Trias
den Fährten in Hilperts Leben und seiner möglichen Zusammenarbeit mit dem BND legte Storm keine weiteren Spuren frei, auf denen Croy vorwärtskam.
Croy verabschiedete sich von der Idee, Storm mit nach Semtin zu nehmen. Er würde diesen Job auch allein bewältigen. Wozu war all das Training gut gewesen? Er konnte selbst mit verbundenen Augen eine Bombe bauen.
Er aß zu Mittag, wo nur die Einheimischen, Taxifahrer und Polizisten hingingen. Die in Tschechien beliebten und sehr billigen Jidelna-Lokale kochten einfach, aber gut. Bei einem Schweinebraten mit Klößen und Weißkraut in der Nähe der Prager Messe dachte Croy darüber nach, was er alles über den Ermittlungsstand wusste und wo seine Lücken waren.
Klar war, sortierte er seine Gedanken, dass nunmehr drei an Trias beteiligte Männer auf unnatürliche Weise gestorben waren: Rumpf, Kirijenko und Spread. Unklar war bis jetzt noch, wer auf Seiten der US-Administration den Hut aufhatte.
Er machte sich eine Notiz.
Von Spread war bekannt, dass er der Sohn eines hohen Nazis gewesen war und bis zu seinem Tod offenbar rechtsextreme Gruppierungen finanziell unterstützt hatte. Sein Freund Sprock ging sogar noch weiter, indem er das intellektuelle Futter für einige der militantesten Kameradschaften beisteuerte. Blieben noch die anderen Beteiligten. Der Attentäter Rumpfs, Franz Hilpert, war MfS-Offizier gewesen, hatte Kontakte zum russischen Inlandsgeheimdienst FSB und war in Dresden verhaftet worden. Er machte sich erneut eine Notiz: Verhör, FSB, Spur?
In Gewahrsam war auch einer der Attentäter und sein Verfolger vom Prager Flughafen; sein Kumpan, der mutmaßlich auch mit in Görlitz gewesen war, hatte diese erneute Attacke nicht überlebt. Blieb noch der große Unbekannte. Der Mann aus München, von dem der Tscheche gesprochen hatte. Den er als Drahtzieher im Hintergrund titulierte. War das vielleicht der BND-Kontakt? Oder konnte er Sprock gemeint haben? Waren die drei hochrangigen Opfer etwa dem Komplott von Neonazis zum Opfer gefallen? Doch wo war deren Motiv? Etwa Trias zu verhindern? Aber warum? Der Vertrag stärkte Deutschland auf unermessliche Weise für viele Jahre. Nationalkonservative und Nazis müssten den Vertrag eher lieben als hassen, dachte Croy weiter. Und trugen Rechtsextreme wirklich einen Zopf? Wo war Sprock jetzt? Croy ärgerte es noch immer, dass er und Malik nichts gegen ihn in der Hand hielten, was eine Festsetzung rechtfertigte.
Croy bestellte einen weiteren Kaffee, süßte ihn, goss Milch hinein und sah auf eine der Tatra-Straßenbahnen, die gerade viel zu schnell in eine enge Schienenkurve rollte und gefährlich nach links schwankte. Der Stahl ihrer Räder verursachte ein ohrenbetäubendes Kreischen. Jetzt schaute er nicht mehr allein aus dem Fenster.
Was weiß ich noch und was nicht?, trieb er sich weiter an. Er suchte nach den Motiven. Wenn der marokkanische V-Mann recht hatte, musste Trias die meisten Regierungen der Welt zum Feind haben. Am meisten betroffen wären allerdings die Supermächte Indien, China, vielleicht aber auch Frankreich und Großbritannien.
Er schrieb erneut einen Gedanken auf. Hinter Großbritannien machte er ein Fragezeichen. Indien und China unterstrich er. Was war mit Sprocks Hinweis auf mutmaßliche chinesische Verfolger Spreads? Lag in einem dieser Länder der Schlüssel für die Attentate? Was war denn nun mit den Ukrainern oder Weißrussen? Konnte man das Motiv der Visa-Restriktionen und ihre Folgen endgültig streichen? Ansatzpunkte für Attentäter aus diesem Gebiet gab es, außer Drohbriefen, keine. Er notierte noch ein paar Worte, die letzten waren: Semtin Freitag .
Während Markus Croy den Kaffee leerte, beschloss er zwei seiner nächsten Schritte. Er würde noch heute Abend ein ausführliches Gespräch mit Kaltenborn zum Stand der Ermittlungen führen und, bevor ihn sein Vorgesetzter wieder aus Prag abkommandierte, die Operation in Semtin hinter sich bringen. Die Tasche mit dem technischen Gerät lag in der Pension bereit.
Die Informationen, die die CIA von Saanigri über den Sprengstofftransport bekam, waren zu Croy und Kaltenborn bisher nicht vorgedrungen. Und die Amerikaner dachten nicht im Traum daran, ihr Wissen mit den Europäern zu teilen.
Saanigri wusste, dass er mit dem Feuer spielte. Doch der marokkanische Agent verließ sich auf Kaltenborn und Kong, die ihm beide glaubhaft ihren Schutz zugesichert hatten. Seine Art zu arbeiten machte ihn sich selbst gegenüber nicht sympathisch;
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