Traumjaeger und Goldpfote
draußen in den lichtlosen Bereichen, suchte etwas nach ihm. Er hätte nicht sagen können, woher er das wusste – konnte den Sinn nicht benennen, der es ihm verraten hatte –, jedoch er wusste es. Etwas Ungeheures schritt langsam und unaufhaltsam hinter ihm her, in einem zielbewussten Schweigen, das viel schlimmer war, als es jeder andere Laut in dieser trostlosen Öde hätte sein können.
Seine Stirn war wieder heiß. Leuchtete er? Er fühlte sich nackt und ausgeliefert, zur Schau gestellt. Seine Stirn brannte, und er spürte, dass sie dem Ding, das ihn jagte, den Weg zu ihm wies. Traumjäger versuchte, mit den Tatzen sein Gesicht zu verhüllen, das brennende Zeichen zu verbergen … doch er konnte nicht an seine Stirn gelangen. Sein Kopf war mit einem Mal weit fort –nein, es waren seine Beine, die schrumpften! Jetzt spürte er es, fühlte sie dahinschwinden – sie zitterten sekundenlang, dann waren sie verschwunden –, und nun lag er hilflos auf dem Bauch, unfähig wegzulaufen, obgleich jede Faser seines Körpers nach Flucht schrie. Das Ding bewegte sich auf ihn zu, nun blindlings umhertastend … kam näher und näher. Das Gefühl der Unwirklichkeit ertrank in Entsetzen. Etwas hatte ihn erspürt, und es wollte ihn packen.
Wie ein Kätzchen machte er fest seine Augen zu – in der Hoffnung, was er selbst nicht sehe, werde auch ihn nicht sehen –, doch in der unendlichen Finsternis war es grausamer Selbstbetrug, eine Dunkelheit an die Stelle einer anderen zu setzen. Das Ding war tastend beinahe bis zu ihm vorgedrungen … und jetzt glaubte er es riechen zu können: widerlich, ekelhaft und älter als Stein. Die Hitze hinter seiner Stirn pulsierte wie ein Herz aus Feuer.
Dann packte ihn etwas und schüttelte ihn und schüttelte und schüttelte …
Für einen winzigen Augenblick glaubte er aus der Dunkelheit einen schrecklichen Laut der Enttäuschung zu vernehmen. Dann merkte er, dass er hochstieg. Über ihm erschien ein Lichtfleck, der wie die Sonne herableuchtete. In der Mitte dieses Schachtes in der Schwärze sah er eine fremde, große Gestalt – sie sah aus wie ein Baum ohne Äste und war ganz von Wasser umgeben.
Als er in die Helligkeit blinzelte, nahm die aufrechte Gestalt die Umrisse Heulsangs an, der ihn schüttelte und schüttelte …
Traumjäger fiel in einen natürlichen Schlaf zurück, und als er später erwachte, fand er sich in Raschkralles Lager wieder. Heulsang, Dachschatten und sein junger Freund waren bei ihm.
»Na also, da ist er wieder!«, sagte Heulsang. »Wir alle waren schrecklich, schrecklich besorgt um dich. Ich vermute, dort wo du herkommst, gibt’s einfach nicht solche Katzenminze wiehier – ich meine, die richtige. Wir sind so froh zu sehen, dass es dir besser geht.«
Raschkralle hüpfte vor und leckte Fritti das Gesicht. Die graue Katze hielt sich im Hintergrund, betrachtete Fritti jedoch mit prüfendem Blick. Mit zitternder Stimme dankte Fritti für ihre Aufmerksamkeit. Er spürte, dass er noch nicht der Alte war. Das Licht, das durch die Bäume strahlte, erschien ihm sonderbar gebrochen und flimmernd – und alle Geräusche, die an sein Ohr drangen, zogen einen schwachen Hall nach sich. Er fühlte sich leicht und unkörperlich.
Heulsang fuhr fort: »Ich weiß wohl, dass du fürchterlich krank gewesen bist, aber wir haben den ganzen Morgen hier herumgelegen, und ich habe immer so viel zu erledigen. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, wenn ich mich davonmache und mich um ein paar Sachen kümmere.«
Bereits im Gehen drehte er sich um und setzte hinzu: »Ach ja, natürlich, fast hätte ich’s vergessen! Der Prinz hat für heute Nacht eine Audienz bei Hofe für dich erwirkt, wenn die Zeit der Tiefsten Stille beginnt. Wenn du dich nicht gesund genug fühlst, um hinzugehen, könnte man, schätze ich, den Termin verschieben – doch am Hof der Königin nimmt man’s mit dem Protokoll ziemlich genau. Nicht, dass ich dich drängen möchte, hinzugehen, versteht sich, wenn dir nicht danach ist …«
»Ich denke, ich werde in der Lage sein, dieser Ehre nachzukommen«, sagte Fritti nach kurzer Pause. »Ich bin von weither gekommen, um mit der Königin zu sprechen und …« Er machte wieder eine Pause. »Und, nun also, ich werde bereit sein.«
»Gut. Ich werde rechtzeitig zurückkommen, um dich abzuholen«, sagte Heulsang. Der gescheckte Sänger hüpfte von der Waldlichtung fort.
Fritti lag eine Weile auf dem Rücken und überließ sich seinen sonderbaren,
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