Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
kindlicher Handschrift auf Russisch und Deutsch verfassten Brief, in dem das Mädchen lang und breit vom Westen und seinen Möglichkeiten schwärmte. Sie schien ein überkluges Mädchen zu sein, das gleich mit ihren Fremdsprachenkenntnissen protzte, das behagte Sherban gar nicht, aber er würde ihr schon beibringen, dass Klugheit in seinem Modelbusiness schlimmer als Dummheit war.
Er konnte sich plötzlich nicht mehr an den Namen des Mädchens erinnern – Marusha, es fiel ihm in dem Augenblick ein, als er das Foto umdrehte. Wie alle Mädchen träumte auch Marusha von einer Karriere als Supermodel, sah sich bereits auf den Covers der internationalen Fashion-Magazine, bei Fotoshootings an exotischen Destinationen. Unwillkürlich musste Sherban grinsen, es war immer wieder das Gleiche. Diese Mädchen glaubten, gutes Aussehen alleine würde schon ausreichen. Doch darauf würden sie später schon kommen. Das Modelbusiness war harte Arbeit und bei Madonna Models war die Arbeit noch härter, dort mussten die Mädchen alles geben. Er, Sherban, würde aus diesen unförmigen Rohdiamanten kleine, entzückende Edelsteine formen, die wirklich Klasse und seinen Ruf auch über die Slowakei bis nach Österreich getragen hatten. Er hatte sich einen Kundenstock erarbeitet, den er niemals enttäuschte, der ihm blind vertraute und der sich dieses Vertrauen und diese Leistung auch etwas kosten ließ.
Natürlich kam es auch vor, dass die Models nicht die ausgefallenen Wünsche der Kunden erfüllen wollten oder dass die Dinge auf der Suche nach dem speziellen Kick aus dem Ruder liefen, so wie das vor einiger Zeit in Linz passiert war. Dort hatte es Betriebsunfälle gegeben und sein Kunde war in Panik geraten. Zunächst hatte es so ausgesehen, als würde er seinen größten Auftraggeber verlieren. Doch dann hatte sein Kunde einen Mann engagiert, der Betriebsunfälle auf seine Weise entsorgte und alles war wieder gut.
5. Wien macht Druck
„Alle Indizien sprechen dafür, dass Gregor Pestalozzi seine Schwester Laura ermordet hat. Sind Sie nicht auch dieser Meinung?“
Robert Wagner, der Polizeipräsident von Linz, intern von allen Mitarbeitern Big Boss Wagner genannt, verschränkte die Arme vor seiner Brust und sah aus dem Fenster seines Büros im sechsten Stock des Polizeipräsidiums in den grauen Nebel, der die Stadt schon seit Tagen in ein diffuses und deprimierendes Zwielicht hüllte. Als er keine Antwort von Tony Braun erhielt, der vor seinem Schreibtisch saß, drehte er sich wieder um und versuchte ein aufmunterndes Lächeln in sein Gesicht zu zaubern.
Braun runzelte die Stirn und strich sich seine schwarzen Haare mit beiden Händen zurück. Gedankenverloren betrachtete er einen Ordner, der vor ihm auf Wagners Schreibtisch lag.
„Es stimmt, die Indizien sprechen für Gregor Pestalozzi als Täter. Nur mein Bauchgefühl sagt mir etwas anderes“, sagte er nach einer Weile zögernd.
„Sie und Ihr viel gerühmtes Bauchgefühl, Chefinspektor! Was verrät es uns denn heute?“ Ein ironischer Ausdruck schlich sich auf Wagners Gesicht und verstärkte seine fuchsähnlichen Züge.
„Warum sollte Pestalozzi seine Schwester umbringen und die Wohnung verwüsten? Auf mich machte er einen verzweifelten Eindruck. Er hat seine tote Schwester gefunden und ist durchgedreht. Sie dürfen dabei nicht vergessen – der Mann ist krank“, ließ sich Braun nicht aus der Ruhe bringen.
„Zu diesem Schluss kommt auch das Gutachten von unserem Psychiater Goldmann.“ Wagner hielt den Schnellhefter zur Bestätigung in die Höhe und ließ ihn dann wieder auf seinen mit Papieren angehäuften Schreibtisch segeln. Langsam ging er um den Schreibtisch herum, blieb erst ganz knapp vor
Weitere Kostenlose Bücher