Traummann mit Zuckerkuss
besprechen…«
Auf der Suche nach den Formularen, die sie ausfüllen musste, wühlte er in seinem Aktenkoffer herum, tauchte stattdessen allerdings mit einem Apfel und einer Steinschleuder wieder auf.
» Jetzt sehen Sie aus wie Dennis, die Nervensäge«, kicherte Issy. In Gedanken strich sie ihn wieder von der Liste für Helena– er trug zwar keinen Ehering, hatte aber offensichtlich Kinder.
» Ah, ja, die benutzen wir bei säumigen Schuldnern«, grinste er. Er warf einen bedauernden Blick auf den Apfel und legte ihn wieder in das Köfferchen.
» Haben Sie Hunger?«, fragte Issy.
» Und ob«, gab Austin zu, der noch nichts gegessen hatte, weil er zu sehr damit beschäftigt gewesen war, Darny zum Frühstücken zu überreden.
» Sind Sie sicher, dass Sie nicht doch etwas Kuchen möchten? Ich würde es auch niemandem verraten.«
» Aber ich würde es doch wissen«, entgegnete Austin mit gespieltem Ernst. Er drückte den Schalter der Gegensprechanlage auf seinem Schreibtisch. » Janet, könnten Sie mir bitte die Anträge für Geschäftskunden bringen?«
» Aber die habe ich doch schon…«
Austin nahm den Finger vom Knopf.
» Janet wird Ihnen bei den Unterlagen helfen, die können Sie dann einfach an der Rezeption abgeben. Ich denke, mein Elf-Uhr-Termin ist schon da.«
» Ihr Elf-Uhr-Termin wartet seit einer halben Stunde«, bemerkte Janet, die mit einem Bündel Papiere in der Tür erschien. Sie taxierte Austin wie einen ungezogenen Schulbuben. » Ich werde ihm sagen, dass Sie jetzt Zeit für ihn haben.« Dann fegte sie wieder hinaus.
Issy stand auf. » Danke.«
» Viel Glück«, wünschte Austin und erhob sich ebenfalls. Er nahm die Brille ab und streckte die Hand aus. Issy schüttelte sie. » Hier ist meine Karte, falls Sie noch irgendetwas brauchen sollten. Und hätten Sie vielleicht gerne unseren Kuli?«
» Behalten Sie den lieber«, feixte Issy. » Ich will nicht, dass noch irgendjemand glaubt, Sie hätten mich bestochen.«
Das Wetter war kalt und grau, aber wenigstens regnete es nicht. Issy war klar, dass sie jetzt so einiges in die Wege leiten musste, aber sie hatte auch viel Stoff zum Nachdenken, als sie die geschäftige Dalston Road überquerte, in der Einkaufslustige von der Kälte unbeeindruckt Wurstbrötchen vom Bäcker aßen, sich zwischen den Marktständen durchschoben oder die Körbe vor den Ramschläden unter die Lupe nahmen. Die Newington High Street war ein wenig ruhiger, hier schoben Mummys ihre Buggys zum Baby-Yoga und zur Bibliothek, zum vegetarischen Falafel-Café oder zum Friedhof. Ein Spielzeugladen drängte sich neben einem schicken Tapetengeschäft und einer florierenden unabhängigen Buchhandlung.
Dann bog Issy wieder ab, dieses Mal in die Albion Road. Die großen grauen Häuser starrten sie gleichgültig an. Hier waren kaum noch Fußgänger unterwegs, und der lange 73er-Gelenkbus, der sich um die Straßenecken schob, ließ anderen Verkehrsteilnehmern kaum Platz. Fast versteckt kam dann an der Ecke die kleine Abzweigung in Sicht… Als Issy Pear Tree Court betrat und das Schild im Fenster sah– Vermietet –, da machte ihr Herz einen Satz. Trotz der Kälte setzte sie sich auf die kleine Bank unter dem Baum. Selbst bei diesem frostigen Wetter spürte sie, wie sie ein Gefühl von Ruhe und Frieden überkam. Die Sonne hatte sich gerade erst gezeigt und warf ein kleines bisschen Frühling auf ihr winterbleiches Gesicht. Sie schloss genüsslich die Augen. Bald war die kalte Jahreszeit zu Ende. Und dann würde sie hier über ihr kleines Reich regieren, mitten im Epizentrum einer der hektischsten Städte der Welt. Würde sie es wirklich schaffen?
Als Des ankam, um ihr die Schlüssel zu überreichen, fand er Issy genau so vor. Sie saß auf der Bank und wirkte abwesend und verträumt. Oh-oh, dachte er besorgt. Sehr unpassend für eine angehende Unternehmerin. Das sah eher nach jemandem aus, der den Kopf in den Wolken hatte.
» Hey, hallo«, grüßte er und stellte sich direkt in ihren winzigen Sonnenwinkel. » Tut mir leid, dass ich zu spät komme. Meine Frau sollte eigentlich… hm, na ja, egal.«
Issy sah aus zusammengekniffenen Augen zu ihm hoch. » Hi! Sorry, aber hier sitzt man so entspannt. Gestern ist es bei mir ziemlich spät geworden…« Beim Gedanken an letzte Nacht verstummte sie. Dann sprang sie auf und versuchte, eine professionelle Haltung einzunehmen. » Dann mal auf ins Lokal. Wollen wir?«
Issy hatte von Berufs wegen jahrelang Kunden durch Gebäude geführt und in
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