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Traumschlange

Titel: Traumschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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sie meinen Tieren überläßt.« Sein Schatten und seine Gestalt verschwanden. Schlange drückte Melissa enger an sich, spürte jeden langsamen, beschwerlichen Herzschlag des Kindes durch ihren eigenen Körper pochen. Sie fror so sehr und war derartig müde, daß sie nicht länger klar nachzudenken vermochte. Schlaf würde sie stärken, aber um Melissas willen und in ihrem eigenen Interesse mußte sie wach bleiben.
    Ein Gedanke haftete in ihrem umnebelten Bewußtsein: Widersetze dich Norths Wünschen. Vor allem anderen war ihr klar, daß sie und ihre Tochter verloren waren, wenn sie sich ihm unterwarfen. Mit langsamen Bewegungen, damit sie das Nachlassen des Schmerzes in ihrer Schulter nicht beeinträchtigte, nahm Schlange Melissas Hände und massierte sie, um sie zu wärmen und den Blutkreislauf wieder anzuregen. Das Blut an den Traumschlangenbissen war mittlerweile geronnen. Eine der Schlangen wand sich um Schlanges Knöchel. Sie bewegte ihre Zehen und spannte die Sehnen ihres Knöchels, in der Hoffnung, die Traumschlange werde sich entfernen. Ihr Fuß war so kalt, daß sie es kaum spürte, als die Giftzähne sich in den Rist ihres Fußes senkten. Unbeeindruckt rieb sie weiterhin Melissas Hände. Sie hauchte darauf und küßte sie. Ihr Atem bildete in der Kälte kleine Wölkchen. Das trübe Licht erlosch allmählich ganz. Schlange blickte nach oben. Der Ausschnitt der grauen Kuppel, den sie zwischen den Rändern der Felsspalte sah, war mit dem Anbruch der Nacht beinahe schwarz geworden.
    Schlange empfand ein überwältigendes Gefühl von Kummer. Dies ähnelte der Nacht, als Jesse starb, nur die Sterne fehlten, der Himmel war jedoch ebenso klar und dunkel gewesen, die Felsen hatten sie kaum weniger steil umgeben, und die Kälte hier war so bedrängnisvoll wie in der Wüste die Hitze. Schlange lehnte sich über Melissa, schirmte sie von den Schatten ab. Wegen der Traumschlangen hatte sie nichts für Jesse tun können; wegen der Traumschlangen konnte sie nichts für Melissa tun. Die Traumschlangen rotteten sich zusammen und krochen auf sie zu, ihre Schuppen glitten wispernd über den feuchten Stein... mit einem Ruck erwachte Schlange aus dem Traum.
    »Schlange?« Das Wispern, das sie gehört hatte, war Melissas Stimme.
    »Ich bin hier.« Sie sah das Gesicht ihrer Tochter. Der letzte verwaschene Lichtschein erzeugte auf ihrem lockigen Haar und der ledrigen Brandwunde einen matten Glanz. Ihre Augen schauten benommen drein.
    »Ich habe geträumt...« Ihre Stimme sank herab. »Er hatte recht!« schrie sie dann plötzlich in heller Wut; »Der verfluchte Kerl hatte recht!« Sie warf ihre Arme um Schlanges Hals und verbarg ihr Gesicht. »Für ein Weilchen habe ich alles vergessen.« Ihre Stimme klang gedämpft. »Aber ich will‘s nie wieder. Nie wieder...«
    »Melissa...« Beim Tonfall ihrer Stimme versteifte sich Melissa. »Ich weiß nicht, was werden soll. North sagt, er will dir nichts antun.« Melissa bebte; oder ihr schauderte. »Wenn du dich seiner Anhängerschaft einreihen möchtest...«
    »Nein!«
    »Melissa...«
    »Nein! Ich will es nicht! Es ist mir egal, was wird!« Ihre Stimme klang schrill und gepreßt. »Das wäre genauso, als wäre ich wieder bei Ras...«
    »Melissa, mein Liebes, du hast nun ein Zuhause, wohin du gehen kannst. Eben das, worüber wir vorher gesprochen haben. Die Heiler müssen von diesem Ort erfahren. Du mußt dir eine Gelegenheit zur Flucht verschaffen.«
    Melissa kuschelte sich wortlos an sie. »Ich habe Dunst und Sand im Stich gelassen«, sagte sie schließlich. »Ich habe nicht getan, was du wolltest, und nun müssen sie verhungern.«
    Schlange streichelte ihr Haar. »Sie werden eine ganze Zeitlang mühelos durchhalten.«
    »Ich fürchte mich«, flüsterte Melissa. »Ich wollte mich nicht wieder fürchten, das habe ich versprochen, aber ich fürchte mich. Schlange, wenn ich sage, ich möchte mich ihm anschließen, und er will mich wieder beißen lassen, dann weiß ich bestimmt nicht, was ich machen soll. Ich möchte nicht mich selbst vergessen.., aber für eine Weile habe ich‘s getan und...« Sie berührte die schwere Brandwunde rund um ihr Auge. Eine solche Geste hatte Schlange noch nie bei ihr beobachtet. » Das war weg. Nichts tat mehr weh. Und nach einer Weile täte ich dafür alles.«
    Schlange packte eine zudringliche Traumschlange und warf sie beiseite, ging roher mit dem Tier um, als sie es sich jemals zugetraut hätte.
    »Würdest du lieber sterben?« fragte sie schroff.
    »Ich

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