Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx
bloß zusammengeträumt?«, flüsterte Trix. Dann sprang er auf. »Ian! Gavar! Bambura! Maichel! Annette!«
Ihm antwortete nur Stille. Er stand in der Wüste, inmitten von alten, halb zerfallenen und halb unter Sand begrabenen Ruinen. Soweit der Blick reichte, machte er nirgends eine Seele aus. Weder seinen treuen Freund noch die Schauspieler, den Vitamanten oder die Fee.
»Ich bin im Herzen der Hölle!«, raunte Trix erschaudernd.
3. Kapitel
Im Mondschein, der ein zartes, wehmutsvolles Licht auf die alten Ruinen warf, irrte Trix durch die versandete Stadt. Er fand einfach keinen Schlaf, die Angst um seine Freunde und das Entsetzen angesichts der eigenen Lage hielten ihn wach. Die Gemäuer hatten anfangs die Hoffnung in ihm geweckt, er fände in ihnen etwas, das ihm hilfreich sein könnte. Oder zumindest seine Neugier weckte. Doch meist waren die Dächer eingestürzt, die Türen herausgefallen, die Fenster zersprungen und sogar unversehrte Räume gingen im Sand unter. Selbst wenn hier erstaunliche Schätze (die ihm nichts nützten), geheime magische Gegenstände (bei denen er damit rechnen musste, dass sie ihm Schaden zufügten) oder versteinerte Essensreste vergraben lagen, er würde sie nicht heben.
Nachdem Trix dieses Umherstreifens durch den Sand müde geworden war, setzte er sich vor eine Wand und ließ sich seine Situation durch den Kopf gehen.
Wo war er?
In der Wüste. Genauer in jenem Teil, der in alten Chroniken den Namen Herz der Hölle trug. Vor langer Zeit war Wasser durch diese Stadt geflossen, hier hatten Gärten geblüht und die fernen Vorfahren der Samarschaner gelebt. Dann musste sich etwas verändert haben. Die heißen Winde hatten Sand in die Flussbetten getragen, das Grün war verschwunden. Die Menschen mussten nach Norden ziehen. Einige, wie die Vorfahren des MP, siedelten sich am Wüstenrand an, gewöhnten sich an die Schwierigkeiten und erlernten die Kunst, inmitten von Sanddünen zu überleben. Andere zogen weiter, gründeten die Stadt Dachrian und das Sultanat Samarschan. Manche gingen ins Königreich. Doch hier, im Herzen der Wüste, lebte niemand mehr. Selbst die kühnen Nomaden mit ihren duldsamen Kamelen mieden den Ort.
Dann eine Bestandsaufnahme!
Seine Kleidung taugte kaum für eine Wüstendurchquerung. Er bräuchte robuste, bodenlange Gewänder, die Sonne und Hitze abhielten, nicht Hemd, Jacke und Hosen. In die Lederschuhe würde ständig Sand rieseln. Barfuß konnte er jedoch erst recht nicht losziehen, denn tagsüber verwandelte sich der Sand in eine glühende Bratpfanne. In seinen Taschen fand Trix eine Handvoll Datteln, die er, ohne zu überlegen, nach dem Essen eingesteckt hatte, etwas Geld, das ihm hier natürlich nicht das Geringste nutzte, und ein Taschentuch (immerhin blickte Trix auf eine gute Erziehung zurück), das allerdings schon recht schmutzig war (so gut war die Erziehung wiederum nicht, schnäuzt ein wahrhaft kultivierter Mensch sich doch nicht ins Taschentuch und wischt damit auch nie etwas ab). Am Gürtel hing der magische Säbel, den Abnuwas ihm geschenkt und den auszuprobieren er, Trix, bislang keine Gelegenheit gefunden hatte. Gegen wen sollte er in dieser Einöde auch kämpfen …?
»Denk nach!«, bat Trix seinen armen, schmerzenden Kopf. »Lass dir was einfallen!«
Sicher, er war ein Zauberer. Nur ist die Magie eine höchst delikate Kunst, die Zuschauer liebt. Mit Wasab an seiner Seite hatte Trix mühelos die Kamele mit einem Zauber belegen können, der sie schneller als der Wind dahinfliegen ließ. Diese Kamele hätten ihn sicher auch aus dieser Wüste herausgebracht. Nur gab es weit und breit weder Kamele noch einfache Menschen, die mit ihrem Glauben zum Gelingen des Zaubers beigetragen hätten.
Eine Zeitlang grübelte Trix darüber nach, ob er seine eigenen Beine mit einem Zauber belegen könnte, damit sie ihn mit Schritten von sieben Meilen forttrügen. Doch leider begriff er rasch, dass er seinen Füßen derlei Heldentaten nicht mal von ferne zutraute.
Ebenso wenig glaubte er daran, er könne sich Essen aus dem Nichts zaubern. Oh nein, er würde schon etwas zustande bringen, das war im Grunde ein Kinderspiel. Dieses Essen hätte sogar einen hervorragenden Geschmack – nur eben leider nicht den geringsten Nährwert. Allein Wasser, das durch Magie geschaffen worden war, löschte wirklich den Durst.
»Wasser!«, rief Trix begeistert. »Aber ja!«
Er beleckte sich die ausgetrockneten Lippen, legte den Kopf in den Nacken, öffnete den Mund und
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