Trias
Häuserwand zur Straße angeschraubt. Das Haus war viereckig und zwei Etagen hoch. Das obere Stockwerk war nach hinten versetzt und hatte eine Terrasse. Darunter waren zwei breite, nebeneinanderliegende Fenster in die Front eingelassen, über die der Architekt jeweils zwei hervorspringende Leisten aus braunem Backstein gesetzt hatte.
Der einzige Zugang zum Haus von der Straße war eine rund zwei Meter hohe Pforte, die mit schmiedeeisernen Verzierungen versehen war. Den Mittelpunkt des linken Tores bildete ein Putte mit Flügeln an den Schultern, der in der rechten Hand einen Kreuzstab und in der linken ein Stilett hielt. Um den barocken Engel herum rankten sich schmiedeeiserne Zweige mit Weinblättern und Trauben.
Ein schwarzer Geländewagen hielt vor dem Haus, ein nur wenige Tage alter Dodge Nitro , der mit seiner martialisch wirkenden Front - einem übergroßen, verchromten Malteserkreuz auf einem riesigen Grill - wie ein Gefährt aussah, das in einen Glaubenskrieg zog. Sein Besitzer, Thomas Gordon Spread, der Chef der Firma, durchschritt auf seinem Weg ins Haus eine Art Laubengang, der von beiden Seiten durch eine inzwischen kahle Rosenhecke begrenzt wurde und hoch genug war, um sie gefahrlos passieren zu können. Spread kam von einem Termin im World Financial Center. Er schritt mit schnellem Gang über das mit einem lackierten Holzfußboden ausgelegte Eingangsvestibül. Spread war ein elegant gekleideter Mann. Sein grauer Flanellanzug saß maßgerecht an ihm; der Hemdkragen schien betoniert, und die Ledersohlen seiner schwarzen Budapester machten auf dem Holz vornehm klackernde Geräusche.
Die Gesellschaft saß im ersten Stock hinter schwingenden Glastüren. Die Scharniere waren mit schwarzem Marmor eingefasst. Im offenen Empfangsraum, der durch einen halbrunden Tresen aus schwarzem Mahagoniholz in ein Davor und ein Dahinter geteilt war, saß eine Frau Mitte dreißig mit brünetten Haaren in einem hellblauen Kostüm mit einer goldenen Brosche über der linken Brust und tippte etwas in ihren Macintosh-Computer. Die Frau beugte sich über den Tresen und sah mit gewinnendem Lächeln zu ihrem Chef. Spreads knochiges Kinn ragte viel zu lang und spitz aus seinem Gesicht heraus, als dass sie hätte sagen können, er sehe gut aus.
Leise fragte sie: »Hatten Sie einen angenehmen Tag, Mr. Spread?« Ihre Augen leuchteten dabei wie zwei Kristalle.
Spread verscheuchte mit der Hand eine Fliege, die sich auf das Flanell seines Armes gesetzt hatte.
»Ja, Emily, und Sie?«
»Natürlich, Sir. Ihre beiden Besucher sind schon da. Sie haben sogar schon etwas vorlaut gefragt, wo Sie denn bleiben.«
Spread warf seine Stirn in Falten. Das Meeting war für zehn Uhr verabredet, und er mochte es nicht, ein schlechtes Gewissen zu haben, nur weil die Zeit etwas fortgeschritten war.
Unsichtbar für ihn spähte ein klein gewachsener Mann mit rötlichen Haaren und asiatisch geschnittenen Augen um die Ecke des Flures und sah, wie Spread den Besucherraum betrat. Als er verschwunden war, schlenderte der Halbasiate an den Tresen und flüsterte dem Mädchen etwas zu.
Emily nickte wortlos und lächelte dabei verschwörerisch.
Der Mann verschwand hinter einer weiteren Glastür am gegenüberliegenden Ende des Flurs. In ein messingfarbenes Schild waren sein Name und seine Stellung eingraviert: Alister Hu McCann · Finance Controlling . Sein Chef vertraute ihm und mochte ihn, er war seine rechte Hand.
Spread, der sich dem Lager amerikanischer Rechtskonservativer zugehörig fühlte, war ein Wirtschafts- und Politikwissenschaftler, der seit seiner Pensionierung vor zwei Jahren als Senior Fellow des Federal Institute for Energy Sources (FIES) die Fäden des einflussreichen Think Tanks der Vereinigten Staaten in der Hand hielt. Autumn Leaves war nur ein Zweig des Netzwerks, allerdings ein bedeutender. Er stellte die Verbindung in das politische Europa und zu seinen Vertretern aus Politik und Wirtschaft her.
Einer von Spreads Besuchern hieß Boyan Chopov, ein 35-jähriger Yale-Absolvent, der nach einem Slawistik- und Ökonomiestudium in einer der größten Wirtschaftsberatungsgesellschaften New Yorks arbeitete. Er beriet vor allem russische Klienten aus der Energiewirtschaft und half ihnen, den Weg nach Westen zu finden. Da die großen Öl- und Gaskonzerne mehrheitlich in Staatsbesitz waren und noch immer sind, war sein Tätigkeitsfeld so vielgestaltig wie die Fantasien der Russen über den Wert eigener Energiereserven.
Der andere Besucher,
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