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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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hatte Hugh von einem Mr. Finch gesprochen, der einen ganz besonderen Widder besaß. Er stammte aus einer französischen Zucht, der Rambouillet-Rasse, hatte Hugh erklärt. Dieser Widder besaß die Eigenschaften, die Hugh in seine Merinoschafe einkreuzen wollte, um eine Schafrasse zu züchten, die widerstandsfähig und genügsam war und auf den dürren Weiden von Queensland überleben würde. Aber der Widder war leider unverkäuflich gewesen.
    »Ich habe heute von Finch ein Telegramm erhalten. Er will nach England zurückkehren und bietet mir den Widder zum Verkauf an«, sagte Hugh. »Es ist ein wunderbares Tier, Joanna, groß und robust mit einem breiten Brustkorb und langstapeliger Wolle. Finch sagt, er bringt ein Vlies von fünfundzwanzig Pfund ungewaschener Wolle. Stell dir das vor, Joanna! Wenn es mir gelingt, die besten Eigenschaften dieses Widders und meiner besten Merinoschafe zu vereinigen, dann werden wir vielleicht bald Schafe haben, die sich überall in Queensland und Neusüdwales halten lassen. Ich träume schon so lange davon, eine neue Rasse zu züchten, und jetzt scheint der Traum in greifbare Nähe gerückt. Ich kann mir diese Chance nicht entgehen lassen!«
    »Aber natürlich nicht!« sagte sie, als sie seine Begeisterung sah. »Wann werden wir diesen Widder haben können?«
    »Ich muß sofort nach Melbourne. Finch hat ihn mir zuerst angeboten. Aber es wird mit Sicherheit auch andere Interessenten geben.« Er schwieg und sah sie an. »Also«, sagte er, »wir bekommen ein Kind.« Er lachte. »Das ist schon komisch, wenn ein Mann von einem anderen Mann hört, daß seine Frau schwanger ist.«
    »Wer dieses Paket verschnürt hat«, Joanna mühte sich mit der Schnur ab, »der wollte, daß man es nie wieder öffnen kann.«
    »Was glaubst du, was dir Drexler schickt?«
    »Ich habe keine Ahnung. Die Sonderzustellung hat viel gekostet. Sieh dir die Briefmarken an!« Außer dem regelmäßig eintreffenden Scheck hatte sie von dem Anwaltsbüro in Bombay bisher nichts bekommen. Aber sie rechnete mit einer Nachricht in einem Jahr, denn dann wurde sie einundzwanzig und erhielt die Verfügungsgewalt über ihr ganzes Erbe.
    »Ach übrigens, Hugh«, ihr fiel Lathrops Brief wieder ein, und sie griff schnell in die Rocktasche. »Das ist heute gekommen – ein Brief von dem Mann, den meine Mutter im Tagebuch erwähnt.«
    Während Joanna weiterhin mit der Verschnürung kämpfte, öffnete Hugh den Brief und las vor: »Meine liebe Miss Drury, ich schreibe Ihnen als Antwort auf Ihre verschiedenen Briefe an mich. Entschuldigen Sie, daß ich erst jetzt antworte, aber ich war verreist. Da ich viel unterwegs bin, ist meine Adresse nach wir vor das Regent Hotel in Kalifornien. Man kann mich immer durch Mrs. Robbins, die Besitzerin, verständigen, wenn es notwendig sein sollte.
    Ja, ich war in den Jahren 1826 bis 1829 ein Kommilitone Ihres Großvaters am Christ’s College in Cambridge. Wir wollten uns beide auf die Ordination als Priester der anglikanischen Kirche vorbereiten. Ich erinnere mich noch gut an John und an seine Braut. Ich war ihr Trauzeuge! Die bezaubernde Naomi war wirklich bis über beide Ohren verliebt. John wollte so schnell wie möglich mit seiner praktischen Arbeit beginnen. Aber er ist nicht als Missionar nach Australien gereist, Miss Drury. Und bei seinen Aufzeichnungen handelt es sich ganz bestimmt nicht um Predigten.«
    »Keine Predigten«, sagte Hugh. »Was mag er denn sonst geschrieben haben?«
    Er las weiter: »John beendete das Studium in Cambridge nicht«, schrieb Lathrop, »denn er stellte fest, daß er für ein religiöses Leben nicht geschaffen war. Ich vermute, Ihr Großvater war eigentlich ein Agnostiker, obwohl er es nicht zugab. Er wollte die Bibel nicht von der Kanzel predigen, sondern ihn interessierte es mehr, sie unter Beweis zu stellen. Soweit ich mich erinnere, setzte er sich am meisten mit den Stellen über das Paradies auseinander.
    Er vertrat die Theorie, daß Gott enttäuscht über Adam und Eva in einem anderen Teil der Welt einen zweiten Garten Eden erschaffen hatte. John glaubte, das zweite Paradies in Australien zu finden. Als er die Berichte über das primitive Volk las, auf das man in der Umgebung der Siedlung Sydney gestoßen war, Menschen, die weder lesen noch schreiben konnten, die das Rad nicht kannten, die unbekleidet lebten und ihre Nahrungsmittel nicht anbauten, war er der Ansicht, das sei das zweite Paradies, aus dem die Ureltern
nicht
vertrieben worden waren. Johns

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