Traumhaft verliebt - Roman
diese ganze Baumfällaktion eigentlich ab?«, fragte sie, als sie in die Küche trat.
»›Baumfällaktion‹? Was ist das denn? Schriftstellersprache?«
Sie lachte. »Es zeigt lediglich meine absolute Unkenntnis, was anständige Weihnachtstraditionen anbelangt.«
»Bist du nie mit deinen Eltern losgezogen, um euren Weihnachtsbaum zu fällen?«
Sarah brach in glucksendes Gelächter aus. Sie versuchte, sich die Doktoren Mitchell und Helen Collier beim Absägen eines Weihnachtsbaums vorzustellen, doch es wollte ihr nicht gelingen. Die einzigen Sägen, die die beiden in die Hand nahmen, waren die chirurgischen Instrumente in einem OP. »Nein. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, wie mein Dad einen Weihnachtsbaum fällt. Schließlich könnte er sich dabei seine Chirurgenhände verletzen. Ich habe die Feiertage immer bei Gram verbracht, erinnerst du dich? Und sie war ein bisschen zu alt, um Bäume abzusägen. Es war schon toll, wenn meine Eltern es überhaupt geschafft haben, an Weihnachten hier aufzukreuzen.«
»Da hast du aber wirklich etwas verpasst.«
»Ja, schrecklich, ich weiß. Ich hoffe, du hast Mitleid.«
»Nun«, sagte er, und seine Augen funkelten verschmitzt, »dann erlebst du also mit mir dein erstes Mal.«
»Ja«, gab sie schnell zurück. »Das setzt dich ganz schön unter Druck. Ein Mädchen hat schließlich gewisse Erwartungen. Das erste Weihnachtsbaumfällen sollte schon etwas ganz Besonderes sein.«
Er grinste und blickte dann auf ihre Füße.
»Du willst doch nicht etwa diese Stiefel tragen?«
Sie bewegte ihre Zehen. »Was stimmt denn damit nicht? Sie sind warm.«
»Wir werden durch die Landschaft wandern.«
»Es macht nichts, wenn sie ein bisschen schlammig werden.«
»Es sind Stilettos, verdammt noch mal«, sagte er. »Du wirst dir das Genick brechen.«
»Andere habe ich nicht.«
»Wart mal. Ich bin gleich wieder da.« Travis flitzte in die Garage und ließ sie in der Küche stehen, die einst ihrer Großmutter gehört hatte. Sie blickte sich um und erinnerte sich. In dem Eckschrank gegenüber dem Herd hatte Gram ihre Dosenvorräte aufbewahrt. Und dort hatte Sarah auf dem Tritthocker gestanden und das Mehl für die Schicksalsplätzchen, das Gram abgemessen hatte, in eine große gelbe Schüssel gekippt. Bald würde diese Küche ihr gehören.
»Auf geht’s!« Travis kam zurück ins Zimmer gestürmt, ein Paar schwarze Damengummistiefel in der Hand.
Beim Anblick der Stiefel wich ihr die Luft aus den Lungen. »Die … die gehören meiner Großmutter.«
»Ich hab sie bei unserem Einzug im Gartenschuppen gefunden.«
Eine Welle von Nostalgie schwappte über Sarah hinweg. Sie erinnerte sich an Gram, wie sie nach einem Sommerregen in ebendiese Stiefel geschlüpft war, um in den Garten hinauszugehen und zu ernten.
Travis streckte ihr die Stiefel entgegen. Ihre Finger berührten sich. Ein emotionaler Großbrand breitete sich in ihr aus, wie jedes Mal, wenn er sie berührte. Sarahs Magen geriet ins Schlingern. Oh, das war gar nicht gut. Was hatte sie mit ihm auf einer isolierten Ranch beim Aussuchen eines Weihnachtsbaums verloren? Sie sollte im Merry Cherub sein und ihr Buch fertigstellen.
»Bist du startklar?«, fragte er, als sie ihre italienischen Lederstilettos gegen Grams Gummistiefel getauscht hatte. Sie fühlten sich stabil, solide und sehr bequem an.
»Ja. Brauchen wir eine Säge oder Ähnliches?«
»Ist alles in der Werkzeugkiste hinten in meinem Pick-up«, sagte er.
Natürlich. Schließlich war er ein Mann der Wildnis. Sie folgte ihm hinaus zu seinem Wagen, an dem ein langer, flacher Anhänger befestigt war, worauf der Weihnachtsbaum transportiert werden sollte. Er hielt ihr die Beifahrertür auf. Sie stellte einen Fuß auf das Trittbrett und kletterte auf den Sitz. Travis streckte eine Hand aus, um ihr behilflich zu sein. Er gab ihr das Gefühl, dass er sich um sie sorgte, und das war in der Tat ein gefährliches Gefühl.
Er stieg ein und nahm ein Paar schmutzige Arbeitshandschuhe aus dem Handschuhfach.
»Na sieh mal einer an«, sagte sie, »du verwahrst ja tatsächlich Handschuhe in deinem Handschuhfach.«
»Du nicht?«
»Ich habe nicht mal ein Auto. Denk dran, ich wohne in Manhattan.«
Er warf ihr die dreckigen Handschuhe in den Schoß.
»Igitt, was soll das denn?«
»Zieh sie an.«
»Ich habe selber Handschuhe, vielen Dank.« Sie zog ein Paar empfindliche Lederhandschuhe aus ihrer Jackentasche.
»Vertrau mir, du wirst diese anziehen wollen.«
Mit spitzen Fingern
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