Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Treue Genossen

Treue Genossen

Titel: Treue Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
packte die grapschende Hand, drehte sie ihm auf den Rücken und rammte ihn gegen einen Baum. Er wirbelte herum, trat Taras gegen den Kopf, dann Dymtrus in den Unterleib. Doch im Fallen bekam Dymtrus sein Knie zu fassen, und er konnte nicht genug Kraft in den Schlag gegen Taras’ Kopf legen. Dymtrus zog sich an ihm hoch. Taras schlug mit der Pistole zu. Dymtrus hielt ihm die Arme fest, damit Taras ein besseres Ziel hatte. Das Nächste, was er wahrnahm, war, dass er am Boden lag und auf den Rücken gedreht wurde. Ihn erschießen war zu einfach. Das hätten sie sofort tun können, als sie ihn eingeholt hatten.
    »Ich habe das Kissen mitgebracht«, sagte Dymtrus.
    Er zog es unter seiner Uniformjacke hervor und legte es Arkadi auf die Brust, während Taras sich hinkniete und seine Arme festhielt. Dymtrus atmete schwer, Speichel troff aus seinem Mund. Das Blut auf dem Kissen war noch feucht.
    Arkadis Augen suchten den Mond, einen Baumwipfel, irgendetwas.
    »Du wirst so sterben wie Karel«, sagte Dymtrus. »Dann werfen wir dich ins Wasser, und in den nächsten tausend Jahren findet dich kein Schwein.«
    »Fünfzigtausend.« Alex Gerasimow trat unter den Bäumen hervor. »Fünfzigtausend Jahre kommt eher hin.«
    Alex hielt eine Pistole in der Hand. Er schoss Dymtrus in den Rücken. Der große Mann brach wie ein Schlachtochse tot zusammen. Sein Bruder hockte überrascht da, strich sich das Haar aus den Augen und wollte gerade etwas sagen, als Alex ein zweites Mal abdrückte. Ein Zigarettenbrandloch durchs Herz. Taras starrte auf das Loch hinab, kippte nach hinten und blieb ausgestreckt liegen.
    Alex hob das Kissen auf. »Je ne regrette rien. Absolut«, sagte er und warf das Kissen hinaus aufs Wasser, fast bis zu der Warntafel.
    Sie trugen die Leichen zurück.
    Alex sagte, der Sumpf und der Hang seien zu verstrahlt. Die Miliz werde die Woropais entweder liegen lassen oder an den Füßen wegschleifen. Ob Arkadi die Tschernobyler Miliz noch nie bei der Arbeit gesehen habe? Was für eine Art von Untersuchung erwarte er denn? Zum Glück gebe es zwei Zeugen.
    »Die wollten Sie umbringen, und ich habe Ihnen das Leben gerettet. War es nicht so?«
    Sie trugen die Woropais auf der Schulter, wie Feuerwehrleute. Alex ging mit Dymtrus voraus, Arkadi folgte wankend mit Taras. Das eine Auge schwoll ihm zu, und von dem Hieb mit der Pistole war sein Gleichgewichtssinn gestört. Sie schleppten sich langsam bergauf, und bei jedem Schritt glitten sie auf Nadeln aus.
    »Ein Glück für Sie«, meinte Alex, »dass ich den Schuss gehört habe. Zuerst dachte ich, ein Wilderer mitten in der Stadt. Sie wissen ja, was ich von Wilderern halte.«
    »Ich weiß.«
    »Dann hörte ich noch einen Schuss hinter der Schule und ging dem Geschrei nach. Die Woropais machen viel Lärm.«
    »Ja.«
    »Sind Sie verletzt?«
    »Ich bin in Ordnung.«
    Alex blieb stehen und blickte sich um. »Wir bringen die beiden zur Schule, dann hole ich den Pritschenwagen.«
    Arkadi strauchelte über eine Wurzel und fiel auf die Knie wie ein Kellner, der zu viel auf dem Tablett hatte. Er konnte die Last nicht auf die andere Schulter nehmen, da er nur noch auf einem Auge sah. Er raffte sich wieder auf und fragte: »Haben Sie Katamai gesehen?«
    »Ja. Wissen Sie, was bei Vollmond so ungewöhnlich ist? Man fühlt sich wie ein Tier, man sieht wie ein Tier.« Obwohl er den schweren Dymtrus trug und vorn und hinten Pistolen in seinem Gürtel steckten, drosselte Alex seine Schritte nur, um sich Arkadis Tempo anzupassen. »Wir verdienen keinen Vollmond. Wir machen alles kleiner. Alles Große vernichten wir. Baumriesen, Großkatzen, Wale, ungezähmte Flüsse. Das ist das Wunderbare an der Zone. Wenn wir uns fünfzigtausend Jahre fern halten, kann hier etwas entstehen.«
    »Haben Sie Karel gesehen?«, wiederholte Arkadi.
    »Er sah nicht gut aus.«
    Arkadi setzte mühsam einen Fuß vor den anderen, und Alex begann zu reden wie ein Erwachsener, der mit einem wehleidigen Jungen durch die Kälte marschiert und ihn mit Geschichten und Dingen, die er gern hört, ablenkt.
    »Pascha Iwanow und Lew Timofejew waren die Lieblingsschüler meines Vaters, sie gingen bei uns zu Hause ein und aus. Seine besten Wissenschaftler, seine besten Dozenten, und wenn er zum Arbeiten zu betrunken war, sein bester Schutz. Selbst von der schlimmsten Katastrophe geht etwas Positives aus, finden Sie nicht? Und ich schwöre Ihnen, als ich bei NoviRus anfing, ging es mir nur um den Nebenverdienst. Ich sann nicht auf

Weitere Kostenlose Bücher