Trias
der ein Jahr ältere Ralph Weinstein, war ebenfalls Absolvent der Yale University und steuerte inzwischen als Anlageberater bei Goldman Sachs von New York aus Termingeschäfte am Ölmarkt in Rotterdam.
Beide waren sie zwar nur assoziierte Mitglieder des Federal Institute for Energy Sources , strebten aber wie Einser-Studenten mit unübersehbarem Ehrgeiz danach, vollwertige Mitglieder in jenem Geheimclub zu werden, der die US-Administration seit den Sechzigerjahren mit mehr oder weniger großem Druck in bestimmte außenpolitische Entscheidungen drängte. Für sie war, wie für viele andere Mitglieder auch, der FIES -Gründer Samuel Linklater eine Art Vaterfigur, ein Gott, der den Traum von amerikanisch definierter Freiheit und Profit zum selig machenden Credo erhoben hatte.
Chopov und Weinstein hatten sich gerade über das vom Fenster aus gut sichtbare Staten Island unterhalten, als Spread von hinten an sie herantrat.
»Fantastische Aussicht, nicht wahr?« Unter ihnen kräuselte sich das Wasser des Hudson River, auf dem jetzt unzählige Fähren unterwegs waren, die einen Teil der Inselbewohner zur Arbeit nach New York City brachten.
»Ich hörte, Sie waren ungeduldig? Die Präsidentin ist keine Frühaufsteherin, müssen Sie wissen …« Ihr Gastgeber lächelte süffisant.
Spread setzte sich dem Fenster gegenüber an die Stirnseite des schmalen, nur etwa zwei Meter langen Konferenztisches, während die beiden anderen sich jeweils links und rechts von ihm niederließen.
Der Senior Fellow zog einen schwarzen Ordner aus seiner Aktentasche. Er hielt ihn geschlossen.
»Dieses Treffen und alle Informationen, die Sie nun hören, sind top secret . Haben wir uns verstanden?«
Beide Männer nickten stumm und sahen ergeben auf Spread.
»Sie werden sich sicher fragen, warum Sie hier sind?«
Die gleichen Blicke.
»Abgesehen von Ihren hervorragenden Referenzen verfügen Sie beide über die außerordentliche Qualifikation, die jeweiligen Sprachen der beiden Partnerländer nicht nur fließend zu sprechen, sondern auch deren Mentalität und wirtschaftsgeschichtliche Entwicklung zu kennen. Und da Sie auch noch dem FIES zumindest als assoziierte Mitglieder angehören, dürften Ihre Interessen mit denen unserer Stiftung übereinstimmen.«
Chopov und Weinstein fühlten sich sichtbar geschmeichelt. Spread, dem das nicht entgangen war, fuhr ein wenig eisig fort: »Ich hoffe, mich in Ihnen nicht geirrt zu haben.«
»Oh, nein«, beeilte sich Chopov zu sagen, »ganz sicher nicht. Ihre Einladung kam für uns ein wenig überraschend, müssen Sie wissen.«
»Gut«, erwiderte Spread, »kommen wir zu den Details.«
Chopov und Weinstein richteten sich synchron auf.
»Der Jahrtausendvertrag mit Russland und Deutschland hat, wie Sie sich denken können, geopolitische Gründe. Der Irak und jüngst auch Saudi-Arabien taumeln wegen innenpolitischer Krisen und den terroristischen Anschlägen des Al-Qaida-Netzwerks an den Rand des Abgrunds, ergo: Ihre Ölmengenproduktion ist unvorhersehbar und dadurch für die Kunden im Westen zu einem erheblichen Unsicherheitsfaktor geworden. Ähnlich verhält es sich mit anderen arabischen Ländern, die quasi über Nacht ihre Haltung zu Israel dramatisch verändern und damit auch Amerika meinen. Bleiben noch die Libyer, die Wölfe im Schafspelz …«
Chopov hob den Finger. »Da sind aber auch noch die Lateinamerikaner …«
Spread zog die Augenbrauen hoch. »Sehen Sie, Chopov, zu denen wollte ich gerade kommen.«
Chopov lächelte unsicher.
»Seit wir in Bolivien und Venezuela Linke als Präsidenten haben, wächst vor unserer Haustür ein Kosmos heran, der ebenfalls geeignet ist, unsere Wirtschaft aus der Bahn zu werfen. Wer weiß schon, ob andere Erdölförderländer wie Argentinien oder gar Panama mit seinem sensiblen Kanal nicht auch irgendwann linke Natterngezüchte an der Regierung haben? Kurzum …«, Senior Fellow Spread sah bedeutsam auf seine beiden Besucher, »Amerika, und das hat Präsidentin Wood erst kürzlich wieder betont, muss sich unabhängig machen vom Öl und seinem Transport aus den muslimischen und nun auch lateinamerikanischen Ländern. Der Dreiachsen-Vertrag mit dem Codenamen Trias zwischen uns, den Russen und den Deutschen wird uns - was die Rohstoffe anbelangt - auf wundersame Weise auf Jahrzehnte hinaus vom Rest der Welt entkoppeln …«
Weinstein, der bislang still und aufmerksam zugehört hatte, ergriff das Wort. »Mr. Spread, denken Sie nicht, dass die betroffenen
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