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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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plötzlich Tristan neben ihm stand. Er hatte nichts gegen den Jungen, fühlte, dass der seine Hand auf seine Schulter gelegt hatte, wollte ihn gerade fragen, ob er vielleicht auch etwas trinken wolle, als Tristan ihn, indem er sich zu ihm hinunterbeugte, bat, für Ruhe zu sorgen.
    Für Ruhe und Ordnung sorgen, darauf verstand sich Gurmûn! Er stand auf, schwankte und wirkte noch immer wie ein Hüne. Tristan, in seiner Rüstung, reichte mit dem Kopf gerade bis an die Schulter des Königs. Der fing mit seiner Bärenstimme plötzlich zu schreien an. Jetzt sei Schluss, schrie er auf Eruisch, alle Kämpfe hätten irgendwann ein Ende, und hier sei neben ihm der Sieger. Er wiederholte diesen Satz, indem er ihn aus sich herausbrüllte - dann erst trat Ruhe ein.
     
    Als es ganz still geworden war, trat Tristan vor. Er habe der Hohen Versammlung etwas zu verkünden. Der Truchsess, sagte er zuerst, sei nach britannischem Gesetz ein Betrüger. Ihm sollten alle Rechte genommen und seine Besitztümer einbehalten werden. Das sei das Erste.
    Das Zweite sei, dass er, Tristan, der Drachenkämpfer gewesen sei, der das Ungeheuer besiegt habe. Die Beweise dafür wären für alle sichtbar.
    Als Drittes folge nun, dass er sich damit auch als der rechtmäßige Anwärter auf Isôts Hand nennen könnte. »Doch wie alle hier Anwesenden Zeugnis gebend von Stund an beglaubigen können«, sagte Tristan, »bin ich an meines Königs statt hier. Isolde soll Königin von Cornwall werden. Dafür habe ich gekämpft, dafür lebe ich. Und mein Leben lang«, sagte er, zögerte, blickte zum ersten Mal zu Isôt und danach zu ihrer Mutter, »werde ich ihr dienen.«
    Isôt ergriff ein Schwindel. Sie kannte die Regeln. Es gab kein Zurück. Marke, dachte sie, ein Mensch, dem ich noch nie begegnet bin. Ist er freundlich, ist er grob? Er wird zumindest besser sein als McWighn.
    »Hiermit ist entschieden«, hörte sie plötzlich die Stimme ihrer Mutter, »dass meine Tochter Isolde zum nächsten Zeitpunkt … und der Truchsess, gemäß den Anordnungen König Gurmûns und Sir Tristans … wir also in spätestens vier Tagen …« - Isôt hörte in ihrer ängstlichen Verwirrung nur noch Bruchstücke dieser Verlautbarungen. Brangaene musste sie stützen und führte sie aus dem Rundbau hinaus zu ihrem Gemach.
    Währenddessen trat Tristan an den jungen Finley heran, dankte ihm für seinen Mut und bat ihn darum, noch in derselben Stunde den Knecht Dorran aufzusuchen. »Er hat einen eisernen Ring an seinem Finger«, sagte er. »Nimm eine Zange und schneide den Ring entzwei. Dann gibst du ihm dieses Säckchen mit Goldstücken und richtest ihm von Sir Tristan aus, von nun an könne er wieder nur mit seiner eigenen Stimme sprechen und sei ein freier Mann.«

Sechzehntes Buch
     
    LIEBE - NUR EINE I
     
    Kapitel 236-251
     
    Abfahrt ~236~ Auf hoher See
     
    Schon wenige Tage nach der »Hohen Verhandlung«, wie die Begegnung Tristans mit dem Truchsess von Erui seitdem hieß, lagen alle Schiffe bereit, um nach Britannien auszulaufen. Die Christina war besetzt mit den Baronen von Cornwall und ihrer Habschaft.
    Auf einem der zwei irländischen Schiffe waren mehr als siebzig Knappen untergebracht, Kinder und junge Männer im Alter zwischen zehn und achtzehn Jahren, die Morolt im zurückliegenden Dezennium als Tribut eingezogen hatte. Unter ihnen war auch Finley. Die meisten von diesen verschleppten Knappen würden ihre Eltern kaum wiedererkennen. Zwei kleine Schnellsegler waren mit Boten vorausgeeilt, um ihre Verwandten zu verständigen.
    Im dritten großen Boot, das von Wexford ablegte, befanden sich die Königstochter mit ihren Zofen, Tristan und eine Delegation von Grafen aus Erui, die die Übergabe der Königstochter an den König von Cornwall überwachen sollten. Die Königin selbst hatte es abgelehnt, unter dieser Begleitschaft zu sein. Sie hatte sich nach der Hohen Verhandlung in ihre Gemächer zurückgezogen, sämtliche Fenster und Durchgänge verdunkeln lassen und wollte seitdem niemanden mehr sprechen. Die Mägde, die zu ihr kommen mussten, um ihre Notdurft zu beseitigen, deren sie sich anscheinend wie eine Alte in den Ecken des Raumes entledigte, und die ihr Essen und zu trinken brachten, berichteten Fürchterliches. Isolde könne nicht mehr sprechen, sondern würde nur noch weinen. Ihr leangh, ihr Kind, sei ihr gestohlen worden, klagte sie, und zwar direkt aus ihrem Leib!
    Dieses Kind, Isolde, segelte unterdessen bei ruhiger See gen Britannien und fühlte sich unwohl.

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