf trainiert, Verkleidungen und Masken zu durchschauen, während wir Schauspieler in sie hineinschlüpfen. Im Laufe meiner Karriere habe ich mehr als einmal einen Hüter des Gesetzes gespielt.«
»Aha.«
»Aber auf Grund der Jahreszeit fiel mir heute die Rolle des Santa Claus in Tidy Toys Kindergarten zu.« Er strich sich über den seidigen weißen Bart. »Ein kleines Engagement, aber nichtsdestotrotz ein erfreuliches, gab es mir doch Gelegenheit, die beliebteste Rolle der Welt zu spielen, und das vor einem Publikum, das aufrichtig an mich glaubt. Kinder sind Schauspieler, müssen Sie wissen, und Schauspieler sind Kinder.«
Jed konnte nicht anders, als amüsiert zu nicken. »Das glaube ich Ihnen aufs Wort.«
»Wie ich sehe, hat Izzy Ihnen schon eine Arbeit verpasst.«
»Izzy?«
»Meine liebe Tochter.« Quentin wackelte mit den Augenbrauen und blinzelte verschmitzt. »Hübsches Ding, nicht?«
»Hm, sie ist ganz in Ordnung.«,
»Kochen kann sie auch. Weiß zwar nicht, wo sie das her hat – von ihrer Mutter
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