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Troposphere

Troposphere

Titel: Troposphere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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Yin-und-Yang von Schwanz-und-Möse. Wir haben sie zusammen entdeckt: die Schönheit des männlichen Körpers. Erinnerst du dich nicht, Robert? Ich habe dir sogar eine Reproduktion von Donatellos David gekauft, als ich mir kaum was zum Essen leisten konnte. Um dich zu revanchieren, hast du mir eine Büste von Alexander dem Großen gekauft.
    Und du hast gesagt, du wolltest bei mir einziehen.
    Als er vor etwas mehr als einer Stunde an dem Tisch saß, sah er nicht wie jemand aus, der kurz davor war, seine Familie zu verlassen und bei mir einzuziehen. Andererseits – ich nehme an, dass er außer sich wäre, wenn er gerade seine Freundin verlassen hätte (sie sind nicht verheiratet, trotz der beiden Kinder). Vielleicht liegt es daran, dachte ich. Vielleicht ist er außer sich, weil er's ihr gesagt hat, und er muss heute Nacht mit in meine Wohnung kommen, und ich werde ihm einen Wodka gegen den Schock geben und seinen Schwanz so hart lutschen, dass er mich nie wieder verlassen wird. Ich wollte nur die Chance haben, ihn davon zu überzeugen, dass ich es sein sollte. Ich sehe in Robert einen Fisch, der den Angelhaken noch im Mund hat. Wenn sie daran zieht, geht er zurück, das weiß ich jetzt genau.
    Robert sitzt da mit der Zigarette, als wäre die Zeit stehengeblieben. Mein Verstand will diese Erinnerung nicht wie einen Film abspielen: Er zerrt mich herum wie einen Schäferhund, lässt mich hierher gehen und dorthin. … Und jetzt denke ich, ich sollte einen Führer schreiben, für andere in meiner Situation. Oder … Ja. Eine Website. Ich könnte ihr den Link schicken, nur damit sie Bescheid weiß.
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    Gibt es vermutlich schon. Aber das ist sowieso nicht das, was ich will.
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    Nicht allgemein genug.
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    Er trank einen Schluck Kaffee. Ich saß mit dem Gesicht zur Tür. Ich hatte mich dort wie ein kleiner Fußabtreter platziert und wartete darauf, von ihm auch so behandelt zu werden. Und so saß er da, trank von seinem Kaffee und schaute an mir vorbei an die Wand, die mit Ansichtskarten aus Paris bedeckt war, während ich bloß beobachtete, wie Leute das Café verließen – als wären sie Bakterien, die nach einem neuen Wirt Ausschau halten, den sie infizieren könnten. Um diese Tageszeit kommt niemand herein; es ist, als ob das Lokal ein Antibiotikum genommen hätte.
    »Geht es dir gut?«, fragt Robert mich.
    »Ich bin verwirrt.«
    Gestern Abend hätte er eigentlich zu mir in die Wohnung kommen sollen, um den Beginn unseres neuen gemeinsamen Lebens zu feiern. Ich hatte meine Beziehung zu Catherine beendet, und er hatte nichts weiter zu tun, als seine Freundin zu verlassen. Stattdessen rief er mich um Mitternacht an und teilte mir in so einem blöden Flüsterton mit, dass alles zu kompliziert sei und dass er sich morgen hier mit mir treffen würde. Ich sagte, ich hätte Blumen gekauft. Er sagte, er müsse auflegen. Ich schlug vor, er sollte lieber zu mir kommen als hierher – schließlich liegt dieses Lokal praktisch Tür an Tür mit meiner Wohnung. Er sagte, das wäre keine gute Idee.
    Deshalb saßen wir beide hier. Und ich wusste, dass er es nicht getan hatte.
    »Du hast es ihr nicht erzählt«, sagte ich.
    Er zitterte immer noch. »Ich hab's ihr erzählt«, sagte er. »Gestern Abend.«
    »O mein Gott«, sagte ich. »Das wusste ich nicht. Tut mir leid. Mist. Geht es dir gut?«
    Ich beugte mich über den Tisch, um seinen Arm zu berühren. Damit war ihm natürlich verziehen. Er hatte es getan. Er hatte es ihr erzählt. Na ja, das hatte ich doch gewollt. Eigentlich war es das, was wir beide wollten. Aber wo war er dann gestern Abend hingegangen? Gerade als ich anfing, darüber nachzudenken, zog er seinen Arm weg.
    »Lass das.«
    »Robert?«
    »Ich hab's ihr erzählt. Ich habe ihr gesagt, dass ich sie verlasse.«
    »Aber das ist doch gut, oder nicht? Es sei denn … Na ja, natürlich bist du geknickt, aber ich bin doch für dich da. Es wird jetzt alles gut werden.«
    »Es tut mir so leid, Wolfgang. Ich hab's mir anders überlegt.«
    Warum schiebst du nicht meine Scheiß-Seele in die Mikrowelle?
    »Ich hab's ihr erzählt. Ich hab gesagt: ›Ich verlasse dich‹, und sie meint: ›Nein, tust du nicht.‹ Einfach so. Sie wusste, dass irgendwas im Busch war. Sie ist nicht blöd. Wir wollen … O Gott, ich weiß nicht mal, wo ich bin, so müde bin ich.«
    »Wir wollen was?«, fragte ich. »Was wolltest du gerade

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