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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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Elend stürzen würde, wenn er nun ablehnte. So wurde er mit Alcha verheiratet und aus der Flucht mit Perlenkranich wurde nichts.
    Alcha war bildschön, doch sie war mit verkrüppelten Beinen geboren worden. Wäre ihre Mutter nicht Saburs Lieblingsschwester gewesen, hätte sie es schwer gehabt, doch so verfügte sie über mehrere Diener und Hirten und war es gewohnt, mit all der Achtung behandelt zu werden, die einer Verwandten des Häuptlings zukam. Deshalb fiel es ihr besonders auf, dass Bara sie nicht mit Zuneigung oder freundlicher Neugier, sondern recht ablehnend betrachtete.
    »Du magst mich nicht leiden, weil ich nicht gut gehen kann«, sagte sie anklagend noch in der ersten Nacht, und obwohl Bara nicht log, als er ihr versicherte, sie irre sich, glaubte sie ihm nicht. Er konnte ihr schlecht die volle Wahrheit sagen und erklären, dass eine der Konkubinen ihres Onkels es ihm angetan hatte, und durch sein Schweigen auf ihre weiteren Vorwürfe fühlte sie sich in ihrem Verdacht bestätigt.
    »Jurgateij hat mich das nicht spüren lassen«, sagte sie in den nächsten Tagen bei jeder Gelegenheit zu ihm, »doch dank deiner Schwester ist er ja nun tot.«
    Das verdross Bara, doch wenn er gehofft hatte, stattdessen bei Perlenkranich Trost zu finden, wurde er enttäuscht, denn als er sie das nächste Mal traf, nannte sie ihn einen wortbrüchigen Feigling und ließ ihn stehen. So blieb ihm vorerst nichts, als sich mit Alcha abzufinden, so gut er eben konnte. Leicht fiel ihm das nicht und es belastete ihr Verhältnis noch zusätzlich, dass keines ihrer ersten beiden Kinder lange am Leben blieb. Als sein drittes Kind geboren wurde, sah Bara es kaum an, da er ja doch nicht lange etwas von dem zerbrechlichen Wesen haben würde, das Alcha nach der Heldin, die in grauer Vorzeit den großen Himmelstiger des Westens bezwungen hatte, Asri nannte. Doch Baras Tochter war stärker und zäher, als seine Söhne es gewesen waren, und starb nicht, weder nach einigen Tagen, wie er es erwartet hatte, noch nach einem Jahr, noch nach zweien oder dreien. Stattdessen blieb sie gesund, wuchs und zeigte die nötigen Anlagen, später einmal Tiger und alle sonstigen Feinde zu überwinden. Aber sie war mehr Alchas Kind als seines und lief mit allem zu ihrer Mutter, nicht zu ihm.
    Alcha freute sich darüber natürlich, und als ihre Tochter größer wurde, lehrte sie sie alle Künste, die sie beherrschte, Bara aber nicht: Die Seidenstickerei ebenso wie das Spiel auf der Knochenflöte und die geheimen Anrufungen der Ahnen. Bara beschränkte sich darauf, Asri auf ein Pferd zu setzen, als sie alt genug dafür war, und hielt sich ansonsten lange aus ihrer Erziehung heraus, wie er überhaupt mehr und mehr Zeit fern vom Lager der Leute von der Roten Stute verbrachte. Von den Winterweiden aus ritt er wochenlang auf Jagd und im Sommer ließ er sich von fremden Händlern dingen, sie durch unwegsames Gebiet zu führen oder Botschaften für sie bis in die Städte zu tragen. Immerhin gelang es ihm, wieder Frieden mit Perlenkranich zu schließen, doch mit ihr fliehen konnte er nun nicht mehr.
    Einige Jahre lang ließen Baras Verwandte ihn gewähren und ihn sein Leben so führen, wie er es für gut hielt; dann aber kamen eines Abends seine Schwestern zu dritt in sein Zelt, als Alcha eben mit Asri ihre Mutter besuchte, setzten sich im Halbkreis um ihn und redeten ein sehr ernstes Wort mit ihm.
    »Du solltest dich schämen, Sohn meiner Mutter«, sagte die älteste und schon daran, dass sie ihn weder beim Namen noch »Bruder« nannte, erkannte Bara, dass die Ermahnung schlimm werden würde. »Du vernachlässigst deine Tochter. Willst du, dass sie später einmal wie ihre Mutter das Lager nie verlässt, obwohl sie zwei gesunde Beine hat? Du bringst ihr nicht bei, was du ihr beibringen müsstest.«
    »Das ist wahr«, sagte die zweite Schwester, »denn ich musste ihr zeigen, wie man einen Bogen spannt; das hätte sie von dir längst wissen sollen. Ein guter Mann hätte anders gehandelt, als du es getan hast.«
    »Man wird an allen Feuern so über dich reden«, fügte die dritte hinzu, »und das wird auch auf uns ein schlechtes Licht werfen! Was werden unsere Eltern wohl sagen, wenn es über sie allenthalben heißt, sie hätten einen unfähigen oder gar böswilligen Sohn erzogen? Sie werden dich nicht mehr zum Sohn haben wollen, wenn du ihnen so viel Schande machst, und dann wirst du weinen und dir wünschen, ehrenhafter gehandelt zu haben. Wir alle schämen uns schon

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